Stefanos Athanasiou und Abt Nikodemus Schnabel Stefanos Athanasiou und Abt Nikodemus Schnabel 

1.700 Jahre Konzil von Nicäa: Einheit als Ziel, Hoffnung als Treibstoff

Papst Franziskus hat angekündigt, im kommenden Jahr anlässlich des 1.700-jährigen Jubiläums des Konzils von Nicäa in die heutige Türkei reisen zu wollen. Diese historische Zusammenkunft gilt als eines der zentralen Ereignisse in der Geschichte des Christentums, da dort wesentliche Glaubensgrundlagen festgelegt wurden. Dazu sprachen wir mit dem orthodoxen Theologen Stefanos Athanasiou und dem Benediktinerabt Nikodemus Schnabel.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Das geplante Gedenken wird nicht nur als Feier des gemeinsamen Erbes der Christenheit, sondern auch als ein starkes ökumenisches Signal verstanden. Für Stefanos Athanasiou, orthodoxer Theologe, ist die Bedeutung von Nicäa unbestritten: „Nicäa ist tatsächlich ein Konzil, auf das wir uns Christen aller Konfessionen einigen können. Es bildet das Fundament unseres gemeinsamen Glaubens.“ Besonders hervor hebt er die Rolle des Osterdatums, das 2025 erstmals seit langer Zeit wieder von Ost- und Westkirche gemeinsam gefeiert wird. Benediktinerabt Nikodemus Schnabel sieht in diesem Zufall eine Chance: „Die gemeinsame Feier von Ostern könnte ein Auftrag sein, endlich zu einer einheitlichen Lösung zu finden – ein wichtiger Schritt in Richtung Einheit.“

Die Situation im Heiligen Land verdeutliche die praktische Relevanz eines gemeinsamen Osterdatums. Dort, wo Christen nur eine kleine Minderheit ausmachen, führt das getrennte Feiern des zentralen christlichen Festes sogar innerhalb von Familien zu Spannungen. „Es ist ein Skandal der Glaubwürdigkeit, dass wir als Christen die Auferstehung Christi nicht gemeinsam feiern können“, kritisiert Schnabel.

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Ökumenische Zeichen in einer zerrissenen Welt

Die Einladung des Papstes, das Jubiläum gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios zu begehen, wird von Athanasiou als „starkes Zeugnis des christologischen Glaubens“ gewertet, besonders in einer Zeit zunehmender Säkularisierung. Dennoch bleibt Skepsis hinsichtlich einer schnellen Einigung. Athanasiou betont: „Die orthodoxe Kirche ist derzeit selbst von Konflikten geprägt, etwa durch die Ukraine-Krise. Dass in dieser Lage auch das Osterdatum diskutiert wird, erscheint fast unmöglich – doch Wunder sind immer möglich.“

Zeugnis des Friedens

In einer Welt, die von Konflikten wie in der Ukraine und dem Nahen Osten geprägt ist, sehen die Theologen die Christen in der Pflicht, glaubwürdige Friedensstifter zu sein. „Das Zeugnis eines gemeinsamen Osterns wäre eine kraftvolle Botschaft der Einheit und Versöhnung“, so Schnabel. Gleichzeitig warnt er vor einer Realpolitik, die die Prinzipien der Bergpredigt – Frieden und Gewaltlosigkeit – missachtet.

Die ökumenische Vision im Heiligen Land

Trotz der aktuellen Krise im Heiligen Land blicken beide Theologen hoffnungsvoll auf das Wiederaufleben des Theologischen Studienjahres in Jerusalem. Diese Institution, die seit über 50 Jahren Studierende verschiedener Konfessionen zusammenbringt, sei ein Leuchtturm der Ökumene. „Die Begegnungen mit Kirchenoberhäuptern und das Leben inmitten der christlichen Vielfalt sind prägende Erfahrungen“, erklärt Athanasiou.

Schnabel ergänzt: „Unser Traum ist ein noch breiteres ökumenisches Spektrum, bei dem auch orthodoxe und orientalisch-orthodoxe Studierende fester Bestandteil der Gemeinschaft werden.“ Dieses Ziel reflektiert das größere Anliegen, durch Bildung und Gemeinschaft Brücken zwischen den Konfessionen zu bauen.

Einheit als Ziel, Hoffnung als Treibstoff

Die geplante Reise des Papstes nach Nicäa und das ökumenische Engagement der Kirchen könnten einen neuen Impuls für die Annäherung zwischen Ost und West geben. „Es sind diese Zeichen des Glaubens und der Hoffnung, die uns ermutigen, weiter für Einheit und Frieden zu arbeiten“, resümiert Schnabel. Die Vision eines geeinten Christentums bleibt lebendig – getragen von der Überzeugung, dass die Botschaft der Auferstehung stärker ist als alle Trennungen.

(vatican news)

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30. November 2024, 12:33