Theologe Söding: „Größte Chance der Synode ist sie selbst“
Christine Seuss - Vatikanstadt
Das Synthese-Dokument sei „ein wichtiger Zwischenschritt, eine gute Zusammenfassung dessen, was besprochen worden ist“, so Söding, der auch Vize-Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) ist, gegenüber Radio Vatikan. Wichtige Fragen, die bereits im Instrumentum Laboris auftauchten, seien nun „insofern beantwortet worden, als die Synthese zum einen eine realistische Zustandsbeschreibung der katholischen Kirche formuliert, mit all den vielen Fragen, aber auch mit all den vielen Aufbrüchen, um die es jeweils geht - und zum anderen doch jetzt auch schon zeigt, in welche Richtung Lösungen gesucht werden sollen.“ Die Zustimmung sei „überwältigend groß“ gewesen, stellt Söding fest: „Von daher meine ich, (das Dokument ist) ein wichtiger erster Schritt. Ich gehe sogar noch etwas weiter und sage: Ein Durchbruch!“
Große Mehrheit hat Synthese-Text mitgetragen
Eine „riesige Mehrheit auch der Bischöfe“, jeweils deutlich mehr als zwei Drittel, habe jede einzelne Aussage des Synthese-Textes mitgetragen, betont Söding. Zwar habe es bei besonders strittigen Fragen wie der Frauenthematik, dem Zölibat oder der Frage der sexuellen Orientierung auch „etwas mehr Gegenstimmen“ gegeben, doch kein einziges Mal seien dies mehr als 70 von mehr als 350 abgegebenen Stimmen gewesen: „Das hat mich eher überrascht“, so Söding. „Und das zeigt doch auch, dass eine große Nachdenklichkeit viele Synodenmitglieder erfasst hat. Es hat eine gewisse Dynamik gegeben, eine Klarheit, dass es Veränderungen braucht. Aber dass diese Veränderungen jetzt nicht sozusagen in einem revolutionären Aufstand, sondern in einem geordneten synodalen Prozess vonstatten gehen.“
Vielleicht hätten sich manche bei den vorgebrachten Forderungen eine klarere Formulierung oder „etwas mehr Mumm“ gewünscht, räumt der Professor für Neutestamentliche Exegese ein: „Aber ich denke, dass eine Weltorganisation wie die katholische Kirche eben doch auch daran denken muss, sehr viele mitzunehmen. Und dass das gelungen ist, in einer Richtung, dass weitere Schritte gegangen werden sollen, das weiß ich sehr zu schätzen.“
Auf die Frage, wo denn die Chancen lägen, die sich aus der Synode und in dem Synthese-Dokument ergeben, hat Thomas Söding eine klare Antwort: „Die größte Chance der Synode ist sie selbst. Es gibt den Text, es gibt den Prozess. Meines Erachtens ist der Prozess der Synode noch wichtiger als dieser Zwischentext, und Prozess heißt, Bischöfe sprechen nicht nur miteinander, sondern beraten und entscheiden auch miteinander mit Menschen, die aus den Orden, aus geistlichen Bewegungen, aus Laienvertretungen heraus Verantwortung für diese katholische Kirche übernehmen.“
Trotz Kritik - Ein neuer Schritt
Manche mögen vielleicht kritisieren, dass zu wenige Frauen, zu wenige Jugendliche und vor allen Dingen zu wenige Betroffene der sexualisierten Gewalt zu Wort gekommen seien: „Trotzdem war es ein neuer Schritt, ein neuer Ton, eine neue Stimmung“, auch Themen, die „vorher tabuisiert worden sind“, unterstreicht Söding: „Das alles finde ich positiv, auch wenn man sich das eine oder andere noch viel deutlicher hätte wünschen können.“
Was die Inhalte angehe, so sei es ja nicht darum gegangen, bereits nach dieser Sitzung Beschlüsse in Form von Empfehlungen an den Papst abzugeben: „Es ging darum, Türen zu öffnen, durch die man gehen könnte. Und da, meine ich, ist doch vieles gesagt worden.“ Dazu gehöre unter anderem auch die Forderung nach einer erneuten Prüfung des Zugangs von Frauen zum Diakonat: „All das steht neben vielem anderen, was doch zeigt, dass hier in der katholischen Kirche einiges in Bewegung gekommen ist.
In Deutschland werde die Laienvertretung ZdK gemeinsam mit den Bischöfen und den Gläubigen den Weg „konsequent und verantwortungsvoll“ weitergehen, so Söding, der als theologischer Experte ohne Stimmrecht zu den Synodenarbeiten geladen worden war. „Wir waren von Anfang an sicher, dass wir hier Teil der katholischen Weltkirche sind“, betont er angesichts vieler kritischer Rückfragen zum Synodalen Weg in Deutschland. Doch es sei auch bei der Synode noch einmal deutlich geworden: „Die Themen, mit denen wir uns in Deutschland beschäftigen wollen, sind nicht nur Themen, die in Deutschland wichtig sind, sondern sind Themen, die auf der ganzen Welt wichtig sind.“
So sei auch die Art und Weise, wie Synodalität organisiert werden soll, in der römisch-katholischen Kirche „nicht einheitlich“ gedacht, sondern es gebe zahlreiche verschiedene Formen, von denen die in Deutschland gefundene „eine von diesen relevanten und markanten Möglichkeiten“ sei, die „jetzt genutzt werden“ sollen: „Es gibt keine Stoppschilder, sondern es gibt Einladungen. Und dieser Einladung müssen wir folgen in Deutschland“, so Söding, der bereits in wenigen Tagen, am 10. und 11. November, beim Synodalen Ausschuss in Essen involviert sein wird.
10./11. November: Synodaler Ausschuss in Essen
Dieser solle einen „Synodalen Rat“ vorbereiten, der die „Zusammenarbeit von Bischöfen und allen anderen relevanten Vertreterinnen und Vertretern des katholischen Kirchenvolkes“ im Sinn der Synodalität „auf Dauer stellt“, erläutert Söding. Der Vatikan hatte der Einrichtung eines „Synodalen Rates“, der die bischöfliche Autorität mit deren „Selbstbindung“ an die Entscheidungen eines solchen Gremiums untergraben könnte, allerdings zuvor mehrfach eine Absage erteilt; die Gespräche dauern an.
„Beratungen gehören zusammen, Entscheidungen müssen zusammen getroffen werden", zeigt sich Söding von dem Vorhaben überzeugt: „Die Identifikation von Problemen ist das erste. Die Betrachtung der Folgen von Entscheidungen ist das letzte und wiederum das erste, das zu einer neuen Bewegung führt. Diese Zirkularität, dieser Gesamtprozess, der von den Bischöfen verantwortet werden muss, das ist das Eigentliche, was katholische Synodalität ausmacht. Und wir werden in Deutschland unseren Teil dazu beitragen.“
(vatican news)
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