Missbrauchsfälle: Ein Tag des Gedenkens und der Verantwortung
Mario Galgano - Vatikanstadt
Thibault Verny, Erzbischof von Chambéry und Mitglied der vatikanischen Kommission für den Schutz von Minderjährigen, betonte in einem Interview mit Radio Vatikan die umfassende Relevanz dieses Themas für die Kirche und die Gesellschaft. „Diese Dramen, diese Sorge um den Schutz der Kinder und aller Menschen in der Kirche, betrifft die ganze Kirche“, erklärte Verny. Er hob hervor, dass die Kirche nicht isoliert von der Gesellschaft agiere und betonte die Bedeutung einer offenen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sowie die Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern.
Laurent Delvolve, ein französischer Rechtsanwalt, der mit der Französischen Bischofskonferenz zusammenarbeitet, sprach im selben Interview über die Notwendigkeit, auch schutzbedürftige Erwachsene besser zu schützen. Dabei verwies er auf bestehende Regelungen wie das vatikanische Dokument „Vos estis lux mundi“, das den Schutz von Erwachsenen bereits vorsieht, während dies jedoch noch nicht in das Kirchenrecht aufgenommen wurde. Delvolve lobte die Fortschritte in Frankreich, wo eine enge Zusammenarbeit zwischen Kirche und Justiz erreicht wurde. Diese „kulturelle Revolution“ habe es ermöglicht, gemeinsame Protokolle einzuführen, die sowohl den Opfern als auch den Beschuldigten gerecht würden. Dennoch warnte er vor der Übertragbarkeit solcher Ansätze auf andere Länder, da kulturelle Unterschiede teils erhebliche Hürden darstellen könnten.
Alarmierende Zahlen
Die Zahlen sexuellen Kindesmissbrauchs seien alarmierend: Allein in Deutschland wurden im vergangenen Jahr über 12.000 Fälle angezeigt – mehr als 30 pro Tag. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, wies darauf hin, dass das Dunkelfeld weitaus größer sei. Statistisch gesehen seien in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder von sexueller Gewalt betroffen. Rörig betonte die Bedeutung präventiver Erziehungsansätze, um Kinder zu stärken und Missbrauch vorzubeugen.
Papst Franziskus rief beim Angelusgebet am Sonntag auf dem Petersplatz dazu auf, für die Opfer und Überlebenden sexueller Gewalt zu beten. „Jeder Missbrauch ist ein Verrat am Vertrauen, ein Verrat am Leben!“, sagte der Papst. Er erinnerte daran, dass Gebet „unverzichtbar“ sei, um das Vertrauen wiederherzustellen, und schloss sich damit dem Anliegen der italienischen Kirche an, die einen eigenen Gebetstag für die Opfer begeht.
Die katholische Kirche in Deutschland lädt ebenfalls zu Gedenkgottesdiensten ein, um an die Leiden der Betroffenen zu erinnern. Der Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt soll nicht nur das Bewusstsein schärfen, sondern auch einen Dialog anstoßen, der langfristig zu einer sichereren Umgebung für Kinder und Schutzbedürftige beiträgt. Die Verantwortung, Kinder zu schützen, liege in den Händen aller – der Kirche, der Gesellschaft und jedes Einzelnen.
(vatican news)
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