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Das neue Buch von P. Eberhard von Gemmingen SJ - die Hälfte der Erstauflage ist schon weg Das neue Buch von P. Eberhard von Gemmingen SJ - die Hälfte der Erstauflage ist schon weg 

Buchtipp: Gemmingens „Reise zu großen Gestalten des Glaubens“

„Christen verändern die Welt – eine Reise zu großen Gestalten des Glaubens“, so heißt das neue Buch unseres früheren Redaktionsleiters P. Eberhard von Gemmingen. Der Jesuit ist 88 Jahre alt und in München stationiert, Gudrun Sailer sprach am Telefon mit ihm über sein neuestes – und nicht letztes – Werk.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Gemmingen: Das Anliegen in dem Buch ist, den Lesern zu zeigen, dass die Kirche und die Christen nicht nur Frauen unterdrückt, Kinder missbraucht, Wissenschaftler verurteilt, Kriege geführt und Hexen verbrannt haben. Bekannte Christen haben aufgrund ihres Glaubens auch Kultur geschaffen, Politik gemacht, das soziale Leben aufgebaut und Wissenschaft betrieben. Der Ausgangspunkt war eigentlich eine Nachhilfe für Menschen, die nur Schlechtes über die Kirche wissen und keine Ahnung von der Bedeutung des Glaubens für die Entstehung der europäischen Kultur haben.

„Ich habe wirklich viele entdeckt, von denen ich vorher keine Ahnung hatte“

Sie schreiben über die Lübecker Märtyrer, über Mary Ward und die Mädchenbildung, aber sie schreiben auch über Orte wie Altötting, Bayerns größten Marienwallfahrtsort, oder über Wolfgang Amadeus Mozart, den manche vielleicht nicht in dieser Reihe vermuten würden. Ein genialer Komponist, bisher nicht aufgefallen als großer Gläubiger. Haben Sie im Zuge Ihrer Reise und Recherche eigentlich einen Lieblingschristen oder eine Lieblingschristin neu entdeckt, der oder die Sie wirklich überrascht hat?

Gemmingen: Ich habe wirklich viele Leute neu entdeckt. Zum Beispiel die deutsche Ärztin Ruth Pfau, die in einem Orden in Pakistan Leprakranke betreut hat und dort vom Staat ausgezeichnet wurde, sowie einen deutschen Arzt, der in Moskau vor allem die Gefangenen in Kerkern unter den Zaren betreut hat, Friedrich Haas, bei dessen Beerdigung in Moskau 20.000 Leute waren, weil er einfach so toll gearbeitet hat. Ich habe wirklich viele entdeckt, von denen ich vorher keine Ahnung hatte.

P. Eberhard von Gemmingen in einer Münchner Kirche
P. Eberhard von Gemmingen in einer Münchner Kirche

Vertreten ist auch Therese Neumann, „Resl von Konnersreuth“: Es ist gut, sich als moderner Christ auch mit seltsamen religiösen Phänomenen zu beschäftigen, schreiben Sie. Die „Resl von Konnersreuth“ war eine Stigmatisierte. Manche wollen sie seligsprechen, aber die Kirche ist zurückhaltend. Noch immer strömen fromme Menschen an ihr Grab. Warum ist es gut, so eine kontroverse Figur in ein Buch aufzunehmen, das von großen Christen in Europa oder Personen handelt, die die christliche Kultur des Kontinents mitgeprägt haben?

Gemmingen: Was mich an ihr fasziniert, ist, dass der Münchner Journalist Fritz Gerlich, der evangelisch war, dorthin gefahren ist, um den „Schmarrn“ aufzudecken. Er wollte schreiben, dass das alles frei erfunden war. Und er wurde durch die Resl umgedreht, konvertierte und wurde dadurch zum großen Hitler-Widerständler. Er war einer der ersten, die von Hitler umgebracht wurden. Die „Resl“ hat zum Beispiel auch einem Franziskaner, der von den Nazis verfolgt wurde, immer wieder gesagt, wo er hingehen muss, damit er nicht erwischt wird. Sie hat unglaublich gewirkt, auch im Hitler-Widerstand, und die ganze Frage der Stigmata ist für mich nebensächlich. Aber ich wollte den Lesern zeigen, dass die umstrittene „Resl“, die einige selig sprechen wollen, während andere dagegen sind, nicht nur eine komische Figur ist, sondern ein erstaunliches Phänomen.

Hier zum Hören:

Papst Benedikt XVI. wird Ihrer Einschätzung nach in 30 Jahren anders, größer und fairer beurteilt werden in Deutschland. Was ist da eigentlich schiefgelaufen? War es eine übergroße und alles Positive ignorierende Kritik an der katholischen Kirche, die den deutschen Papst verunglimpft hat?

Gemmingen: Ich glaube, man muss tiefgründig über Zeitgeschichte, über das Denken der Zeit, über Theologie und über viele Probleme der Menschheit nachdenken, um die Aussagen von Papst Benedikt zu verstehen – nicht nur über Theologie, sondern vor allem auch über die Zeitfragen. Zum Beispiel, dass der moderne Mensch mit Gott nichts anfangen kann. Solche Fragen haben Ratzinger umgetrieben, und ich glaube, er hat sehr wertvolle Dinge gesagt. Im Bundestag hat er gesagt, dass Salomo Gott am Anfang seiner Zeit als König bat: „Gib mir ein weises Herz.“ Damit hat er angefangen, dass Politik machen nicht nur Problemlösung ist, sondern: „Gib mir ein weises Herz.“

Mit Papst Benedikt XVI.
Mit Papst Benedikt XVI.

Glaube und Vernunft waren das Lebensthema von Papst Benedikt. Das ist ein sehr europäisches Thema, aber ist es auch ein Zukunftsthema?

Gemmingen: Ja, ich glaube, es ist ein Zukunftsthema, weil solange die Menschen nicht ihre Vernunft eingesetzt haben – und das begann besonders mit Immanuel Kant –, glaubte man einfach mit, was alle glaubten. Aber seit die Menschheit gelernt hat, ihre Vernunft einzusetzen, ist Glauben wesentlich schwieriger. Ratzinger hat sich ja besonders lebenslang mit der Frage „Glaube und Vernunft“ auseinandergesetzt. Und es gibt viele Theologen, die darum ringen, wie man vor der eigenen Vernunft verantworten kann, an einen allmächtigen Gott zu glauben, der solche Kriege, Not und Elend zulässt. Jahrhundertelang war es selbstverständlich, an ein Jenseits, an Gott, an Engel und Heilige zu glauben. Und in dem Moment, wo die Vernunft dazu kam, wurde das schwieriger. Obwohl ich auch sagen muss, dass auch Thomas von Aquin nicht ohne Vernunft gearbeitet hat. Er hat nicht nur geglaubt, sondern auch Vernunft eingesetzt. Aber eben mit der modernen Aufklärung, wo allgemeine Bildung normal wurde, spielte die Vernunft eine wesentlich größere Rolle und es war schwerer, zum Glauben zu kommen, weil immer die Vernunft kritische Fragen stellte.

Christen verändern die Welt. Eine Reise zu großen Gestalten des Glaubens“ von Pater Eberhard von Gemmingen ist im Verlag Friedrich Pustet erschienen und kostet 25 €.

(vatican news – gs)

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16. Juli 2024, 16:08