Trümmer auf dem Flugfeld von Qamishli in Syrien Trümmer auf dem Flugfeld von Qamishli in Syrien 

Syrien nach Assad: Hoffnung und Skepsis im Machtwechsel

Der Machtwechsel in Syrien sorgt international - und gerade im deutschsprachigen Raum - für Diskussionen. Während einige Stimmen Rückkehrforderungen für Geflüchtete erheben, warnen Menschenrechtler vor voreiligen Entscheidungen. Frank Schwabe, Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, sieht Chancen und Risiken für das Land, das vor enormen Herausforderungen steht.

Mit dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad beginnt für Syrien eine neue, ungewisse Ära. Die neue Führung unter einem gemäßigt auftretenden Islamisten wird international aufmerksam beobachtet. Die deutsche Bundesregierung hat bereits erste Maßnahmen ergriffen: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Bearbeitung von rund 47.000 Asylanträgen aus Syrien vorläufig gestoppt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte: „Die Lage in Syrien ist sehr unübersichtlich. Konkrete Rückkehrmöglichkeiten sind derzeit nicht vorhersehbar.“

Zum Nachhören - Syrien nach Assad

In Deutschland entbrannte eine kontroverse Debatte. Während Politiker aus der Union sogenannte „Rückkehr-Anreize“ fordern, plädieren AfD und die Wagenknecht-Partei BSW direkt für die Rückkehr syrischer Schutzsuchender. Demgegenüber mahnen Menschenrechtler und Hilfsorganisationen zu Besonnenheit.

Erleichterung und Sorge

Frank Schwabe, Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, äußerte sich im Gespräch mit DOMRADIO.DE differenziert. Der Sturz Assads sei einerseits eine Erleichterung angesichts seiner Gräueltaten, andererseits bleibe die Sorge um das Handeln der neuen Machthaber. „Die Skepsis ist groß, aber es gibt auch ein wenig Hoffnung, dass der schlimmste Fall ausbleibt“, so Schwabe.

Besonders betroffen von den politischen Veränderungen seien religiöse Minderheiten. Die christliche Bevölkerung in Syrien, einst rund anderthalb Millionen Menschen stark, sei infolge des Bürgerkriegs auf wenige Hunderttausend geschrumpft. „Die Christen haben proportional am meisten gelitten und blicken mit großer Sorge in die Zukunft“, erklärte Schwabe. Auch Alawiten, Drusen, Jesiden und Kurden könnten unter der neuen Führung massiv unter Druck geraten.

Entscheidende Aufgabe

Die internationale Gemeinschaft stehe nun vor einer entscheidenden Aufgabe: „Die Bedingung muss sein, religiöse Vielfalt möglich zu machen“, forderte Schwabe. Eine mögliche Streichung der neuen syrischen Führung von internationalen Terrorlisten könnte den Weg für Wiederaufbauhilfe ebnen. Doch wie Afghanistan gezeigt habe, seien Zusicherungen solcher Machthaber oft brüchig.

Die deutsche Außenpolitik müsse klare Bedingungen an jede Form von Unterstützung knüpfen, betonte Schwabe. Bislang sei die Haltung Deutschlands sehr zurückhaltend gewesen, auch gegenüber Bitten christlicher Gemeinden in Syrien. Eine positive Entwicklung der neuen Regierung könnte allerdings Anlass zu einem Ausbau des Engagements geben.

Syrien stehe an einem historischen Wendepunkt, doch der Weg in eine stabile und inklusive Zukunft sei ungewiss. Der internationale Druck, die Rechte religiöser und ethnischer Minderheiten zu wahren, werde entscheidend sein, um das Land wiederaufzubauen und eine erneute humanitäre Katastrophe zu verhindern.

(domradio/kna - mg)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

10. Dezember 2024, 10:18