Liechtenstein: Bischof Elbs ruft zu Nächstenliebe auf
„Was Kirche und Politik verbindet, kommt im Handeln des barmherzigen Samariters in seiner höchsten Form zum Ausdruck: Es geht um das Wohl des einzelnen Menschen und der Gesellschaft als ganzer“, sagte Benno Elbs am Freitag in der Kathedrale von Vaduz beim Gottesdienst zur feierlichen Eröffnung des Liechtensteinischen Landtags. Ausdrücklich dankte Elbs den politisch Verantwortlichen, dass diese bereit seien, Verantwortung zu tragen. Der Vorarlberger Bischof ist derzeit auch vom Papst bestellter Übergangsverwalter (Apostolischer Administrator) der Erzdiözese Vaduz.
„Sich ganz dem Menschen zuwenden, selbst dann, wenn sich alle abwenden; keine Kosten und Mühen scheuen, wenn er verwundet ist und Hilfe braucht“, das sei das Programm Jesu und der Kirche, erinnerte Elbs laut Kathpress vorliegendem Predigtmanuskript bei der Feier im Beisein von Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Regierungschef Daniel Risch.
„Politik ist auch deshalb eine Form der Nächstenliebe, weil sie Antworten auf Unrecht und Unfreiheit sucht und Lösungswege anbietet, die die Lebensumstände der Menschen verbessert“, hielt der Bischof fest. Der barmherzige Samariter als „Inbegriff dessen, was das christliche Gottes- und Menschenbild ausmacht“, könne auch Vorbild sein für die Arbeit in der Politik, wandte sich der Apostolische Administrator an die anwesenden Abgeordneten.
Nächstenliebe statt Unterdrückung
Nächstenliebe sei ein „Gegenprogramm zu allen Formen der Unterdrückung und des Missbrauchs von Macht“, sporne zur Einmütigkeit und Stärkung des Miteinanders an, führte Elbs aus. „Wenn politisches Handeln von dieser Haltung beseelt und inspiriert ist, dann, meine ich, leistet es einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau und zur Einheit einer Gesellschaft, in der jeder Mensch seinen Platz findet.“
Mitleid wiederum sei wohl „nicht immer und überall eine Kategorie der Politik“, merkte Elbs an; sie müsse aber im Sinne von Empathie für die Mitmenschen eine Rolle im Umgang über die Parteigrenzen hinweg und auch in der Begegnung andernorts spielen. Empathie sei eine Grundlage des Zusammenlebens und schaffe eine Atmosphäre der Wertschätzung. „Sie ist der Motor für Mitmenschlichkeit und der Nährboden für das Miteinander und letztlich für Frieden“, sagte der Bischof. „Ohne Empathie, ohne Mitleid hingegen erkaltet das Klima einer Gesellschaft. Und ohne Empathie bleibt auch Politik kühl und im letzten lebensfern – fern nämlich vom Leben all derer, die täglich zu kämpfen haben.“
Heilig-Geist-Amt als Tradition
Für die Kirche sei der Text über den barmherzigen Samariter so etwas wie ihre Verfassung, sagte Elbs. Sein Beispiel wolle er aber auch für ihre Arbeit ans Herz legen. „Der barmherzigen Samariter möge Ihnen ein Vorbild sein und Sie ermutigen, auf Menschen und ihre Anliegen zu schauen. Und er möge Ihnen helfen, Ihre Arbeit als Form der Nächstenliebe zu leben, die allen Menschen in gleichem Masse Freiheit und Gerechtigkeit schenkt“, sagte der Apostolische Administrator.
Das sogenannte Heilig-Geist-Amt zu Landtagseröffnung hat in Liechtenstein Tradition. In der Regel feiert der Dompfarrer von Vaduz den Gottesdienst mit den Abgeordneten. Der seit Herbst als Administrator in der Erzdiözese Vaduz amtierende Bischof Elbs entschloss sich dieses Jahr dazu, die Feier selbst zu leiten.
Erzbischof Haas’ Boykott im Vorjahr
Die Entscheidung hat Brisanz. Der im Herbst emeritierte Vaduzer Erzbischof Wolfgang Haas hatte den traditionellen Gottesdienst im Vorjahr aus Protest gegen die Einführung der eingetragenen Partnerschaft für homosexuelle Menschen in Liechtenstein abgesagt. Er wolle Gottesdienst und den Segen, um den ihn die Mitglieder aller Landtagsfraktionen und Parteien für ihre Arbeit gebeten hätten, nicht abhängig von der inhaltlichen Arbeit der Parlamentarier machen, erklärte Bischof Elbs vor wenigen Tagen in einem Zeitungsinterview.
(kap/kath.ch – mg)
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