Bischof Zsifkovics zur EU-Wahl: Die pro-europäischen Kräfte stärken
Im Interview mit Kathpress, den beiden Kirchenzeitungen „Der Sonntag“ (Erzdiözese Wien) und „Martinus“ (Diözese Eisenstadt) sowie „Radio Klassik Stephansdom“ nahm Zsifkovics zu aktuellen Europa-Themen Stellung.
Der Bischof von Eisenstadt ist in der Bischofskonferenz für Europa-Fragen zuständig und vertritt die österreichische Bischofskonferenz in der EU-Bischofskommission COMECE. Er sprach im Interview u.a. von einer anstehenden Richtungswahl, „ob der Nationalismus zunimmt, oder ob wir doch über den Tellerrand hinausschauen und für ein gemeinsames Europa stimmen, denn das ist ein Weg, der Zukunft hat“.
Feld nicht extremen Gruppen überlassen
„Überlassen wir das Feld nicht irgendwelchen extrem linken oder rechten Gruppierungen, sondern stärken wir die Mitte“, so der Bischof wörtlich. Er versuche diesbezüglich vor allem auch die jungen Menschen anzusprechen und zu motivieren: „Ich kann nur noch einmal aufrufen, nicht zu Hause zu bleiben und trotz aller Kritik und Nicht-Perfektion der Europäischen Union zur Wahl zu gehen und für Europa zu stimmen.“
Die Europäische Union sei alles andere als perfekt. Die EU sei kein fertiges Projekt, „sondern sie ist und bleibt eine Baustelle“. Und für diese Baustelle brauche es Mitarbeiter, einen Plan und einen gemeinsamen Willen. Zsifkovics wörtlich: „Gerade dort, wo vieles oder manches falsch läuft in Europa, muss man diese Kritiken auch ernst nehmen. Nur so kann sich Europa gut weiterentwickeln. Das hilft auch gegen die Populisten.“ Wenn man allerdings „aus Bequemlichkeit zu Hause bleiben und das Projekt Europa uns nicht interessiert, dann sind wir desinteressiert an unserer Zukunft. Dann sind wir auch desinteressiert an unserem weiteren Wohlstand und vor allem auch an unserer Freiheit und am Frieden.“
„Europa ist Baustelle“
Ein Weg der Absonderung hin zu einer Festung sei „naiv und dumm“. Österreich wäre nicht überlebensfähig. „In dieser globalisierten Welt kann kein einzelner Staat bestehen. Da kann es nur einen gemeinsamen Weg geben und dafür plädiere ich“, zeigte sich Bischof Zsifkovics überzeugt.
Darauf angesprochen, dass die EU-Skepsis gerade auch im Burgenland sehr hoch ist, betonte der Bischof, dass gerade das Burgenland von den vielfältigen EU-Förderungen besonders profitiert habe. „Wir sind vom Armenhaus an einer toten Grenze zu einem Land im Herzen Europas geworden, das aufblüht.“
Von den Kandidaten, die sich der EU-Wahl stellen, erwarte er sich, „dass sie wirklich Europa an die erste Stelle stellen und nicht irgendwelche parteipolitischen Absichten“. Der Einsatz für Demokratie, Menschenrechte, Freiheit und die Würde des Menschen sei alternativlos.
Hilfe für die Ukraine
Der Bischof zeigte sich im Interview weiters überzeugt, dass eine europäische Perspektive für die Ukraine überlebensnotwendig sei. Ein EU-Beitritt sei nicht von heute auf morgen möglich. „Wir können nicht Mitglieder aufnehmen, ohne dass Voraussetzungen erfüllt sind und diese Länder auch zur Aufnahme fähig sind.“ Aber es brauche angesichts der Aggressivität Russlands jedes nur mögliche Engagement, „um die Ukraine zu einem Teil Europas zu machen“. Dazu gehöre derzeit auch militärische Hilfe, damit die Ukraine ihre staatliche Souveränität bewahren bzw. wiederherstellen könne.
Auch im Blick auf den Westbalkan mahnte der Bischof mehr EU-Engagement ein: „Österreich war immer ein Land, das sich für diese Westbalkanländer ausgesprochen hat, aber Österreich alleine ist hier zu schwach.“ Es müssten rasch Aufnahmen erfolgen, „einige der Länder sind ja schon halbwegs fit“. Sonst sei bei manchen die Gefahr groß, dass sie sich geopolitisch umorientieren.
Versöhnung zwischen Kroatien und Serbien
In diesem Zusammenhang nahm der Bischof auch Kroatien und Serbien in die Pflicht. Persönlich sei er der festen Überzeugung, „dass hier der Zweite Weltkrieg noch nicht abgeschlossen ist. Es sind noch immer alte Abrechnungen da." Man müsse endlich ernsthaft die Geschichte aufarbeiten, "um aus der Misere herauszukommen“.
Ein gelingender Versöhnungsprozess zwischen Kroatien und Serbien sei wohl die Voraussetzung, um der gesamten Region des Westbalkans Frieden zu bringen sowie Freiheit und Demokratie zu stärken.
Er habe vor Kurzem in Zagreb bei einer Wallfahrt gepredigt, berichtete der Bischof: „Ich habe die Menschen ganz direkt aufgerufen: Sie sollen den Geist des Balkans ausblasen, sie sollen endlich europäischen Geist einatmen.“ Er habe erwartet, dass es Widerspruch geben wird. „Aber die Leute haben es mit sehr großem und langem Applaus begrüßt, dass dieser Weg der Versöhnung und dieser Weg nach Europa gegangen werden muss.“
(kap – mg)
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