D: Viele Reaktionen auf Vatikan-Erklärung
Die beiden Frauenverbände „Katholischer Deutscher Frauenbund“ (KDFB) und „Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands“ (kfd) begrüßen die Entscheidung des Vatikans: Das sei ein „guter, aber auch längst überfälliger Schritt“, auf den viele Paare „schon lange gewartet“ hätten. Allerdings ist für die beiden Verbände nicht nachvollziehbar, dass die Segnungen nicht im Rahmen von Gottesdiensten durchgeführt werden dürfen. Hier fordern sie „Nachbesserungen“.
Die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ spricht von einem „kleinen Schritt in die richtige Richtung“. Die Argumentation des Dokuments aus dem Dikasterium für die Glaubenslehre zeige allerdings, „dass sich in der Haltung und dem Verständnis der römisch-katholischen Kirchenspitze in Bezug auf die Lebensrealität homosexueller wie auch wiederverheirateter Paare nicht wirklich etwas geändert hat“. Dennoch: „Für die homosexuellen Paaren an Orten, an denen die pastoralen Mitarbeitenden die Segnung bisher zurückgehalten haben, die ihnen nun nicht mehr verwehrt werden darf, kann dies ein wichtiges Signal sein“.
Die Initiative „Maria 2.0“ nannte die Entscheidung des Vatikans einen „ersten kleinen, aber absolut unzureichenden Schritt in Richtung Gleichberechtigung und echter Inklusion“. Die Maßnahme zeige zwar eine gewisse lange überfällige Öffnung, doch würden „die tiefergehenden strukturellen Probleme und Diskriminierungen innerhalb der katholischen Kirche“ damit keineswegs angemessen behandelt.
Der Verband „Maria 1.0“ stuft das Vatikanpapier als „theologisch sehr ambivalentes und mehrdeutiges sowie unpräzises Dokument“ ein. Es beantworte „viele Fragen nicht, die sich ein Priester zu stellen hat, der eine solche Segnung möglicherweise zu vollziehen hat“. Wichtige Punkte des Textes seien „völlig unbestimmt und schwammig formuliert, was dem Missbrauch Tür und Tor öffnet und als Legitimation für das Segnen der Sünde oder sündigen Handlung missdeutet werden kann“. Die Erklärung lasse die Frage aufkommen, „ob sie nicht Teil der Appeasementpolitik Roms gegenüber liberalen Diözesen und Verbänden, wie dem synodalen Ausschuss, darstellt“.
Die Initiative „Neuer Anfang“ wirft dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, vor, bei seiner Reaktion auf das römische Dokument „einige zentrale Aussagen vergessen“ zu haben. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wiederum habe „einige Interpretationen gegen den Wortlaut der Erklärung vorgenommen“. Die Initiative betont: „Der vollständig und korrekt wahrgenommene Wortlaut der römischen Erklärung billigt gerade nicht, sondern delegitimiert die sich in Deutschland ausbreitende Praxis liturgisch-ritueller Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare sowie für andere irreguläre Beziehungen“. Gleichzeitig verneine die neue Erklärung alle vom „Synodalen Weg“ geforderten Veränderungen der Lehre von Ehe und Sexualität.
Der Bonner Moraltheologe Jochen Sautermeister nannte die Erklärung des Glaubensdikasteriums im Gespräch mit dem Domradio „aufsehenerregend“. „In pastoraler Hinsicht kann man feststellen, dass sie die Äußerung der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2021, in der solche Segnungen verboten wurden und die auch auf Kritik gestoßen ist, korrigiert – auch wenn es in der Erklärung nicht so gesagt wird.“ Seelsorger und Priester könnten sich bei Segensbitten nun nicht mehr auf ein kirchliches Verbot von Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare mit Verweis auf die kirchliche Lehre berufen. „Das ist zweifelsohne eine Entwicklung.“
Die Erklärung mute „verschiedenen Richtungen durchaus etwas zu: denjenigen, die sich für eine Änderung der kirchlichen Sexuallehre aussprechen, und denjenigen, die gegen jegliche Form von Segnungen gleichgeschlechtlicher oder nichtehelicher Paare sind.“ Angesichts der Diskriminierung homosexueller Menschen in einzelnen afrikanischen Ländern sei die Erklärung „auch in weltkirchlicher Hinsicht wegweisend“. Bestimmt werde es nun „auch Amtsträger und Gläubige geben, die sich mit dieser Entwicklung schwertun“, so Sautermeister. Sie würden „wohl noch lernen müssen, von der bedingungslosen Liebe Gottes als den Schöpfer aller Menschen her zu denken und zu handeln“.
Der Bischof von Dresden, Heinrich Timmerevers, zeigte sich im ARD-Morgenmagazin „sehr froh und sehr überrascht“ über das Dokument aus Rom. Er räumte „ein Stückchen Schuld“ der Kirche ein, „dass wir durch unsere Morallehre nicht nur Menschen zusammengeführt haben, sondern auch Menschen ausgegrenzt haben“. Das Papier des Dikasteriums für die Glaubenslehre ermögliche nun „einen wirklichen ersten Schritt“, die betroffenen Paare „in die Kirche hineinzunehmen und ihnen zu sagen, die Kirche ist für alle offen“ , so Timmerevers. Auch wenn viele gleichgeschlechtliche Paare dadurch noch nicht die erwünschte Akzeptanz durch die Kirche erführen, sei man jetzt „auf einem Weg, der uns weiterführen wird, und wer weiß was in 10, 15 Jahren ist“.
(vatican news – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.