Gebet und Geschwisterlichkeit (Symbolbild) Gebet und Geschwisterlichkeit (Symbolbild) 

D: „Gott gibt den Menschen nicht auf“

Mit einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Osnabrücker Marktplatz ist am Sonntagmittag der regionale Kirchentag zu Ende gegangen.

Auch wenn angesichts von Klimawandel und Kriegen viele verzweifelt seien, so der katholische Weihbischof Johannes Wübbe in seiner Predigt vor rund 1.000 Gläubigen, könnten Christen vertrauen: „Gott gibt den Menschen nicht auf; er vertraut darauf, dass sich Wege der Hoffnung und des Friedens zeigen“.

Allerdings, so Wübbe weiter, müsse der Mensch seinen Teil dazu beitragen. Dieser Beitrag bestehe in drei Schritten: Sich auf den Weg machen und Dinge anpacken. Im Kontakt mit anderen bleiben und nicht aufhören, miteinander zu reden. Sowie schließlich die Offenheit für bisher fremde Menschen, die Schutz und Hilde brauchen. Dies gelte auch für das weitere Miteinander der christlichen Kirchen.

Wübbe leitet nach dem Rücktritt von Bischof Franz-Josef Bode das Bistum Osanbrück übergangsweise. An dem Gottesdienst nahmen außerdem der evangelische Superintendent Joachim Jeska, die reformierte Pastorin Ilse Landwehr-Wegner sowie Vertreter weiterer protestantischer und auch der orthodoxen Kirche teil.

Diskussion zu Waffen im Ukraine-Krieg 

Am Samstag hatte es im Rahmen des Kirchentages eine Diskussion zum Ukraine-Krieg gegeben. Ein Stopp westlicher Waffenlieferungen an die Ukraine würde nach Aussage von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zwar ein schnelles Ende des Krieges bedeuten. „Aber eben auch ein Ende der Ukraine“, so der Minister am Samstag bei der Veranstaltung in Osnabrück. Bisher fehlten leider entscheidende Schritte, um den Weg von Verhandlungen zum Frieden gehen zu können.

Pistorius reagierte damit auf das Plädoyer des katholischen Domkapitulars Theo Paul, sich auch Beispiele gewaltfreien Widerstands der Ukrainer anzuschauen und zu würdigen. „Warum sind wir heute bereit, einer anderen Logik - jener der Waffen - so gerne zu folgen?“, fragte Paul bei der Diskussion über Politik, Kirchen und Krieg im Osnabrücker Dom. „Es gibt auch andere Wege; sonst kommen wir aus dieser Sackgasse nicht wieder heraus“, mahnte Paul.

Ähnlich kritisch äußerte sich Susanne Bei der Wieden, Präses der evangelisch-reformierten Kirche in Deutschland. Auch wenn klar sei, wer für den Ukraine-Krieg verantwortlich ist - nämlich Wladimir Putin -, und der Ukraine bei ihrer Verteidigung zu helfen sei, dürfe man nicht vereinfachen und polarisieren. „Wo läuft es hin, wenn eine neue Rüstungspolitik angesagt ist?“, so Bei der Wieden. Der Ukraine-Krieg dürfe nicht in eine Endlosschleife geraten und zu einem neuen Dreißigjährigen Krieg werden.

Waffen statt Hunger- und Klimawandel-Bekämpfung?

Wenn derzeit ein weltweites Wettrüsten mit Waffenexporten stattfinde, dann sollten verantwortliche Politiker dies auch klar benennen. „Wir verbrennen im Moment Milliarden, die wir im Kampf gegen Hunger und den Klimaschutz brauchen“, kritisierte die Theologin. 

„Was ich in der Ukraine erlebt habe, macht mich noch unsicherer bei etwaigen Ratschlägen“

Der evangelische Landesbischof Ralf Meister riet dazu, genau zu überlegen, aus welcher Rolle die Kirche sprechen. „Was ich in der Ukraine erlebt habe, macht mich noch unsicherer bei etwaigen Ratschlägen“, so der Landesbischof. Er könne zu den Ukrainern gerade nicht über Versöhnung sprechen. „Was ich gehört habe, macht mich schweigsamer“, fügte Meister hinzu. Vorerst müsse man den Menschen in der Ukraine „in notwendigstem Maße zur Selbstverteidigung“ helfen. Das ändere nichts an der Einigkeit im Ziel, den Krieg zu beenden und Frieden zu schaffen.

Altbundespräsident Christian Wulff beklagte, dass vielerorts das Vergessen stärker werde als das Erinnern. Angesichts brüchiger Demokratien, die zudem angegriffen und unterwandert würden, rief Wulff dazu auf, sich in Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Initiativen zu engagieren. In der Hinsicht hätten auch einfache Bürger Einfluss und Macht. Weltweit gestärkter Gemeinschaftssinn sei eine wichtige Voraussetzung für Frieden.

Kirchentag startete mit Nacht der offenen Kirchen

Begonnen hatte der Ökumenische Kirchentag am Freitagabend mit einer Nacht der offenen Kirchen. Am Samstag gab es an zehn Orten in der Stadt Veranstaltungen zu politischen, sozialen, geistlichen und kulturellen Themen. So sprachen Betroffene sexuellen Missbrauchs mit Kirchenvertretern und Juristen über Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung. Verteidigungsminister Boris Pistorius und Altbundespräsident Christian Wulff diskutierte mit Kirchenvertretern über Friedens- und Konfliktethik angesichts des Ukraine-Kriegs.

Unter dem Motto „Wege des Friedens“ war das Treffen Teil der 375-Jahr-Erinnerungsfeiern zum Westfälischen Frieden, der 1648 in Münster und Osnabrück geschlossen worden war. Anlässlich des gemeinsamen Gottesdienstes aller Christen auf dem Marktplatz haben die Kirchengemeinden der Stadt auf eigene Gottesdienste am Sonntagvormittag verzichtet.

(kna – pr)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

18. Juni 2023, 11:37