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Die schweizerische Jugendbewegung Adoray wird vom ehemaligen Schweizergardisten Samuel Rohn mitgeleitet Die schweizerische Jugendbewegung Adoray wird vom ehemaligen Schweizergardisten Samuel Rohn mitgeleitet 

Schweiz: Adoray und die Mission, Christi Kirche gemeinsam zu bauen

Samuel Rohn lebt für seine Vision einer lebendigen, jungen Kirche. Als Präsident des schweizweiten Adoray-Festivals und ehemaliger Schweizergardist setzt er Impulse, die weit über den Glauben hinaus Gemeinschaft und Sinn stiften. Wie das geht und Adoray an einer dynamischen Kirche mitbaut, wollten wir von ihm wissen.

Romano Pelosi – Vatikanstadt

Am 1. August feiern die Schweizerinnen und Schweizer ihre Nation, erinnern an die Gründung der Eidgenossenschaft 1291 und reflektieren über nationalen Zusammenhalt und die Rolle der Schweiz in Europa. Festzelte und Festredner prägen das Bild, auch in der Diaspora, wie etwa bei der Päpstlichen Schweizergarde in Rom. Dort wurde der 28-jährige ehemalige Schweizergardist Samuel Rohn von Gardekommandant Oberst Christoph Graf eingeladen, die Rede zu halten.

Zuvor hatte Graf in seiner Rede die Relevanz einer nachhaltigen Familienpolitik unterstrichen, um den „demografischen Winter“ und damit die Krise der Kirche anzugehen. Danach nennt er Samuel Rohn und Adoray - ein Ort für die abgehenden Gardisten, um nach ihrem Dienst in der Schweiz das Glaubensleben weiterhin zu pflegen, einer Schweiz, die immer mehr den Glauben beiseite legt. Rohn eröffnete mit dem sogenannten Schweizerpsalm, einem Lied, das nationale Identität wie auch religiöse Verbundenheit symbolisiert. Beides spiegelt sich in der Jugendbewegung Adoray: Sie widmet sich dem Lobpreis und der Vertiefung des Glaubens in der Schweiz. Adoray ist ein Zusammenschluss der Worte Adorare und pray, also anbeten und beten.

Der Podcast zum Nachhören: Samuel Rohn und Adoray

 

Samuel Rohn und Romano Pelosi, beide ehemalige Schweizergardisten, beim Interview in den Studios von Radio Vatikan
Samuel Rohn und Romano Pelosi, beide ehemalige Schweizergardisten, beim Interview in den Studios von Radio Vatikan

 

Das Sehnen nach dem gemeinsamen Gebet: „Verso l'alto“

Samuel Rohn, Schweizergardist von 2017 bis 2019, stammt aus Basel und studiert Architektur in Chur. Zentrum seines Ehrenamtes neben dem Studium ist Adoray, eine 2004 in Zug gegründete Jugendbewegung. In Zug und Luzern entstand der Wunsch nach einer größeren Lobpreisgruppe. Zwei Freundesgruppen schlossen sich zusammen und suchten Unterstützung beim Kloster der Gemeinschaft der Seligpreisungen in Zug. Sie baten um Hilfe bei der Gründung einer solchen Gruppe, die jetzt in 14 Orten in der Schweiz aktiv ist.

Überraschenderweise teilte das Kloster ihnen mit, dass es bereits seit einem Jahr für genau diese Initiative gebetet hatte. Diese Fügung führte schließlich zur Entstehung der Lobpreisbewegung. „Die Vision heute trägt den Titel Verso l'alto - also: in die Höhe - und ist inspiriert von Pier Giorgio Frassati, der nächstes Jahr heiliggesprochen wird", erklärt Samuel Rohn. Der junge Norditaliener Frassati habe sich nach einer lebendigen und heutigen Kirche gesehnt, „die auf Christus, unsere Hoffnung ausgerichtet ist, Freude und Schönheit ausstrahlt und vor allem die Gesellschaft fruchtbar und nachhaltig mitprägt". 

„Ich bin überzeugt, Glauben kann man nicht alleine leben“

Die Vielfalt einer katholischen Jugendbewegung

Nach seinem Dienst im Vatikan suchte Rohn in der Schweiz nach einem Ort, um seinen Glauben und seine religiösen Überzeugungen weiter auszuleben. Adoray war ihm bereits bekannt, doch nun wollte er sich aktiv einbringen. „Ich bin überzeugt, Glauben kann man nicht alleine leben. Diese Gruppe habe ich für mich neu entdeckt und ich wurde schnell gebeten, beim Adoray-Festival mitzuwirken. Gemeinsam mit einem Freund gestaltete ich das Programm und übernahm Verantwortung in einem großartigen jungen Team. Heute habe ich die Ehre, das Präsidium zu führen – eine Arbeit, die mir besonders am Herzen liegt, da sie den Jugendlichen die Möglichkeit gibt, Gott näher kennenzulernen.“

Der Kommandant der Schweizergarde, Oberst Christoph Graf, hat Samuel Rohn zur 1. August-Feier in die Kaserne eingeladen, um von Adoray zu berichten
Der Kommandant der Schweizergarde, Oberst Christoph Graf, hat Samuel Rohn zur 1. August-Feier in die Kaserne eingeladen, um von Adoray zu berichten

 

Adoray bietet den Jugendlichen vielfältige Möglichkeiten, ihren Glauben zu erleben. Heute treffen sich junge Menschen an 14 Orten in der Schweiz ein- bis viermal im Monat zu Lobpreisabenden. Im Lauf der Zeit sind zahlreiche Veranstaltungen entstanden, die das Gemeinschaftsgefühl und den Glauben stärken. Ein Highlight ist das viertägige Adoray-Festival, das jährlich im Oktober in Zug stattfindet. Dort sprechen internationale Gäste und bieten neue Perspektiven für die Glaubenspraxis im Alltag. Ergänzend gibt es Freizeitangebote wie den Adoray-Sporttag, das Adoray-Segelschiff, auf dem Freunde gemeinsam segeln, und die Adoray-Randonee, eine Gruppenwanderung.

Glauben ausleben, jenseits der Kirchenbänke

Wie kann Adoray die Jungen „abholen“ und sie in ihrer spirituellen Entwicklung unterstützen? Rasch wird klar, dass Rohn mit Adoray ein Ziel hat, das hinausgeht über rein religiöse Bildung und Praxis: „Den Glauben leben, das ist ein Weg, ein Unterwegssein, ein Gemeinsam-Unterwegs-Sein. Ich bin überzeugt, dass man sehr wachsen darf. Das ist auch das Ziel von Adoray.“

„Ich glaube, den Glauben leben, das ist ein Weg, ein Unterwegssein, ein Gemeinsam-Unterwegs-Sein. Wir sehnen uns nach Jugendlichen, die die Gesellschaft mitprägen“

Doch Adoray will die Jungen auch dazu animieren, aktive Protagonisten im Mitprägen unserer Gesellschaft zu sein, einer Gesellschaft zuweilen in der Schweiz, welche säkularer wird. Adoray will die Passivität der Kirchenbänke abschütteln, legt Rohn dar: „Das heißt, die Jugendlichen sollen in eine Rolle hineinwachsen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir lernen, Verantwortung zu übernehmen in unserer Gesellschaft. Dass wir aktiv am Reich Gottes mitbauen, nicht einfach nur passiv in den Kirchenbänken sitzen und konsumieren. Das kann das Adoray sehr gut. Und so sehe ich auch, wie die einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer wirklich wachsen dürfen. Nicht nur wachsen in ihrem Glauben, sondern auch im Dienst und wie sie Verantwortung übernehmen.“

Der Turiner Pier Giorgio Frassati soll während dem Heiligen Jahr 2025 von Papst Franziskus heiliggesprochen werden - Adoray hat sein Lebensmotto übernommen: Verso l'alto
Der Turiner Pier Giorgio Frassati soll während dem Heiligen Jahr 2025 von Papst Franziskus heiliggesprochen werden - Adoray hat sein Lebensmotto übernommen: Verso l'alto

„Dass wir aktiv am Reich Gottes mitbauen, nicht einfach nur passiv in den Kirchenbänken sitzen und konsumieren.“

Raus aus einer Verteidigungshaltung

In einer Zeit voller Herausforderungen und Wandel spricht Samuel Rohn mit einer Klarheit und Entschlossenheit, die an die führenden Stimmen der Kirche erinnert. Er betont, dass Offenheit und die Bereitschaft, auf alle Menschen zuzugehen, von zentraler Bedeutung sind – „aprite, spalancate le porte a Cristo“, reißt die Türen auf für Christus - die Worte Johannes Paul II. hallen nach. Doch ebenso wichtig sei es, die Grenzen und Kernwerte der Kirche deutlich zu machen, ganz im Sinne des Papstes, der immer wieder klare Positionen bezieht.

Rohn erkennt sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen, die vor der katholischen Kirche liegen, und fordert dazu auf, nicht so passiv und lasch zu bleiben: „Ich glaube, diese Offenheit und Bereitschaft für alle ist wichtig. Und trotzdem darf man auch sagen, was Teil der Kirche ist und was nicht – wie der Papst, der in vielen Punkten auch immer klar kommuniziert. Ich sehe viele Herausforderungen, aber ich glaube, auch viele Chancen zu sehen. Es sind die Chancen, die die katholische Kirche hat, die Kirche allgemein hat. Und auf diese Chancen sollten wir uns fokussieren. Nicht immer nur eine Verteidigungshaltung einnehmen, sondern mit Freude erzählen, was diese Welt eigentlich hören muss: Das Evangelium verkünden, die Freude leben, mit Freude am Leben leben, und die steckt auch alle an. Und selbstverständlich muss man auch Vorsicht walten lassen.“

„Nicht immer nur eine Verteidigungshaltung einnehmen, sondern mit Freude erzählen, was diese Welt eigentlich zu hören braucht: Das Evangelium verkünden, die Freude leben mit Freude am Leben leben, und die steckt auch alle an“

Adoray: Plattform der Wiederbegegnungen

Ein besonders inspirierendes Erlebnis für Samuel Rohn war die Begegnung mit Mutter Claire, der Oberin der Franciscan Sisters of the Renewal aus den Bronx, beim Adoray-Festival vor drei Jahren. Zu seiner Überraschung erkannte Rohn eine der beiden Schwestern, die sie begleitete, wieder – eine freudige und unerwartete Wiederbegegnung, die ihn an seine Zeit bei der Schweizergarde erinnerte. Diese Momente der Verbundenheit und des geteilten Glaubens machen Adoray für Rohn so besonders. Neben den Vorträgen bietet das Festival viel Raum für kreative Aktivitäten, Bildungsthemen und Freundschaft – eine Mischung, die Adoray zu einer einzigartigen und bereichernden Erfahrung macht.

Adoray ist in 14 schweizerischen Orten aktiv. Vom 10.-13. Oktober findet im zentralschweizerischen Zug das alljährliche Adoray-Festival statt
Adoray ist in 14 schweizerischen Orten aktiv. Vom 10.-13. Oktober findet im zentralschweizerischen Zug das alljährliche Adoray-Festival statt

Bei Adoray gemeinsam am Reich Gottes bauen

Bei Adoray bemüht man sich um einen engen Austausch mit der Gesellschaft und der Kirche, insbesondere mit der Bischofskonferenz der Schweiz. Jährliche Treffen mit Jugendbischof Alain de Raemy sind Teil dieses Dialogs. Während mehr Unterstützung, vor allem finanzieller Art, wünschenswert wäre, betont Samuel Rohn: „Ich glaube, in diesem großen Puzzle der katholischen Kirche in der Schweiz, das oftmals sehr verstrickt ist, haben auch die Pfarreien ihre eigenen Herausforderungen.“

„Schlussendlich ziehen wir am gleichen Strang. Wir sind gemeinsam unterwegs. Wir bauen alle am Reich Gottes und an der Kirche. Wir wollen keine eigene Kirche sein“

Adoray sieht sich nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung, die gemeinsam mit der Kirche daran arbeitet, Jugendliche zu stärken und sie zur aktiven Teilnahme in ihren Pfarreien zu ermutigen: „Schlussendlich ziehen wir am gleichen Strang. Wir sind gemeinsam unterwegs. Wir bauen alle am Reich Gottes und an der Kirche. Wir wollen keine eigene Kirche sein. Und schlussendlich ist das Ziel, dass diese Jugendlichen, die bei Adoray sind, sich auch wieder einbringen im Leben der Pfarrei, in der Kirche vor Ort, vielleicht eines Tages eine Familie gründen dürfen und das, was sie gelernt haben bei Adoray oder diese Freundschaften, die sie pflegen, in den Alltag mitzunehmen.“

Adoray und die Kirchenaustritte: „Glaube mit Tiefgang“

Samuel Rohn sieht in Adoray nicht nur eine Jugendbewegung, sondern ein wesentliches Element für die Zukunft der Kirche in der Schweiz. Die langfristige Wirkung, die er sich für die Teilnehmenden erhofft, ist tiefgreifend: Er möchte, dass die Jugendlichen im Glauben wachsen, tiefe Freundschaften knüpfen und eine innige Beziehung zu Jesus aufbauen. Adoray soll jene, die mitmachen, für die Herausforderungen unserer Zeit rüsten, ihnen Mut geben und ihnen helfen, ihre Identität in Gott zu finden. So sollen sie zu lebendigen Zeugen für die Kirche und für Christus werden, zu „Salz und Licht dieser Welt – mit Tiefgang, nicht oberflächlichem Glauben“.

„Die Zukunft der Kirche in der Schweiz sind nicht nur die Jungen, das sind auch unsere Eltern und Grosseltern. Da gehören eigentlich alle dazu. Weil Christus baut seine Kirche mit uns allen“

Angesichts der wachsenden Zahl von Kirchenaustritten in der Schweiz betont Rohn, dass die Zukunft der Kirche nicht nur von den jungen Menschen abhängt, sondern „auch unsere Eltern und Großeltern gehören dazu. Denn Christus baut seine Kirche mit uns allen.“ Adoray sei kein isoliertes Phänomen, sondern ein „entscheidendes kleines Puzzleteil in dieser großen Kirchenlandschaft der Schweiz“.

Um den Kirchenaustritten entgegenzuwirken, ist für Rohn Authentizität entscheidend. Er betont: „Authentisch sein. Das vertreten, was die Kirche wirklich ist. Die Freude und die Schönheit zeigen und leben, auch in die Welt hinausgehen, von Christus erzählen, dieses ansteckende Feuer.“ In einer Zeit, in der die Welt Jesus mehr denn je brauche, sieht er in Adoray eine Bewegung, die es ermöglicht, diese Botschaft zu lernen, zu leben und weiterzugeben.

Samuel Rohn: Vom Dienst für den Papst zur Mission für die Jugend – seine Hingabe für den Glauben vereint sich in der Schweizergarde und Adoray
Samuel Rohn: Vom Dienst für den Papst zur Mission für die Jugend – seine Hingabe für den Glauben vereint sich in der Schweizergarde und Adoray

Adoray bietet Jugendlichen eine Plattform, die sowohl Spiritualität als auch jugendliche Dynamik vereint. Um die Jugend 2024 mitreißen zu können, müssen Themen angesprochen werden, die sie wirklich beschäftigen – wie Sexualität, Social Media und vor allem die Suche nach Identität. Samuel Rohn betont: „Es ist immer ein Mix, es braucht beides. Wenn es nur zu spirituell ist, dann schläft man ein.“

„Adoray ist tief verankert in der katholischen Kirche und vertritt ihre Lehren ohne dabei politisch verkrampft zu werden. Es braucht weise und kluge Kommunikation, aber auch einen klaren Standpunkt“, so Rohn weiter. So bleibt Adoray authentisch und relevant, indem es den Glauben der Kirche mit den Bedürfnissen der jungen Generation verbindet.

„Seid einig, einig, einig“

Samuel Rohn eröffnete sein Referat mit einem Bezug auf das eidgenössische Gedankengut, das bereits in Schillers Wilhelm Tell Ausdruck fand – „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern“ und „Seid einig, einig, einig“. Diese Werte der Einheit spiegeln die Vision von Adoray wider: eine Gemeinschaft junger Gläubiger zu schaffen, die fest im Glauben verwurzelt ist und gemeinsam für eine lebendige und vereinte Kirche eintritt.

In Zeiten der kirchlichen Krise bieten Bewegungen wie Adoray Hoffnung. Sie zeigen, wie die Kirche durch stärkeren Gemeinschaftssinn, Aktivität und authentisches Glaubensleben neu belebt werden könnte. Inspiriert von Pier Giorgio Frassati, der die Berge als Symbol für das Streben nach Gott und höhere Ideale sah, ermutigt Adoray junge Menschen, ihren Glauben mit derselben Leidenschaft und Entschlossenheit zu leben, wie Frassati die Gipfel erklomm.

„Verso l’alto“ – das Streben nach oben – ist der Kern von Adorays Mission. Diese Bewegung zeigt, wie die Kirche sich stärker auf die Bedürfnisse junger Gläubiger ausrichten könnte, indem sie den Glauben nicht nur in den Kirchenbänken, sondern durch gemeinschaftliches Handeln lebendig hält. Wie Frassati die Berge bestieg, um Gott näher zu kommen, schafft Adoray eine dynamische Gemeinschaft, die den Glauben lebt und die Welt positiv verändert – ein klares Vorbild für die Zukunft der Kirche.

Für mehr Informationen zu Adoray und dem Adoray-Festival:

https://www.adoray.ch/

https://www.adorayfestival.ch/de/startseite/

(vatican news)

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19. August 2024, 10:18