Österreich: Kulturhauptstadt Salzkammergut mit Potential für Verkündigung
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Dass die katholische Kirche im Programm der Europäischen Kulturhauptstadtregion präsent ist, war Pfarrer Oehler ein großes Anliegen. Klar war für ihn, dass es dabei nicht nur um den Blick auf die großen Werke sakraler Kunst und Architektur der Vergangenheit gehen kann. „Für mich ist eigentlich selbstverständlich, dass die Kirche, die jahrhundertelang der Kulturträger war, auch eine Brücke schlagen muss zur zeitgenössischen Kultur, weil gerade zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus einer großen Wahrhaftigkeit heraus arbeiten“, so der Pfarrer im Gespräch mit uns.
Die Frohe Botschaft von einer anderen Seite kennenlernen
Beispielhaft verwies er auf das „Leuchtturmprojekt“ der Europäischen Kulturhauptstadt, die Audioskulptur des Mühlviertler Künstlers Christoph Viscorsum, die von dessen Badezimmer ausgehend über einem Kirchenraum hinauf ins Tote Gebirge führt und verschiedenste Menschen befragt: „von einem Almbauern über eine Kirchenbesucherin, eine Gläubige, die regelmäßig in den Gottesdienst kommt, über Bergführer, aber auch Namen wie Aleida Assmann oder Brigitte Kaltenbrunner, die alle Achttausender bestiegen hat, oder Bruder David Steindl-Rast“. Wer dieser Tonspur folge, auf den Berg hinauf oder unten im Tal, komme „in eine ganz eigene Beziehung wieder zur Schöpfung, zur Natur, zu diesem unverfügbaren Geheimnis, das wir da dahinter glauben, das in allem präsent ist. Es ist ein Weg, der uns auch zum Glauben führt“, erklärte Oehler. „Und ich finde es immer wieder spannend, mit zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt zu sein und so die Botschaft, die ja auch ich zu verkündigen habe, oft wieder von einer anderen Seite her kennenzulernen.“
Keine Macht der Polemik
Spannend heißt mit Blick auf Kunst mitunter auch spannungsreich. So erntete Pfarrer Oehler Kritik, weil er die Eröffnungsfeier zur Europäischen Kulturhauptstadt live auf eine Leinwand in seiner Kirche übertragen ließ und bei einer dabei gezeigten Kunst-Performance nackte Menschen zu sehen waren. Wie geht er um mit Spannungen und Polemiken über gewagte Kunstaktionen der Kulturhauptstadt?, wollten wir von Pfarrer Oehler wissen. „Ja, zunächst, indem ich einmal ehrlich mit mir selbst umgehe und zugebe, dass mir das auch nicht einfach fällt, wenn ich mit irgendeiner Wahrheit konfrontiert werde über mich, die ich verdränge oder so.“ Er denke aber auch an die Propheten der christlichen Tradition. „Das waren immer auch Menschen, die provoziert haben, das heißt, die etwas hervorgerufen haben, eben ,provoziert´ haben, das im Untergrund gebrodelt hat und das sie sichtbar gemacht haben. Wenn wir uns weiterentwickeln wollen, sowohl menschlich als auch gesellschaftlich, als kirchlich, dann, denke ich, braucht es diese Ehrlichkeit. Und wenn es dann Spannungen gibt, dann gibt es Spannungen, die - wie in der Elektrizität - eine Kraft entwickeln.“ Im Gegensatz dazu stünden destruktive Spannungen. „Von denen halte ich nichts. Und da gehe ich auch nicht darauf ein“, so der Pfarrer.
Alles in allem bescheinigt Pfarrer Oehler dem Projekt europäische Kulturhauptstadt ein gewisses Evangelisierungpotenzial, „das sich aus den menschlichen Begegnungen ergibt“. So habe ihm die Intendantin Elisabeth Schweeger, die sich von der Kirche entfernt habe, anvertraut, dass religiöse Fragen sie nun wieder beschäftigten und sie deshalb „wir denken das Projekt Kanzelreden an - Formate schaffen möchte, wo das zur Sprache kommt: Da sage ich, da ist Evangelisierung in diesem Sinn als Dialog gelungen.“
Die Bad Ischler Bürgermeisterin Ines Schiller hat die Romwallfahrt zum Anlass genommen, ein ähnliches Anliegen wie jenes der Kulturhauptstadt in der Ewigen Stadt zu verwirklichen, nämlich „in die Welt hinauszuschauen“, so die Politikerin im Gespräch mit uns. „Kulturhauptstadt heißt ja nicht nur, das zu zeigen, was man in der eigenen Region hat, sondern es ist einfach die große Chance, auch diesen Blick über den Tellerrand zu wagen, andere Kulturen kennenzulernen, andere Kunst kennenzulernen. Und bei der Romreise, jetzt, wo wir hier sind, bietet sich das natürlich auch an.“ Sie freue sich über die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen ihrer Stadt und der Kirche. „Gerade Kulturhauptstadt ist ja auch ein Projekt des Miteinanders, ein Projekt des Verbindens und das auch mit der Kirche gemeinsam zu tragen ist ganz eine schöne Erfahrung. Und ich würde sagen, die größte Chance, die wir jemals bekommen haben.“
Premiere: Eine ganze Region ist Kulturhauptstadt
Es ist das erste Mal, dass nicht eine Stadt, sondern eine ganze Region als Europäische Kulturhauptstadt auftritt. Das Salzkammergut, an dem die drei Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Steiermark Anteil haben, erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 110 mal 50 Kilometern. Über das Jahr verteilt wird es dort rund 500 Veranstaltungen geben, die eine Vielfalt historisch verwurzelter wie auch zeitgenössischer Kunst und Kultur präsentieren möchten.
(vatican news – gs)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.