Suche

Bundeshaus in Bern Bundeshaus in Bern  (ANSA)

Schweiz: Nationalrat thematisiert Schutzkonzepte gegen Missbrauch

Der Nationalrat hat am Mittwoch sechs Motionen betreffend Missbrauch angenommen. Diese fordern ein standardisiertes und verbindliches Schutzkonzept für Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Kritische Stimmen sehen darin ein Manöver, das auf die katholische Kirche abzielt.

Sechs Motionen, also Anträge nach Gesetztesänderungen, aus sechs politischen Parteien sowie ein Postulat wurden im Nationalrat von einer großen Mehrheit angenommen. Die Texte verlangen, dass der Bundesrat ein standardisiertes und verbindliches Schutzkonzept zur Verhinderung von sexuellem, psychischem oder physischem Missbrauch einführt. Dieses soll Einrichtungen betreffen, die mit Jugendlichen, Kindern oder anderen gefährdeten arbeiten. Dazu gehören unter anderem Kirchen, Schulen, Vereine oder Sportorganisationen. Die Motionäre wollen Missbrauch vorbeugen, indem die Institutionen besser wissen, wie sie im Falle eines Problems vorgehen müssen, insbesondere bei der Unterstützung von Opfern.

Die Sozialdemokratin Tamara Funiciello ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Vorstoß. Sie schlägt die Erstellung von Leitfäden vor, insbesondere mit einer Vorgabe des richtigen Verhaltens, wenn ein Missbrauch vermutet oder angezeigt wird. Zudem helfe auch ein Dokument, das die Person nennt, die im Falle eines Missbrauchs zu informieren ist, auf die möglichen Folgen für das Opfer und den Täter hinweist und den richtigen Weg aufzeigt, um eine betroffene Person in Sicherheit zu bringen.

Funiciellos Ziel war es, Druck auf den Bundesrat (Regierung) auszuüben, während die Kantone in deren Zuständigkeitsbereich solche Fälle fallen, der Passivität beschuldigt werden. So meint Tamara Funiciello: „Die Kantone haben zwar wichtige Vorrechte im Bereich des Missbrauchs, aber die Mehrheit tut nichts oder zu wenig. Es ist zu einfach zu sagen, dass die Sicherheit von Kindern oder gefährdeten Personen in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt, wenn diese in ihrer Aufgabe versagt haben."

Unterschwelliges Ziel

Für einige Abgeordnete, hauptsächlich aus der rechtsnationalen SVP, hatten die Motionen jedoch das unterschwellige Ziel, die katholische Kirche anzugreifen. Tatsache ist, dass der Ursprung dieses kollektiven Vorgehens eine parlamentarische Initiative der Grünliberalen Kathrin Bertschy war, die nur auf die Kirche abzielte. Die Kommission für Rechtsfragen hielt es jedoch für besser, eine breitere Sichtweise einzunehmen. So reichte sie ein eigenes Postulat ein, das den Bundesrat mit einem Bericht über den gesetzgeberischen Handlungsbedarf beauftragt. „Der Bundesrat sollte in der Lage sein, die Anzahl und Art der Fälle zu erfassen, zu verstehen, wie sie behandelt wurden und welche Massnahmen ergriffen wurden. Auf dieser Grundlage sollten wir konkrete Hinweise erhalten, um effektiv voranzukommen", stellt der Präsident der Kommission, der Genfer Zentrist Vincent Maitre, fest.

Alle Katholiken zur Verantwortung ziehen?

Nicolas Kolly, ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Schweizergarde und SVP-Nationalrat, kritisierte den Vorschlag von Kathrin Bertschy in „Le Courrier" Die Motion „wollte die Verantwortung für Taten, die innerhalb der katholischen Kirche begangen werden, der Institution, also der Gesamtheit der Katholiken aufbürden". Zudem verteidigte er die von den Bischöfen ergriffenen Maßnahmen. „Seit Jahrzehnten ist die Botschaft der Kirche jedoch klar: Jede Tat muss der weltlichen Justiz gemeldet werden. Das ist das, was die Kirche wie jede Institution gesetzlich tun muss, und das tut sie auch", so Nicolas Kolly.

Kantone sollen Gesetz anwenden

Der Nationalrat erinnert zudem daran, dass die Kantone einfach das Gesetz anwenden müssen, „das bereits klar ist". Er weist darauf hin, dass es in den Kantonen sehr unterschiedliche Situationen gibt, die eine Regelung auf Bundesebene unrealistisch machen. Er betont, dass die Kirchen in einigen Kantonen öffentlich-rechtlich anerkannt sind und in anderen nicht.

Altersgrenze für Unverjährbarkeit von 12 auf 16

Nicht nur Sexualstraftaten an Kindern, sondern auch an Jugendlichen sollen unverjährbar sein. Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Motion angenommen, die die Altersgrenze für Unverjährbarkeit anheben will. Sexualstraftaten sollen gemäss der Motion von Mike Egger (SVP/SG) nicht verjähren, wenn das Opfer unter 16 Jahre alt ist. Heute liegt die Altersgrenze bei zwölf Jahren. Hintergrund der Forderung seien die Berichte über sexuellen Missbrauch im Umfeld der römisch-katholischen Kirche, schreibt die Nachrichtenagentur SDA. Der Nationalrat hat die Motion demnach mit 101 zu 75 Stimmen bei 16 Enthaltungen angenommen. Der Bundesrat hatte sich dagegen ausgesprochen. Die Motion geht an den Ständerat.  

(kat.ch - mo)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

14. September 2024, 12:41