Österreich: Europa nicht mehr Maßstab
Die Philosophie sei viel zu lange von einer griechisch-europäischen Norm ausgegangen. Alles, was dem nicht entsprochen habe, sei abgelehnt bis abgewertet worden, wies Schelkshorn, Vorstand des Instituts für interkulturelle Religionsphilosophie an der Universität Wien, hin. Der Kolonialismus habe demnach nicht nur Territorien erobert und Ressourcen ausbeutet, sondern auch das Denken selbst kolonialisiert, lautet das Fazit der Experten.
Die europäische Philosophiegeschichte habe lange auf die Vorherrschaft Europas beharrt, meinte Schelkshorn. Besonders der deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 bis 1831) habe Europa als Spitze der Zivilisation definiert und damit andere Kulturen abwertet. Demzufolge begann Philosophie in Griechenland, „ist dann nach Rom gewandert, in das christliche Mittelalter und dann in die europäische Neuzeit. Allen anderen Kulturen wird Philosophie abgesprochen.“ Für Hegel hätten andere Völker „dieses europäische Zivilisationsmodell“ nachvollziehen müssen.
Selbstkritische Deutung
Die Idee einer eurozentrischen Vernunft führe jedoch zur Unterdrückung und Marginalisierung anderer Denkformen und Kulturen, so die Kritik des österreichischen Philosophen. Schelkshorn forderte daher eine „selbstkritische Deutung des Christentums“ ein, das ebenfalls mit der Gewaltgeschichte des Kolonialismus verbunden ist. Letzteres habe „für zahlreiche Völker traumatische Erfahrungen mit sich gebracht“, so der Präsident des „Wiener Forums interkulturellen Philosophierens“, das zuletzt am 16. und 17. Februar an der Katholisch Theologischen Fakultät der Universität Wien eine Tagung zum Thema epistemische Gewalt veranstaltet hatte. Eine interkulturelle Perspektive verdeutliche, dass Philosophie nicht ausschließlich europäisch sei, sondern auch in anderen Kulturen existieren könne, erklärte Schelkshorn.
Philosophie sei neben ihrer befreienden Seite, auch am Kolonialismus und Rassismus beteiligt: „Und deswegen ist es für uns so wichtig, sich auch in der Philosophie mit Ausgrenzung im Bereich der Wissenschaft zu beschäftigen“, erläuterte Schirilla. Eine Kritik an einer solchen Praxis könne zu einem gerechteren und gleichberechtigteren gesellschaftlichen Diskurs beitragen, zeigte sich die Migrationsforscherin überzeugt.
Der Podcast „Diesseits von Eden“ ist eine gemeinsame Initiative der Theologischen Fakultäten in Österreich. Abrufbar ist der Podcast u.a. unter https://diesseits.theopodcast.at.
(kap – mg)
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