D: Bischöfe mahnen zu Neujahr Veränderungsbereitschaft an
Die kirchlichen Silvestergottesdienste standen in diesem Jahr im Schatten möglicher Anschlagspläne auf den Kölner Dom. Die Jahresabschlussmesse in der Kathedrale fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Kardinal Rainer Maria Woelki dankte zu Beginn den zahlreichen Gottesdienstteilnehmern, die trotz der bedrohlichen Meldungen und der strengen Sicherheitsvorkehrungen in den Dom gekommen waren. Einen Dank sprach er auch den Sicherheitskräften aus, die durch ihren Dienst die Feier des Gottesdienstes ermöglichten und auch das Grundrecht auf freie Religionsausübung sicherten.
In seiner Predigt rief Woelki zu Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt auf. Das Gebot der Stunde sei es, „zusammenzustehen für eine menschenfreundliche, demokratische, nachhaltige, soziale, gerechte und solidarische Gesellschaft“. Angesichts vieler Kriege und Krisen sowie Gefährdungen durch Gewalt, Terror und Hass sei dies „gar nicht so leicht“.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sagte im Frankfurter Dom, Flucht, Vertreibung, Krieg, Terror und auch die Klimakrise hätten das Jahr 2023 geprägt. „Die ungezählten Menschen, die leben wollten wie wir, aber sinnlos aus dem Leben gerissen wurden, legen eine Wolke von Trauer, tiefer Enttäuschung und Fragwürdigkeit auf das Ende dieses Jahres“, so der Limburger Bischof. Dennoch könne die Botschaft des Evangeliums, nach der Gott zu seinen Verheißungen und zum Menschen stehe, Mut und Zuversicht geben.
Mut zur Veränderung braucht nach den Worten des Bischofs auch die Kirche. Hundertausende hätten ihr in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt. „Es tut mir leid um jede und jeden Einzelnen“, sagte Bätzing mit Blick auf die im November veröffentlichte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Danach gehören nur noch 48 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen Kirchen an. Für die Lebensführung hätten religiöse Überzeugungen so gut wie keine Bedeutung mehr, räumte Bätzing ein. Es gelinge schon lange nicht mehr, den Glauben und die Verbundenheit zur Kirche von Generation zu Generation weiterzugeben.
Der Limburger Bischof warnte zugleich vor Resignation. Die Untersuchung zeige auch Chancen auf: „Diejenigen, die bleiben, erwarten von der Kirche den Einsatz gegen Armut und für Gerechtigkeit.“ Das gelte auch für die überwiegende Mehrheit der Konfessionslosen. Der Einsatz für Geflüchtete, für den Klimaschutz und gegen Armut sei offenbar auch in der Außenwirkung weiterhin ein Glaubwürdigkeitskriterium für die Kirche.
Außerdem zeige die Studie, dass sich die Kirche verändern müsse, wenn sie eine Zukunft haben wolle. Dazu gehörten ein positiver Umgang mit Homosexualität, mehr echte Mitbestimmung von Laien, die freie Wahl von Ehe oder Ehelosigkeit für die Priester und eine stärkere ökumenische Zusammenarbeit. „Reformen lösen gewiss nicht alle Probleme der katholischen Kirche, aber diese verschärfen sich, wenn Reformen ausbleiben", so Bätzing.
Auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck warb für ein anderes Verständnis von Kirche. Es brauche Offenheit für Neues und Veränderung statt Verklärung des Vergangenen, sagte der Bischof in seiner Neujahrspredigt. Tradition sei "kein fest geschnürtes Paket, das unveränderlich durch die Zeiten getragen wird“. Der Bischof forderte von den Gläubigen Mut, „endlich damit aufzuhören, an einer verklärten Art von Volkskirche festzuhalten, die es so wahrscheinlich nie gegeben hat, nicht gibt und auch nie geben wird“. Es habe auch in der Vergangenheit Schattenseiten gegeben, zum Beispiel vielfach großen Druck, das eigene Leben an die oft strengen religiösen und auch moralischen Vorstellungen der jeweiligen Zeit anzupassen. Viele hätten darunter gelitten, wenn sie die hohen kirchlichen Normen nicht erfüllen konnten, sagte der Ruhrbischof. Dies sei ein wichtiger Grund, warum sich viele Menschen vom Glauben abgewandt hätten.
(kna-skr)
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