Unser Sonntag: Jesus auf den Berg folgen!
Pater Lukasz Strytz-Steinert OCD, Rom
Siebzehnter Sonntag – im Jahreskreis
Evangelium Joh, 6, 1–5
Liebe Brüder und Schwestern,
Letzten Sonntag hat uns der Evangelist Markus erzählt, wie die Menschen aus ganz Galiläa zu Jesus strömten und an seinen Lippen hingen. Alle wollten bei ihm sein, ihm zuhören und alles aufsaugen, was er sie lehrte. Jesus und seine Jünger hatten kaum Zeit, sich auszuruhen oder etwas zu essen. Dennoch war Er wie ein guter Hirte für die Menschen da, er hatte Mitleid mit ihnen. Bei Markus folgt auf diese Szene vom letzten Sonntag die wunderbare Brotvermehrung.
Jesus will uns geben, was wir brauchen
Es ist also nicht der Erfolg, den er sich wünscht. Warum eigentlich nicht?
Wie ist es uns möglich, Jesus und seine Absichten zu verstehen? Und versteht Jesus uns? Das Johannesevangelium zeigt uns heute einen Jesus, der sehr souverän agiert. Er sieht die Menschen und ihre Bedürfnisse. Er merkt, dass sie nach dem langen Tag, den sie mit Ihm verbracht haben, nun auch Hunger kriegen. Jesus hat den ganzen Menschen im Blick, er weiß, was wir brauchen. Und er will es uns auch geben. Er will nicht nur, er kann uns auch das geben, was wir brauchen.
Zuerst konfrontiert Jesus aber Philippus mit der Frage, wie man den Hunger von so vielen Menschen stillen kann. Dem Apostel wird sofort klar, dass die Not groß und die Ressourcen äußerst knapp sind. Das vorhandene Geld reicht bei weitem nicht aus, um genügend Nahrung zu kaufen. Und die fünf Gerstenbrote und zwei Fische, die ein kleiner Junge bei sich hat, sind auch lächerlich wenig für eine so große Menschenversammlung.
Wer von uns kennt solche Situationen nicht, in denen die Not so groß, die Probleme so verwickelt und die Schwierigkeiten so unüberwindbar scheinen. Unsere Kräfte und Mittel kommen uns umso bescheidener vor.
Hier entscheidet sich unser Menschsein
Händeringend suchen wir nach einer Lösung und finden keine.Natürlich löst sich einiges von selbst, anderes muss nur relativiert oder entdramatisiert werden und wieder anderes können wir doch meistern, wenn wir uns anstrengen oder die nötige Hilfe bekommen.
Und dennoch gibt es Situationen, in denen wir mit unserem Latein am Ende sind. Probleme, für die es in dieser Welt wohl keine Lösung gibt. Und es gibt einen Hunger, der ungestillt bleibt. An solchen ausweglosen Situationen und unlösbaren Problemen entscheidet sich unser Menschsein. Finden wir zu tieferen Schichten des Vertrauens und der Menschlichkeit?
Oder werden wir von Schwierigkeiten zerrieben und zerbrechen wir an ihnen?
Die Menschen haben also Hunger und es gibt keine Möglichkeit, dieser Not abzuhelfen. Der Evangelist Johannes sagt, dass Jesus gelassen bleibt. Er blickt auf die Situation anders als Philippus, Andreas und die Jünger: „denn er selbst wusste, was er tun wollte“, lesen wir im Evangelium.
Er befiehlt den Menschen, sich auf dem grünen Gras hinzusetzen. Es ist ein vertrautes biblisches Bild: Jesus ist der gute Hirt, der seine Schafe auf grünen Auen weidet.
Wo Jesus ist, ist Überfluss
Da, wo Jesus ist, da herrscht keine Kargheit, da muss keiner hungern, sondern es ist alles in Überfluss da.
Jesus nimmt das wenige in die Hand, spricht ein Dankgebet und teilt es an die Menschen aus. Sie bekommen, so viel sie wollen, merkt der Evangelist an. Es bleibt sogar noch sehr viel übrig. Die Jünger sammeln ganze zwölf Körbe mit den Brotresten.
Kein Wunder also, dass das Volk begeistert ist und ihn als den lang ersehnten Propheten feiert und zum König machen will. Offensichtlich soll das gegen seinen Willen geschehen. Die Menschen versuchen, Jesus in ihre Gewalt zu bringen.
Sie wollen Ihn also in ihren Erwartungen und Plänen gefangen halten. Jesus entkommt jedoch aus dem goldenen Käfig, den sie ihm zugedacht haben. Er zieht sich auf den Berg zurück, um allein zu sein. Was ist also der Sinn dieses Brotwunders? Irgendwie stößt das Verhalten Jesu nicht nur die Menschen von damals vor den Kopf, sondern auch uns. Wir hätten uns gerne innerlich zurückgelehnt, um unseren Jesus als Held dieser Szene zu feiern. Er löst unsere Probleme, er stillt unseren Hunger und fertig. Warum muss es jetzt Ärger geben und er weg gehen?
Jesus auf den Berg folgen! Allein mit ihm sein und mit sich selbst
Statt sich aber aufzuregen, sind wir gut beraten, Jesus auf den Berg zu folgen, um dort allein zu sein: mit Ihm und mit sich selbst. Denn nur so ist ein tieferes Verständnis möglich.
Der Heilige Johannes vom Kreuz spricht davon, dass bei Jesus das Wichtigste nicht auf der Oberfläche liegt, sondern in der Tiefe verborgen ist. „So verborgen, dass eigentlich das meiste noch ungesagt und sogar unverstanden“ bleibt, sagt er, obwohl die Heiligen und Kirchenlehrer schon so viel von Ihm erkannt und ausgesprochen haben. Dieser heilige Mystiker will uns darin bestärken, unseren Glauben als einen mutigen Gang in die Tiefe zu verstehen und zu leben: in die Tiefe Gottes und in die eigene Tiefe.
Die Reichtümer Jesu
„Von daher – schreibt Johannes vom Kreuz – kann man sich in Christus immer noch viel mehr hinein vertiefen, denn er ist eine reichhaltige Mine mit vielen Schätzen in den Ausbuchtungen, in denen man, so sehr man sich auch hinein vertieft, weder einen End- noch einen Schlusspunkt findet, im Gegenteil: in jeder Ausbuchtung finden sich da und dort neue Adern mit neuen Reichtümern“.
Es sei gleich hinzugefügt, dass es sich hier keineswegs um ein frommes Glasperlenspiel handelt. Von religiösen Floskeln werden wir nicht satt. Der Heilige will uns dazu ermutigen, das Evangelium mit der eigenen Existenz auszukundschaften. Es sozusagen am eigenen Leib ausprobieren. Den Glauben, die Hoffnung und vor allem die Liebe zu wagen angesichts der einen oder anderen Durststrecke.
Glaube, Hoffnung und Liebe wagen
Denn nur so werde ich erfahren, wie Jesus mir zum Brot wird. Es ist eine große Verheißung des Evangeliums: Wenn mir seine am Kreuz geschundene Liebe zum täglichen Brot wird, dann werde ich menschlich, so wie er menschlich war. Diesen Erfolg will Jesus unter uns haben.
Liebe Schwestern und Brüder, Jesus kennt uns und versteht unsere Not. Es ist alles da, um in dieser Welt als glaubende, hoffende und liebende Menschen zu leben.
(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)
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