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Deutschland: Jesuitenorden im Dialog mit Juden und Muslimen

Schon lange ist der katholische Männerorden in Kontakt mit Juden und Muslimen. Das jüngste internationale Treffen der Gruppen „Jesuits among Muslims" und „Jesuits and Jews" in Berlin hatte jedoch aufgrund des Kriegs im Nahen Osten besondere Bedeutung. „Der Hamas-Angriff auf Israel und der Krieg in Gaza waren in den Gesprächen und Treffen immer präsent", berichtete Pater Christian Rutishauser dem „Osservatore Romano".

Der Schweizer Jesuit ist Professor für Jüdische Studien und Berater der Päpstlichen Kommission für religiöse Beziehungen zum Judentum. Er nahm an dem Treffen vom 30. Juni bis zum 6. Juli in Berlin teil, zu dem rund 30 Jesuiten aus aller Welt gekommen waren. Angereist waren sie auch aus Australien, der Türkei, Israel, den Vereinigten Staaten, Indonesien oder der Zentralafrikanischen Republik. 

Die Vorbereitung eines gleichzeitigen Treffens der Gruppen „Jesuits and Jews" und „Jesuits among Muslims" hatte vor zwei Jahren begonnen. Angesichts der Ereignisse vom 7. Oktober 2023 und der folgenden Monate erhielt diese Entscheidung jedoch nun eine besondere Brisanz. „Uns war klar, dass unsere Aufgabe zunächst darin besteht, aufmerksam zuzuhören und zu versuchen, die Anliegen der verschiedenen Beteiligten zu verstehen, und dann zu vermitteln und Schritte für eine Zukunft mit mehr Gerechtigkeit für alle Menschen im Heiligen Land vorzuschlagen. Unsere Spiritualität bietet konkrete Mittel zur Versöhnung und Heilung", sagte Pater Rutishauser der italienischen Ausgabe des „Osservatore Romano" (12. Juli).

Jesuiten aus aller Welt (Foto: privat, Felix Körner SJ)
Jesuiten aus aller Welt (Foto: privat, Felix Körner SJ)

„Schritte für eine Zukunft mit mehr Gerechtigkeit für alle Menschen im Heiligen Land vorschlagen“

Austausch nicht nur untereinander

Die Jesuiten der beiden Gruppen tauschten sich untereinander aus und trafen zudem jüdische und islamische Fachleute sowie Religionsrepräsentanten vor Ort. So gab es etwa Treffen mit dem orthodoxen Rabbiner von Sachsen-Anhalt, Daniel Fabian, und am jüdisch-liberalen Abraham-Geiger-Kolleg mit Rabbi Andreas Nachama. „In Deutschland sind Kontakte zwischen orthodoxen und liberalen Rabbinern selten. Unser Dialog trägt auch dazu bei, Brücken innerhalb der jüdischen Community zu bauen", so Pater Rutishauser.

Berlin für interreligiösen Dialog prädestiniert

Berlin kam dabei als Treffpunkt besondere Bedeutung zu, erklärte Pater Felix Körner SJ, der sich auf moderne islamische Theologie und islamisch-christlichen Dialog spezialisiert hat und an der Humboldt-Universität Berlin, am Institut für Katholische Theologie, lehrt: „Berlin ist für beide Gruppen ein Zentrum: Hier wude der Holocaust geplant, Berlin ist Ort der Erinnerung und Trauer, aber auch Heimat wissenschaftlicher Neuansätze für jüdische Studien ebenso wie für Koranforschung." In der Region – in Potsdam und an der Humboldt-Universität – haben zudem fast gleichzeitig Jüdisch-, Katholisch- und Islamisch-theologische Institute eröffnet.

„Heimat wissenschaftlicher Neuansätze für jüdische Studien ebenso wie für Koranforschung“

Aber gibt es einen typisch „jesuitischen" Ansatz für den Dialog? Pater Körner: „Wir sind ja selbst bunt, schon in unseren Ordens-Gemeinschaften vor Ort und erst recht als weltweite Gemeinschaft. Da übt man ständig den Dialog. Es gibt nicht die eine Jesuitenmeinung."

„Es gibt nicht die eine Jesuitenmeinung“

Es helfe, die Haltung anderer verstehen zu wollen. Bei den Treffen komme eine Gemeinschaft zusammen, die in Stille und Gebet verwurzelt sei, und „in der jeder die Erfahrung der ignatianischen Exerzitien gemacht hat". Das sei wohl die Grundlage für den geglückten Austausch, vermutet der Islamwissenschaftler. „In unseren Einsatzfeldern ist es oft besser, Spannungen auszuhalten, als Widersprüche einfach lösen oder gar auflösen zu wollen", so Pater Körner.

Jesuiten zum Nahostkonflikt: Verständnis als Basis

Mit Blick auf den Nahen Osten folge daraus: „Nicht auf einer einzigen Seite stehen, aber auch nicht gelähmt dastehen, sondern sich für das einsetzen, was Papst Franziskus in Jerusalem gefordert hat: zu lernen, den Schmerz des anderen zu verstehen." 

„Nicht auf einer einzigen Seite stehen, aber auch nicht gelähmt dastehen“

Hintergrund

Der Jesuitenorden (Gesellschaft Jesu - Societas Jesu, SJ) zählt heute knapp 14.000 Mitglieder - das wohl prominenteste ist Papst Franziskus. Der katholische Männerorden ist in 122 Nationen tätig. In fast allen Einsatzfeldern leben die Jesuiten dabei religiöse Vielfalt und regelmäßig gibt es internationale Treffen für Jesuiten mit ähnlichen Tätigkeitsfeldern. Die „Jesuits among Muslims"-Gruppe trifft sich seit den 1980-er Jahren; das erste Treffen der „Jesuits and Jews" gab es 1998. 

(or/vatican news - sst)

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16. Juli 2024, 12:20