„Rom ist kein Gegner“: Interview mit Bischof Bätzing
Stefan v. Kempis – Vatikanstadt
Der Untertitel des Buchs, das in diesen Tagen im Herder-Verlag erschienen ist, lautet „Warum die Kirche Reformen braucht“. Im Gespräch mit Stefan Orth, dem Chefredakteur der „Herder Korrespondenz“, macht Bischof Bätzing von seiner Biografie, aber auch von seiner Spiritualität her plausibel, warum Vielfalt und Einheit in der Kirche zusammengehören und wie sich diese Spannung aushalten lässt. Das Buch bietet allen, die sich für die Zukunft der katholischen Kirche interessieren, wichtige Aufschlüsse.
Interview
Herr Bischof, Rom ist kein Gegner – was ist Rom für Sie?
„Rom ist Familie! Wir sind Teil der Weltkirche. Als Bischof eines Bistums hat mich der Heilige Vater ernannt und mir die Verantwortung übergeben, und ich lebe meinen Dienst in Verbindung mit dem Heiligen Vater. Und Rom ist Teil der Weltkirche…“
Aber es ist nicht selbst die Weltkirche, wie Sie gerade eben bei der Buchvorstellung betont haben…
„Ja, das ist natürlich klar: Man darf Rom, die römische Zentrale, nicht mit der Weltkirche verwechseln. Weltkirche: Das haben wir jetzt (bei der Weltsynode) erlebt. Aus allen Ländern, aus allen Bischofskonferenzen, aus allen Kontinenten kamen Menschen zusammen mit ihren Erfahrungen, mit ihren Bedrängnissen, mit ihren kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründen und haben etwas zusammengetragen. Das ist ein weltkirchliches Ereignis. Weltkirche ist die ganze katholische Kirche; Rom ist Teil davon.“
Wie viel Rom braucht die Kirche in Zukunft? Muss sie stärker dezentralisiert werden? Oder ist es schlimm, wenn auf einmal Rom nichts mehr zu sagen hat?
„Also, wenn ich dem Papst folge, dann braucht es weniger Rom! Denn es braucht ein anderes Rom. Die römischen Dikasterien sollen nicht zwischen dem Papst und den Bischöfen stehen, sondern sozusagen Dienstleister beider sein, um die Kommunikation flüssig zu halten, um die Kommunikation auch unter den Teilen der Weltkirche flüssig zu halten. Das ist die wichtige Aufgabe. Wir brauchen diese Dikasterien, und gleichzeitig braucht es Dezentralisierung. Das ist ein Stichwort, dass der Papst von Anfang an seines Pontifikats immer wieder genannt hat. Das heißt: Kompetenzen in den lokalen Kirchen, in den Ortskirchen, in den Bischofskonferenzen. Das ist seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil noch nicht wirklich ausreichend entwickelt und braucht Entwicklung. Das erhoffe ich mir auch im Zuge der synodalen Kultur, die wir jetzt einüben.“
Wo wird Rom in zwanzig Jahren stehen, wenn das Synodale in der Kirche weitergeht? Wird es wie der alte Opa wirken, der aus der Ferne immer wieder dazwischenfährt, oder wie ein eher wolkiges, einheitliches Element, auf das man sich mal beziehen kann? Oder doch wie jemand, der noch was zu sagen hat?
„Also, wir brauchen ein starkes Einheitsamt. Das ist auch in der Synode nochmal deutlich geworden. Wir wollen nicht das Schicksal von Kirchen erleben, die sich angesichts bestimmter Fragen auseinanderdividieren. Die Stärke der katholischen Kirche ist ihre Einheit. Aber Einheit heißt nicht Einheitlichkeit, sondern Vielfalt, die einander wertschätzt. Und das muss entwickelt werden – da hat die römische Kurie einen Dienst zu leisten. Und insofern glaube ich: Je mehr sich die römische Kurie in ihrer Kultur, in ihrem Stil des Arbeitens verändert und synodaler wird, umso mehr kann sie einer synodalen Kirche auch bei ihrer Sendung helfen.“
Die Angaben zum Buch: Georg Bätzing, Rom ist kein Gegner – warum die Kirche Reformen braucht. Herder Verlag, ca. 19 Euro.
(vatican news)
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