3. Advent 3. Advent 

Unser Sonntag: Was sollen wir tun?

Dr. Dietrich Bäumer fragt in dieser ersten Betrachtung, was Johannes uns heutigen Menschen ins Stammbuch schreiben würde. Die Frage „Was sollen wir tun“ stellt sich akut im Heiligen Land.

Dr. Dietrich Bäumer

3. Adventssonntag (Lk 3,10-18) 

Das Evangelium des heutigen 3. Adventssonntages stellt den 2. Teil der Erzählung über Johannes den Täufer dar und folgt damit unmittelbar dem Evangelium vom vergangenen Sonntag. Im ersten Teil predigte Johannes Umkehr. Heute hören wir von den Reaktionen der Menschen auf die Predigt des Johannes.

Hier zum Nachhören

Sie nehmen seine Aufforderung zur Umkehr ernst und stellen Johannes, der die Menschen zur Vorbereitung auf das Kommen des Messias auffordert, die entscheidende Frage „Was sollen wir also tun ?“
Im Evangelium antwortet Johannes ganz praktisch. Er sagt: Wer zwei Gewänder hat, soll eines davon dem geben, der keines hat. Wer zu essen hat, soll mit dem teilen, der hungrig ist. Zöllner und Soldaten fordert er auf, gerecht zu handeln, niemanden zu erpressen und sich mit ihrem Sold zu begnügen.

Die Betrachtung zum Sonntagsevangelium im Video

Einfache, konkrete Taten

Johannes ruft zu konkreten, einfachen Handlungen der Gerechtigkeit und Nächstenliebe auf. Doch er deutet auch darauf hin, dass jemand Größeres kommen wird – der Messias, der die Herzen durch den Heiligen Geist erneuern wird.
Johannes gibt hier keine Anweisungen zur Einhaltung komplexer Gebote oder Verbote und schwieriger Regeln. Nein, jene „Anweisungen“ und Ratschläge, die Johannes gibt, orientieren sich schlicht und einfach an dem Gebot der Gottes- und Nächstenliebe. Wer Gott und den Nächsten liebt, für den ergeben sich eigentlich die Ratschläge des Johannes fast selbstverständlich, wenn er im Einklang mit den göttlichen Geboten leben will.

„Müsste Johannes heute erwarten, belächelt zu werden, und ein eiskaltes „das ist mir völlig gleichgültig zur Antwort bekommen?“

Was würde Johannes uns heute ins Stammbuch schreiben und wäre die Reaktion der Menschen heute auf seinen Aufruf zur Umkehr die Gleiche wie damals, also die Frage : „Was können wir tun ?“ Oder würde die Reaktion heute eher völlig gleichgültig ausfallen, müsste Johannes heute erwarten, belächelt zu werden, und ein eiskaltes „das ist mir völlig gleichgültig“ oder „Hauptsache, mir geht’s gut“ zur Antwort bekommen ?
Sie alle kennen sicherlich auch derartige Reaktionen mit denen man heute Appellen an das Gewissen oder Aufrufen zur Umkehr begegnen würde.

Was sollen wir tun? Die Frage stellt sich besonders jetzt im Heiligen Land

Wenn wir das Evangelium aus Lukas 3 hören, spüren wir jedenfalls, die Frage der Menschen „Was sollen wir tun ?“ ist nicht nur damals von Bedeutung, sondern auch heute, hier übrigens im Heiligen Land, ganz konkret, wo sich diese Frage immer wieder stellt angesichts der Herausforderungen, vor denen man hier steht. Viele Menschen leben seit Kriegsbeginn in Armut und großer Sorge um ihre Zukunft. In der Westbank leiden zahlreiche Familien unter Arbeits- und Perspektivlosigkeit.

„Der „Graben“ zwischen Palästinensern und Israelis ist tiefer und der Vertrauensverlust größer geworden“

Gewalt und Konflikte bestimmen häufig den Alltag, der „Graben“ zwischen Palästinensern und Israelis ist tiefer und der Vertrauensverlust größer geworden. Aber auch die Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit ist groß und deutlich spür- und hörbar, wo immer ich Menschen hier im Heiligen Land treffe, geben sie dieser Hoffnung auf Frieden Ausdruck.
Wenn wir auf diese Situation blicken, dann klingt die Aufforderung Johannes' nach Gerechtigkeit und Mitgefühl besonders drängend. Was können wir angesichts von Ungerechtigkeit und Not tun?

Hört auf Kriege zu führen!

Vielleicht würde Johannes uns heute zurufen „Hört auf Kriege zu führen , die häufig eh unschuldige Menschen treffen, sorgt lieber für gerechte Bildungschancen, kümmert Euch um Schulen und Arbeitsplätze. Pflegt Kranke, baut auf und reisst nicht nieder. Sucht bei Meinungsverschiedenheiten das Gespräch und wo Krieg droht, bemüht euch um diplomatische Lösungen. Lernt anderen auch mal zuzuhören, tröstet, diejenigen, die traurig sind und schenkt anderen ein Lächeln.“
So oder ähnlich könnte eine mögliche Antwort des Johannes vielleicht heute lauten, auf jeden Fall stünde dies alles wohl im Einklang mit der Antwort des Johannes im Evangelium des Lukas: Wir sollen teilen, wo wir können, gerecht handeln und uns für das Wohl anderer einsetzen. Es sind wie gesagt keine großen, spektakulären Taten, die er fordert oder die gar heute von uns gefordert wären, sondern einfache Handlungen der Nächstenliebe und des Respekts.

GAUDETE

Der 3. Advent wird in der katholischen Kirche auch Gaudete-Sonntag genannt. „Gaudete“ bedeutet übersetzt „Freut Euch“ und ist dem Anfang des alten lateinischen Introitus zu diesem Sonntag entnommen. Der Vers stammt aus dem Philipperbrief (Vers 4-5): „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit ! Noch einmal sage ich euch: Freut euch ! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe !“ Die Freude, die hier thematisiert wird, will uns die Liturgie der Kirche mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsfest auch durch die liturgische Farbe des rosa Messgewandes, das der Priester an diesem Sonntag im Unterschied zum dunklen violett der Adventszeit trägt, vermitteln. In der Farbe rosa schimmert bereits das weihnachtliche weiß als Ausdruck der Vorfreude auf Weihnachten durch.

Grundhaltungen des Herzens

Freude und Hoffnung sind ja eigentlich Ausdrucksformen und Dispositionen des Glaubens aus denen heraus unser Herz all jene Grundhaltungen einnimmt, die uns Johannes der Täufer im Evangelium nahelegt. Ein frohes, liebendes und dankbares Herz wird immer in der Lage sein, Erweise der Nächstenliebe, wie sie Johannes im Evangelium empfiehlt, gerne und mit Freude im Alltag umzusetzen.
Die Situation hier im Heiligen Land macht mir immer wieder deutlich, wie wichtig die Botschaft der Freude ist. Viele Menschen leben zwar in schwierigen Verhältnissen, aber sie haben nicht die Hoffnung verloren und ich erlebe immer wieder Freundlichkeit, Gastfreundschaft und Dankbarkeit für Initiativen und Projekte, die sich dafür einsetzen, dass Menschen z.B. in der Westbank Arbeit und Ausbildungsplätze finden, dass Bildung gefördert wird und dass ein friedliches Miteinander ehemals verfeindeter Gruppen möglich wird.

Kleine Zeichen der Hoffnung im heiligen Land

Es sind kleine Zeichen der Hoffnung, die uns zeigen, dass das Reich Gottes, von dem Johannes spricht, schon hier und jetzt beginnt – auch wenn es oft nur in kleinen Schritten sichtbar wird.
Johannes der Täufer weist im Evangelium auch auf die nahe Ankunft des Messias hin, der mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen wird. Er spricht davon, dass Christus kommen wird, um Gerechtigkeit herzustellen und die Welt zu erneuern. Diese Erwartung der endgültigen Gerechtigkeit und des Friedens erfüllt viele Menschen hier im Heiligen Land mit Hoffnung. Trotz aller Gewalt, trotz der schwierigen Lebensbedingungen hoffen die Menschen auf eine Zukunft, in der Frieden und Versöhnung möglich werden.

Aufforderung zum Handeln

Die Botschaft diese Adventssonntags Gaudete ist eine Botschaft der Hoffnung, aber auch eine Aufforderung zum Handeln. Wir dürfen nicht einfach nur auf bessere Zeiten warten, so, als könnten wir nichts tun und wären zur Passivität verdammt, sondern sind aufgefordert, selbst etwas beizutragen – durch unsere Taten, durch unser Mitgefühl und durch unser Streben nach Gerechtigkeit. Vielleicht können wir damit bereits ganz aktiv in der kommenden Woche beginnen, denn ganz sicher gibt es in unser aller Umgebung Menschen, die auf Zuwendung, ein paar gute oder verzeihende Worte oder die Schlichtung eines Streites warten.

Fragen wir uns neu: Was sollen wir tun? 

Möge dieser 3. Adventssonntag uns ermutigen, die Frage „Was sollen wir tun?“ immer wieder neu zu stellen und mutig nach Antworten zu suchen, die uns im Sinne des Evangeliums handeln lassen. So können wir helfen, die Wege des Herrn zu bereiten, auf dass sein Licht in unserer Welt leuchte und der Friede hoffentlich bald wieder Einzug halte – hier im Heiligen Land und überall auf der Welt.

(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)

 

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14. Dezember 2024, 10:36