Ratzinger-Preis: Benedikts Erbe wird Kirche fruchtbar machen
Mario Galgano - Vatikanstadt
Eine Haltung, „sich mit den beiden offenen Flügeln der Vernunft und des Glaubens hoch zu bewegen, wenn auch immer mit Demut, Anstrengung und Beharrlichkeit“. Dies sei das Vermächtnis, das Benedikt XVI. knapp ein Jahr nach seinem Tod hinterlasse und das „lebendig ist und auf dem künftigen Weg der Kirche Früchte tragen wird“.
Dies unterstrich Kardinal Pietro Parolin bei der Verleihung des Ratzinger-Preises 2023, der ersten Verleihung nach seinem Tod, in der Sala Regia des Apostolischen Palastes. Als „Seelsorger und Lehrer des Glaubens“ und „leuchtendes und mutiges Beispiel für den Dialog“ bezeichnete Parolin den aus Bayern stammende Pontifex und erinnerte an sein Lehramt, das „von einem Bewusstsein für die kulturelle und geistige Situation der Welt“, für die Spannungen zwischen den Völkern und zwischen Mensch und Schöpfung geprägt war.
Kontinuität mit Franziskus
Dies seien Themen und Probleme, erinnerte Parolin, zu deren Verständnis Benedikt XVI. beigetragen habe und deren Entwicklung - man denke an die Enzyklika Caritas in veritate und ihre Einflüsse auf Laudato si' und Fratelli tutti - in starker Kontinuität zum Lehramt von Franziskus stehe. Ein Leitfaden auch für den Umgang mit der Krise des sexuellen Missbrauchs durch Mitglieder des Klerus, erinnerte der vatikanische Staatssekretär, „deren Schwere Benedikt XVI. schon als Kardinalpräfekt gesehen hatte und mit der er sich während seines gesamten Pontifikats auseinandersetzen musste“. „Er tat dies“, bekräftigte Parolin, „mit tiefem Leid, aber mit demütigem Respekt vor den Opfern und der Wahrheit, indem er die Kirche auf den Weg des Zuhörens, der Gerechtigkeit und der Strenge, der Umkehr und der Prävention führte“. Er habe das Wesentliche „mit Ordnung und Klarheit“ gesehen, erinnerte er, bis hin zur „wachsenden Zerbrechlichkeit des im Gebet gelebten Alters“. Die Geste des Verzichts selbst bezeichnete Parolin als „eine bewundernswerte Synthese aus einer klaren und vernünftigen Sicht der Dinge, aus der Verantwortung bei der Ausübung der Regierung und aus der Demut vor Gott und den Menschen“.
Blanco Sarto: Ich habe die Musik des Mozart der Theologie gehört
Die Preisträger des Ratzinger-Preises 2023, der seit 2011 jährlich von der gleichnamigen vatikanischen Stiftung an „Gelehrte, die sich durch besondere Verdienste in der Publikation und/oder wissenschaftlichen Forschung ausgezeichnet haben“, verliehen wird, waren die Spanier Pablo Blanco Sarto und Francesc Torralba Roselló.
Von ersterem, einem Theologen an der Universität von Navarra, erinnerte Kardinal Luis Ladaria, emeritierter Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, an den 2011 erschienenen Band Ratzingers Theologie, in dem „ein Blick genügt, um eine Vorstellung von der Weite von Ratzingers Denken zu bekommen: Schönheit, Liturgie, Kirche, Person, Glaube, Liebe, Amt, Maria, Jesus Christus“. „Wenn er der Mozart der Theologie war, dann glaube ich, diese Musik gehört zu haben“, sagte Professor Blanco Sarto, der einen großen Teil seiner Studien der Erforschung des Denkens des theologischen Papstes gewidmet hat. Was mich beeindruckt hat“, so Blanco Sarto weiter, „ist die vitale, existenzielle und hermeneutische Dimension seines Denkens", sowie sein Realismus und seine "völlig zugängliche Sprache.“
Torralba Rosellò: Er hat den Begriff der Vernunft ausgeweitet
Im Laufe der Jahre, so erinnerte Kardinal Gianfranco Ravasi, emeritierter Präsident des Päpstlichen Rates für die Kultur, hat der Ratzinger-Preis seine Dimension von der Theologie auf die Künste, das Recht, die Soziologie und die Philosophie ausgeweitet, Bereiche, die alle vom Denken des emeritierten Papstes angesprochen wurden. Die Auszeichnung des Philosophen Francesc Torralba Rosellò, Professor an der Universität Ramon Llull in Barcelona, ist in diesem Sinne zu verstehen. Ratzinger habe den Begriff der modernen Vernunft erweitert, so der Preisträger, „indem er das Maß der Gabe und die Unentgeltlichkeit hinzufügte“. Für Benedikt kann die Vernunft nicht nur auf das Überprüfbare und Experimentelle reduziert werden. Jede Metaphysik wäre ausgeschlossen, während Glaube und Vernunft für den Aufbau der Zukunft grundlegend sind.
Lombardi: Er hat uns gelehrt, die Wahrheit zu suchen und zu finden
„Joseph Ratzinger hatte nie die Absicht, ein eigenes Denksystem aufzubauen oder eine eigene Schule zu gründen, sondern er hat uns gelehrt, die Wahrheit mit der Kraft der Vernunft und dem Licht des Glaubens zu suchen und zu finden, wobei er die Vernunft immer 'offen' hält, im Dialog zwischen den Menschen, den Disziplinen und den großen religiösen Traditionen“, erklärte Pater Federico Lombardi, Präsident der Ratzinger-Stiftung, bei der Eröffnung. „In den dramatischen Zeiten, in denen wir leben“, so Pater Lombardi weiter, „werden die Würde des Menschen und der Sinn seines Lebens und seines Daseins in der Welt in ihren Grundfesten auf die Probe gestellt“, und in diesem Sinne war sich Papst Ratzinger „der Möglichkeiten und Risiken des Weges der Menschheit sowie der Sendung der Kirche zu ihrer Rettung wohl bewusst. Er führt uns dazu, demütig und mutig in die Tiefe zu gehen, um solide und unverzichtbare gemeinsame Bezugspunkte zu finden und wiederzuentdecken“.
Morgengebet am Grab von Benedikt XVI. und Audienz bei Franziskus
Lombardi erinnerte auch an die Treffen, die der Preisverleihung vorausgingen. Am Morgen versammelten sich die Teilnehmer der Zeremonie zum Gebet in den vatikanischen Grotten, am Grab des Heiligen Petrus und am Grab von Benedikt XVI. „Gemeinsam baten wir den Herrn“, betonte der Stiftungspräsident, „dass er ihn für seinen Dienst belohne, aber auch, dass sein geistiges und kulturelles Erbe weiterhin wertvolle Früchte für die Kirche, für uns und für das Wohl der Menschheit trage. Wir halten es in der Tat für unsere Pflicht, nicht nur in der kulturellen Reflexion, sondern auch in der geistlichen Gemeinschaft und im Gebet den Sinn für die lebendige und inspirierende Gegenwart dieses großen Lehrers und Hirten zu pflegen.“ Anschließend wurden die Preisträger von Papst Franziskus empfangen.
Am Mittwoch, dem 29. November, fand an der Päpstlichen Universität Gregoriana das erste Treffen des Studienprojekts „Das Erbe Benedikts XVI.“ statt, das im nächsten Frühjahr in Indiana (USA) am De Nicola Centre der Universität Notre Dame, die die Veranstaltung organisiert hat und dem Netz der mit der Stiftung zusammenarbeitenden Universitäten angehört, abgeschlossen wird.
(vatican news)
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