Jesuit zu Kirchenaustritten: „Neue Qualität erreicht“
Meistens werde der Missbrauch in der katholischen Kirche als Grund für den Kirchenaustritt genannt, berichtet Wiedenhaus, der bislang ein knappes Dutzend Gespräche führte. Es gebe aber auch noch andere Gründe, so der Leiter der Offenen Kirche St. Klara in Nürnberg. Die Menschen fühlten sich etwa in ihrer Lebenssituation nicht respektiert: „Sie leben in einer Partnerschaft, die die Kirche offiziell nicht anerkennt und fragen sich, ob sie zu Leuten gehören sollen, die einen so wichtigen Teil ihres Lebens ins Nichts schieben.“ Daneben gebe es auch Menschen, die sich generell nur schwer mit der Kirche identifizieren könnten. „Grundsätzlich sind es aber Leute, die unter der Unwilligkeit zu Änderung, diesem Machtgehabe in der Kirche leiden“, so Wiedenhaus.
Zuhören und Begleitung
„Exit“ richtet sich explizit an jene, die der Kirche den Rücken kehren wollen oder schon ausgetreten sind, und bietet ihnen Begleitung bei den damit verbundenen Fragen an – sie zum Bleiben in der Kirche zu bewegen, sei explizit nicht der Zweck. Wiedenhaus sieht insofern „eine neue Qualität“ bei den Kirchenaustritten erreicht, als dass inzwischen selbst kirchliche Mitarbeitende sich fragen, „ob sie es noch mit ihrem Gewissen vereinbaren können, in dieser Kirche zu wirken“. Dabei gehe es gar nicht mehr um die Frage „Gehen oder Bleiben“, sondern ob es moralisch überhaupt vertretbar sei, zu bleiben.
Er selbst empfinde angesichts der Erfahrungen, die die Menschen mit ihm teilten, „Wut, aber auch Hilflosigkeit“: „Denn all das, was ich skizziert habe, zeugt von einer Unangefochtenheit. Leute, die sich so etwas erlauben, sind es gewohnt, dass sie damit durchkommen“, kritisiert der Jesuit Machtmissbrauch innerhalb der Kirche. Ihm selbst sei es bei den Gesprächen mit Austrittswilligen ein Anliegen, dass diese Menschen „eine gute und durchdachte Entscheidung“ treffen können. Er wolle für diejenigen da sein, „die durch Trümmer rennen und Kontakt zu denen (…) halten, die ihre Heimat verloren haben“, formuliert Wiedenhaus. Er schildert, wie er hilft, eine gute Entscheidung zu ermöglichen:
„Wir unterhalten uns über Motivation, wir unterhalten uns darüber, wo die Leute ihr Zuhause vermuten. Manchmal ist es so, dass Leute sagen, sie fühlen sich hier nicht wohl, aber es ist trotzdem ihr Zuhause. Dann muss man eben zusammen herausfinden, was da stärker wiegt, oder inwiefern das Zuhause für den Einzelnen einfach unlebbar geworden ist“, berichtet der Seelsorger.
(katholisch.de - pr)
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