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Thomas Söding bei einem Besuch in Rom (Archivbild) Thomas Söding bei einem Besuch in Rom (Archivbild) 

Söding: „Modell, das auch weltkirchlich akzeptiert ist“

In Mainz hat der Synodale Ausschuss am Wochenende seine inhaltliche Arbeit aufgenommen. Das Gremium hatte im März unter Auflagen vorläufig grünes Licht aus Rom erhalten. ZdK-Vize Thomas Söding berichtet im Interview mit dem Kölner Domradio über die Arbeiten.

Der Synodale Ausschuss soll einen Synodalen Rat vorbereiten, der im Vatikan jedoch bislang auf große Vorbehalte stößt. Bei einem Treffen im März 2024 hatten sich Vertreter der deutschen Bischofskonferenz und des Vatikans darauf verständigt, dass Rom die im Synodalen Ausschuss gefassten Beschlüsse approbiert. 

Skepsis gegenüber den Synodalen Ausschuss äußerte in diesen Tagen erneut die Initiative „Neuer Anfang“. Sie teilte mit, sie habe sich offiziell an den Heiligen Stuhl gewandt, „um feststellen zu lassen, ob die Konstituierung eines Synodalen Ausschusses durch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und Teile der Deutschen Bischofskonferenz – insbesondere die Übernahme einer Mit-Trägerschaft der DBK für den Synodalen Ausschuss – der kirchlichen Rechtsordnung entspricht oder diese verletzt“.

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Interview mit Thomas Söding

Auf die nach wie vor spannungsreiche Lage, in der die Sitzung des Synodalen Ausschusses stattfand, ging auch das Domradio im Gespräch mit Thomas Söding ein. 

DOMRADIO.DE: Herr Söding, Sie haben unter anderem am Wochenende die Kommissionen besetzt, die die Umsetzung der Zukunftspläne des Synodalen Wegs sicherstellen wollen. Das aber in einer Lage, wo der Vatikan nach einer Einigung im Frühjahr sagt, dass jeder weitere Reformschritt von Rom approbiert werden muss. Hängt Ihnen jetzt so ein bisschen das Damoklesschwert über dem Kopf?

Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Mitglied im Synodalen Ausschuss): Wir können in der katholischen Kirche nicht 1.000 Wege in unterschiedliche Richtungen gehen, sondern müssen das, was Synodalität heißt, gegenwärtig auf vielfältige Weise neu entdecken, um es zu einer lebendigen Einheit zu führen.

Es war notwendig, dass wir in Deutschland einen innovativen Weg gegangen sind, der überhaupt erst ein Beraten und Entscheiden auf Augenhöhe ermöglicht hat. Aber jetzt sind wir in der Phase, noch einmal reflektieren zu können, was in Deutschland wichtig ist und was in der Weltkirche läuft. Am Ende brauchen wir ein Modell für Deutschland, das auch weltkirchlich und in Rom akzeptiert ist.

Erneutes Treffen

DOMRADIO.DE: Ende des Monats ist ein Treffen der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Heiligen Stuhl geplant. Nehmen die dann die Protokolle vom Wochenende aus Mainz mit und fragen, ob das so in Ordnung ist?

Söding: Das Wichtigere ist, dass wir jetzt erst einmal grünes Licht in Rom bekommen haben für die nächste Phase des Synodalen Wegs. Wir zielen 2026 an. Wir können die Impulse aus dem zweiten Teil der Weltsynode im Oktober 2024 aufnehmen und werden das tun. Gleichzeitig werden wir die Zeit nutzen, um vorbereitet zu sein, einen großen Synodalen Rat auf die Beine zu stellen. Wenn er dann nicht Synodaler Rat heißt, ist das nicht tragisch.
Das Thema ist, dass auf der einen Seite die in Deutschland stark entwickelten Partizipationsstrukturen nachhaltig weiterentwickelt werden und dass auf der anderen Seite auch die Autorität der Bischöfe und der Bischofskonferenz auf eine gute Weise mit den bislang vernachlässigten Rechten der Partizipation aus dem Kirchenvolk verschaltet wird.

DOMRADIO.DE: Es gibt augenblicklich einige Spannungen zwischen dem Zentralkomitee und der Bischofskonferenz, gerade nach dem Veto der Bischöfe zur Berufung der Bundeskuratin der Pfadfinder. Ist die Situation auch beim Synodalen Weg belastet oder ziehen Sie problemlos mit den Bischöfen weiter an einem Strang?

Söding: Die Rollen vom ZdK und der Bischofskonferenz sind unterschiedlich. Sie sind aber auch klar markiert. Dadurch entsteht erst die Möglichkeit der verbindlichen Zusammenarbeit. Dieses synodale Gremium, auf das wir zusteuern, wird ja nach wie vor zwei Trägerorganisationen haben, die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee. Jetzt gilt es zu entwickeln, dass beide Organisationen, die kirchenrechtlich unterschiedliches Gewicht haben, sich darüber verständigen, wie sie sich wechselseitig stärken können: für die katholische Kirche in Deutschland, für die Rechte der vom systemischen Missbrauch Betroffenen, für die Sprachfähigkeit des katholischen Glaubens in unserer Gesellschaft. Da bietet dieses synodale Gremium eine gute Möglichkeit. Im Synodalen Ausschuss haben wir jetzt zwei Jahre Zeit, um ein gutes Modell auf die Beine zu stellen.

Partizipation von Betroffenen entwickeln

DOMRADIO.DE: Johannes Norpoth hat vor der Sitzung in Mainz im DOMRADIO.DE-Interview kritisiert, dass es bis heute für Missbrauchsopfer keine etablierte Rolle in diesem Prozess gibt, auch nicht im Synodalen Ausschuss. Können Sie diese Kritik verstehen, wenn das große Ziel der Kampf gegen sexualisierte Gewalt sein soll?

Söding: Johannes Norpoth spielt als ZdK-Mitglied und als Ausschuss-Mitglied eine wichtige Rolle. Sie darf nicht auf seine Rolle als Sprecher des Betroffenenbeirats reduziert werden. Wir brauchen neue Möglichkeiten, um zum Beispiel über einen Gaststatus eine vernünftige Partizipation der Betroffenen zu entwickeln.

Ich sage aber zugleich, dass systemische Ursachen systemische Lösungen brauchen. Wir müssen deshalb die Trägerorganisationen stark machen. Deswegen ist es wichtig, dass DBK auf der einen Seite und ZdK auf der anderen Seite die Verantwortung übernehmen.

Wir haben allerdings von Anfang an gesagt, dass wir den Synodalen Weg nicht monopolisieren wollen. Deswegen gibt es auch 20 weitere Ausschussmitglieder, die aus der Synodalversammlung selbst heraus gewählt worden sind. Das ist keine eigene Säule, aber es ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass durch die DBK und das ZdK Freiräume für die breite Partizipation von katholischen Gläubigen in dem Synodalen Weg geschaffen werden.

Vier Stühle bleiben leer

DOMRADIO.DE: Auf der anderen Seite gibt es noch die Säule der Diözesanbischöfe, von denen vier gesagt haben, dass sie an diesem Prozess nicht teilnehmen werden. Die Frage der Finanzierung ist geklärt. Hat das denn weitere Konsequenzen, dass diese vier Stühle jetzt leer bleiben?

Söding: Ich möchte zunächst sagen, dass ich dieses Fernbleiben sehr bedauere und dass ich diese Stimmen der vier engagierten Bischöfe, die ja von Anfang an gesagt haben, sie würden eine Minderheitenposition im Synodalen Prozess darstellen, für wichtig halte. Diese Bischöfe können sicher sein, dass wir uns mit ihren Positionen auseinandersetzen. Wir versuchen es mitzudenken. Die Tür ist nach wie vor offen, sie müssen allerdings hindurchgehen.

Aber es ist auch wichtig zu zeigen, dass die Diözesen vertreten sind, selbst wenn ihre Bischöfe jetzt die Mitarbeit verweigern. Das haben wir gemacht, indem wir aus den betroffenen Diözesen Gäste eingeladen haben. Die haben Rederecht. Dieses Rederecht haben sie auch wahrgenommen, aber sie haben kein Stimmrecht. Wir wollen sicherstellen, dass wir für die Breite der katholischen Bistümer sprechen können.

Das Wegbleiben der vier Bischöfe schafft eine ungute Situation. Ich hoffe, dass durch die weitere konstruktive Arbeit des Synodalen Ausschusses und durch die Abstimmung mit der Weltsynode am Ende auch diese Kluft in der Bischofskonferenz überbrückt werden kann.

Söding bei zweiter Runde der Weltsynode in Rom

DOMRADIO.DE: Bevor der Synodale Ausschuss im Dezember wieder zusammentritt, trifft sich die zweite Runde der Weltsynode in Rom, bei der Sie auch einer der Delegierten aus Deutschland sind. Was erwarten Sie davon?

Söding: Ich bin theologischer Experte in dieser Weltsynode. Es ist ein wechselseitiger Austausch. Auf der einen Seite hat sich im bisherigen weltsynodalen Prozess gezeigt, dass die Themen, die in Deutschland diskutiert werden, nicht nur in Deutschland diskutiert werden, sondern die katholische Kirche weltweit umtreiben.

Auf der anderen Seite zeigt sich auch, dass wir offensichtlich aufgrund der unterschiedlichen kirchlichen und politischen Kulturen unterschiedliche Modelle brauchen, um diesen Partizipationsgedanken, um den es ja bei der Synodalität geht, auch zu realisieren. Dabei habe ich aus dem ersten Teil der Weltsynode schon sehr wichtige Impulse aufgenommen, die ich auch auf jeden Fall in die Beratungen des Synodalen Ausschusses einbringen werde. Das ist zum Beispiel der Ansatz, die pastorale Gesamtbetrachtung noch einmal stärker in den Blick zu nehmen als die prozeduralen Strukturen, auf die wir uns in Deutschland geeinigt haben.

Ich bin sicher, dass das, was wir in Deutschland unter besonderen Bedingungen entwickelt haben, nicht aus dem katholischen Spektrum herausbricht, sondern eine markante Form von katholischer Synodalität realisiert.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.
 

(domradio/vatican news - pr)

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18. Juni 2024, 10:28