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Welttheater in Einsiedeln: Der Mensch greift nach dem Göttlichen

Jüngst ging die spektakuläre Premiere des Einsiedler Welttheaters über die Bühne. Vielen Beobachtern und Kritikern fiel auf, dass in der Neubearbeitung des barocken Stoffes von Caldéron Gott nicht mehr explizit vorkommt. Wie ist das zu verstehen? Wie Urban Federer, Abt des Klosters Einsiedeln, im Interview mit kath.ch erklärt, kommt die Rolle Gottes kommt für ihn im Stück von Lukas Bärfuss nicht von außen, sondern von innen.

In der modernen Neufassung und Interpretation von Lukas Bärfuss kommen Gott und die Religion fast gar nicht mehr vor. Dazu sagt Benediktinerabt Urban Federer: „Nicht die Welt, aber das Theater verstand Calderón als sichtbares Medium, das den Menschen bei der bildlichen Vorstellung abholt und zu einer Welt führt, die hinter unserer Wirklichkeit steht. Diese Welt Gottes wird im ´Großen Welttheater´ nicht genauer beschrieben und lässt darum eine erstaunliche Offenheit im Denken über Gott zu.“

Religiös müsse ein Stück nicht unbedingt sein, weil Gott erwähnt werde, fügt Feder an. Und umgekehrt könne ein Stück durchaus auf Religion Bezug nehmen, wenn Gott nicht erwähnt werde. Auf dem Klosterplatz in Einsiedeln sei ein solches Theater auf jeden Fall immer religiös konnotiert. „Würde die Neufassung von Lukas Bärfuss nicht auf dem Klosterplatz gespielt, würde wohl niemand die Gottesfrage stellen. Diese provozieren der Klosterplatz und die Klosterfassade. Für mich stellt aber auch das diesjährige Stück selbst religiöse Fragen“, so der Abt von Einsiedeln.

Hundert Jahre nach der ersten Spielzeit wird 2024 das Welttheater Einsiedeln zum 17. Mal als Freilichttheater vor der barocken Klosterkirche aufgeführt. Zum ersten Mal sitzen die Zuschauerinnen und Zuschauer auf einer überdachten Tribüne. Zum hundertjährigen Jubiläum des Welttheaters in Einsiedeln führt Lukas Bärfuss das große Spektakel auf und verwandelt Caldérons Stück über eine barocke, gottgewollte Ständegesellschaft in ein modernes Stationendrama.

(kath.ch – mg)

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22. Juni 2024, 12:56