Bundeshaus in Bern Bundeshaus in Bern  (ANSA)

Schweiz: Keine nationale Untersuchung der Kirche

Der Bund wird keine Untersuchung über den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in der Eidgenossenschaft initiieren. Eine entsprechende Motion (Parlamentarischer Vorstoß) wurde abgelehnt, da die Verantwortung bei den Kantonen liege. Im Wallis wird die Politik hingegen aktiv.

Nach Veröffentlichung der Pilotstudie zum sexuellen Missbrauch im kirchlichen Umfeld im September forderte Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE): Der Bundesrat müsse sich der Sache annehmen und eine eigene Untersuchung lancieren. Der Ständerat ist die Kleine Kammer und vertritt vor allem die 26 Kantone und Halbkantone der Eidgenossenschaft.

Nun hat der Bundesrat reagiert. In seiner Antwort versicherte die siebenköpfige Regierung am 29. November, dass er „sehr betroffen von den Enthüllungen über die katholische Kirche“ sei. Er meinte aber, er habe „weder die Kompetenzen noch die Verantwortung“, in diesem Bereich tätig zu werden. Das berichtete die Westschweizer Zeitung „Le Matin“.

Erste Interpellation im Jahr 2010

Die Schweizer Regierung begründete ihre Antwort mit Artikel 72 der Bundesverfassung. Dieser besagt, dass „die Regelung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt“. „Der Bundesrat erwartet von allen kantonalen Behörden, einschließlich der Staatsanwaltschaften, dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen“, so die Regierung.

Carlo Sommaruga hatte die Motion nach der Veröffentlichung der Pilotstudie über sexuellen Missbrauch im kirchlichen Kontext am 12. September eingereicht. Die Studie war von der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz in Auftrag gegebenen und von der Universität Zürich realisiert worden. Sie erfasste seit den 1950er Jahren über 1.000 Fälle.

 

„Die Studie wird auch die mögliche Verantwortung der Kantone und des Bundes aufzeigen.“

„Die jüngste Studie der Universität Zürich deutet darauf hin, dass noch umfassendere Forschungsarbeit geleistet werden muss“, meinte der Ständerat. Der von Sommaruga geforderte Bericht solle „nicht nur die Verantwortung der katholischen Kirche und ihrer Mitglieder für die Begehung der Taten oder deren Vertuschung vor der Zivilstrafjustiz darlegen. Sie wird auch die mögliche Verantwortung der Kantone und des Bundes aufzeigen, die keine angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Kinder ergriffen und die Verantwortlichen nicht vor Gericht gebracht haben“.

Carlo Sommaruga hatte bereits 2010 zu diesem Thema eine Interpellation eingereicht, nachdem in mehreren Regionen der Welt Skandale in der Kirche aufgedeckt worden waren. Der Genfer Sozialdemokrat bedauerte, dass man 13 Jahre habe warten müssen, bis der Bericht der Universität Zürich das Ausmaß des Schadens aufzeigte und „Systeme zum Schutz der Missbrauchstäter in der Kirche sowie das Fehlen einer systematischen Meldung von Verbrechen und Vergehen an die zivilen Strafverfolgungsbehörden“ enthüllte.

Kanton Wallis untersucht mögliche Fehlfunktionen

Auch die politischen Instanzen des Kantons Wallis diskutieren die Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit der Kirche im Kanton. Der Walliser Justizrat befasste sich am 30. November 2023 mit den Fällen rund um die Abtei Saint-Maurice, welche das Westschweizer Fernsehen RTS am 19. November ans Licht gebracht hatte. Die Aufsichtsbehörde untersuche mögliche Fehlfunktionen der Justiz in dieser Angelegenheit und bewertete ihren Handlungsspielraum, wie die Zeitung „Le Courrier“ berichtet. Die Walliser Polizei hatte sich Ende November 2023 in die Abtei Saint-Maurice begeben, um im Rahmen einer Voruntersuchung um festzustellen, ob es dort strafrechtlich relevante Fälle gebe.

(kath.ch/cath.ch – mg)

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05. Dezember 2023, 15:52