D: Gegen Atomwaffen und „Kriegstauglichkeit“

Kohlgraf ist bischöflicher Verantwortlicher der katholischen Friedensbewegung „pax christi“. In seinem Aufsatz räumt er ein, eine „Welt ohne Waffen“ sei derzeit „mehr denn je in weite Ferne gerückt“. Dennoch könne nukleare Aufrüstung jetzt nicht „zur Grundlage des Friedens erklärt werden“, erst recht nicht, wenn man kirchliche Lehrtexte in den Blick nehme.

„Der Besitz von Atomwaffen wurde in päpstlichen Dokumenten immer als tolerierte Übergangslösung betrachtet“, so Kohlgraf. „Es wurde betont, dass dieser Besitz nur solange tolerabel sei, wie er Verhandlungen zu einer gerechten Welt ohne diese Waffensysteme beflügelt. Diese Phase ist nun offenbar vorerst vorbei, so dass der katholische Grund ihrer vorläufigen Akzeptanz weggefallen ist.“

„Nicht ohne weitere Friedensbemühungen aufrüsten“

Zur Debatte darüber, ob die Europäische Union einen eigenen nuklearen Schutzschirm brauche, mahnt Bischof Kohlgraf, „nicht ohne weitere Friedensbemühungen aufzurüsten“. Das scheine ihm „ein legitimer christlicher Beitrag im Konzert der demokratischen Prozesse zu sein“. Ausgesprochen skeptisch äußert er sich zum Konzept nuklearer Abschreckung. Er glaube nicht, dass Friede allein dadurch entstehe, „den anderen in Schrecken zu versetzen“.

Eindringlich warnt der Mainzer Bischof unter Verweis auf ähnlich gelagerte Äußerungen von Papst Franziskus vor der Zerstörungskraft nuklearer Waffen. „Es ist nicht zu erkennen, wie im Falle eines Einsatzes dieser Waffen eine angemessene Verteidigung und Schutz der Zivilbevölkerung gewährleistet werden kann.“ Dabei werde man sich „nicht auf die Lehre vom ‚gerechten Krieg‘ berufen können“. Auch der ‚Katechismus der Katholischen Kirche‘ nenne jede Kriegshandlung, die auf die Zerstörung ganzer Städte zielt, ein Verbrechen gegen Gott und die Menschheit (KKK 2314). „Wie dies im Falle eines nuklearen Waffeneinsatzes nicht gegeben sein sollte, erschließt sich mir nicht.“

„Es bleibt für mich als Christ und Theologe dabei: Ohne weitere Friedensbemühungen, Suche nach einer gerechten Ordnung, nach dauerhaften Friedenslösungen und Dialog wird eine nukleare Abschreckung kein Weg zum Frieden sein. Als Christ und Bischof kann ich den Weg, Menschen ‚kriegstauglich‘ zu machen, nicht mitgehen. Obwohl dieser Begriff in aktuellen Debatten oft genannt wird, darf der Dienst der Kirche nicht darin bestehen, Menschen auf einen Krieg vorzubereiten.“

(communio – sk)