Österreich: Für mehr Geschlechtergerechtigkeit auch in der Kirche
Elsner kritisierte auf einer Tagung in Innsbruck, im Einsatz für eine patriarchale Gesellschaft sowie sogenannte „traditionelle Familienwerte“ finde sich der Vatikan auf Seiten der russisch-orthodoxen Kirche, vieler Mitglieder des Weltkirchenrates und sogar autokratischer Regime wieder. Der Vatikan und auch der Papst haben in den letzten Jahren wiederholt eine Gender-Ideologie verurteilt.
Mit Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine kritisierte die Münsteraner Ostkirchen-Expertin Ambivalenzen und Leerstellen religiöser Diplomatie. „Der Krieg ist kein Religionskrieg, aber es ist unbestreitbar, dass vor allem die Ideologie dieses Kriegs religiös aufgeladen ist“, so Elsner. Die russisch-orthodoxe Kirche legitimiere den Krieg als metaphysischen Kampf gegen Liberalismus und Genderideologie. Mit dieser Haltung habe sie Verbündete auch in anderen Kirchen, wenngleich diese gegen Gewalt seien.
Mehr Unterstützung für Ukraine nötig
„Wenn die europäischen Regierungen den Schutz der elementaren Menschenrechte ernstnehmen, dann ist es geboten, dass die Belastung für die Unterstützung der Ukraine noch deutlich steigt“, betonte der Moraltheologe Marco Schrage von der Päpstlichen Akademie Alfonsiana in Rom auf derselben Konferenz. Sollte die Ukraine den Krieg verlieren, drohe ihr ein Szenario als totalitärer Vasallenstaat Russlands oder eines Besatzungsregimes. Beides wären große Herausforderungen für das Gemeinwohl in Europa, so Schrage.
Israel in der asymmetrischen Falle
Der US-amerikanische Moral- und Sozialphilosoph Michael Walzer sprach bei der Tagung von der „asymmetrischen Falle“, in der sich derzeit Israel in dem von der Hamas hervorgerufenen Krieg befinde. „Wie kann man gegen einen Feind kämpfen, der sich gezielt tief in die Zivilbevölkerung eingräbt und Raketen aus Schutzzonen für Zivilisten abfeuert – und dabei auch moralisch nicht verlieren“, fragte Walzer. Obwohl es nicht möglich sei, diesen Krieg ohne zivile Opfer zu führen, müsse Israel für jene Opfer verantwortlich gemacht werden, „die vermieden werden können“, so Walzer.
Der Jesuit Christian Rutishauser, der den Heiligen Stuhl zu den Beziehungen zum Judentum berät, nannte die Terrorattacke vom 7. Oktober eine Zäsur im Nahostkonflikt und in den jüdisch-christlichen Beziehungen. „Plünderung, Folter, Leichenschändung, Kindermord wurden unter dem Jubel der Welt zur Schau gestellt“, mahnte Rutishauer. Das Ziel der Hamas sei eine universale islamistische Gesellschaftsordnung - und der Krieg in Israel und Palästina sei nur der Beginn davon. Der global wachsende Antisemitismus ist laut dem Vatikan-Berater das „unausrottbare Chamäleon der Geschichte“. Er plädierte für gelebte jüdisch-christliche Freundschaften und die Verbindung von politischer Theologie und interreligiösem Dialog.
Beim „Innsbrucker Kreis“ widmen sich Lehrende der Moraltheologie und Sozialethik regelmäßig aktuellen Fragen, die ihre Fachgebiete betreffen. Das Thema der Tagung Anfang Januar war „Christliche Friedensethik vor aktuellen Herausforderungen“.
(kap – vn)
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