Stimmen zur Synode: Streitfragen und Lob der Gesprächskultur
Als Teilnehmer der synodalen Einkehrtage im Vatikan hat Pfarrer Thomas Schwartz ein positives Fazit zur dortigen Gesprächskultur gezogen. Das schreibt er in einem Blogeintrag für das Portal katholisch.de. „Selten habe ich über solche auch bei uns mitunter sehr kontrovers diskutierten Themen so geschwisterlich, wertschätzend und gut sprechen können“, lobt der Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerk Renovabis den zweitägigen Austausch, der der Synode am Montag und Dienstag vorgeschaltet war und der nun bei der eigentlichen Weltsynode weitergehen soll.
Unterschiede benennen und verstehen
Als Beispiel zwei kontroverser Themen, die bei den Einkehrtagen in diesem positiven Gesprächsstil zur Sprache gekommen seien, nennt Schwartz Polygamie und Homosexualität. Dazu sei benannt worden, dass diese Themen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten jeweils völlig verschiedene Reaktionen hervorriefen. „Was in einem afrikanisch geprägten Kulturraum als wertvoll und zutiefst menschlich angesehen werde, stoße in einem westeuropäisch-nordamerikanischen Kontext auf völliges Unverständnis und auf energische Ablehnung“, referiert Schwartz. „Verantwortlich seien dafür nicht ideologische Frontstellungen, sondern kulturelle und anthropologische Unterschiede, die man wahrnehmen und denen man sich stellen müsse“, berichtet er weiter.
Wie aus der Erfahrung solcher Gespräche wirklich ein Schlussdokument für die Weltsynode entstehen könne, sei „die große Frage“, merkt der Blog-Autor weiter an. Es gelte nun, diesen „geschwisterlichen Spannungsbogen“ aufrechtzuhalten und zu einer „tragfähigen Brücke zwischen den Kulturen in unserer einen Kirche“ zu machen, formuliert er weiter.
Einige Themen ausgeklammert
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck bedauert, dass Streitfragen wie die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern nicht zum offiziellen Programm der Weltsynode gehören. „Die merkwürdige Ausklammerung bestimmter Lebensbereiche aus der Diskussion ist nicht richtig - auch dann nicht, wenn man meint, diese Themen seien für die Ewigkeit entschieden und daher nicht mehr diskutabel“, zeigt er sich in einem Interview des Onlineportals „Kirche und Leben“ überzeugt. Overbeck ist einer der fünf Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz bei der an diesem Mittwoch beginnenden Weltsynode in Rom. Er sprach sich dafür aus, „unterschiedliche regional-kulturelle Lösungen zuzulassen“: „Einheit durch Verschiedenheit und in Verschiedenheit“ müsse möglich werden.
Ein Beispiel dafür sei der Ständige Diakonat für Männer, den Papst Paul VI. vor Jahrzehnten ermöglicht hatte. Dieser sei heute im deutschsprachigen Raum selbstverständlich, in anderen Teilen der Weltkirche aber noch nicht angekommen. „Trotzdem leben wir gut damit. Das wird auch für jene Fragen gelten, die wir lange für existenziell gehalten haben“, sagte Overbeck. „Zumindest in postmodernen Gesellschaften wie der unsrigen werden Fragen nach Sexualität und nach Partnerschaft vor allem entschieden werden nach ihrem Gelingen.“
Themen kommen vor - anders als erwartet?
Papst Franziskus hatte vor der Weltsynode entschieden, dass manche Fragen von externen Arbeitsgruppen debattiert werden sollen. Diese sollen laut Tagesordnung nicht direkt in die Debatten und Beschlüsse der Synode einmünden. Nach der Weltsynode liegt es nach den Worten Overbecks an den Ortskirchen, was aus dem nachsynodalen Schreiben des Papstes werden wird. „Wir werden sehen, welche Eigendynamiken die Kirchen vor Ort entwickeln. Sie werden sich ganz sicher nicht zentral steuern lassen, dafür sind die Themen zu divers und zu drängend.“
Nach Erfahrung von Schwester Anna Mirijam Kaschner, die auch an der Synode 2024 teilnimmt, hat die Methode des „Gespräches im Geist“ beim ersten Teil der Bischofssynode 2023 „sehr gut funktioniert“. Die Teilnehmer hätten gelernt, „den anderen nicht sofort in Schubladen zu stecken“ und stattdessen Vorurteile hinter sich zu lassen, „nachzuschauen, nachzuhören und zu erfahren, warum dieser Mensch diese Ansichten hat und ihn nicht sofort aufgrund seiner Meinung abzuurteilen“, wie die Ordensfrau im Interview mit dem Domradio Köln formulierte. Sie würde sich allerdings eine theologische Vertiefung des Begriffs wünschen, sagte sie anlässlich des Starts des zweiten Synodenteils. Denn es gehe auch darum, das Ganze letztlich auch den Gemeinden nahezubringen.
Der Eindruck, dass heikle Themen aus der Synode einfach rausgenommen worden seien, um bloß keine Konflikte entstehen zu lassen, „stimmt so nicht“, merkt Kaschner an. Sie denkt vielmehr, dass viele Themen wie etwa die Frage nach Rechenschaft und Transparenz, die in Bezug auf Missbrauch wichtig seien, weiterhin Teil der Synode sein werden, wenn auch in anderem Gewand. So werde es sicher Rechenschaftsberichte der Arbeitsgruppen über ihre Arbeit geben: „Und damit ist das Thema in der Synode.“ Auch die Frauenfrage, die als Thema jetzt ausgegliedert sei, werde „weiter Thema sein“, ist Kaschner überzeugt.
Kaschner war bereits beim ersten Teil der Synode 2023 Delegierte mit Stimmrecht, was bei früheren Synoden nur für Bischöfe möglich war. Sie berichtet, seit der Synode 2023 seien „Freundschaften über Kontinente und über Länder hinweg entstanden“ - deshalb freue sie sich „riesig, dass ich diese Leute jetzt wieder treffe“.
(vatican news – pr)
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