Emmaus, oder: „Jeder Mensch ist eine Chance, Gott zu begegnen" (Teil 2)
Gudrun Sailer – St. Pölten / Vatikanstadt
„Erstaunlich ist, ich stelle oft die Frage zum Beispiel in der Gärtnerei oder in den Werkstätten: Wie geht es dir jetzt?“ – so der Theologe und Sozialarbeiter, der die Emmausgemeinschaft 1982 in Leben gerufen hat. „Und da sind ganz viele, die sagen: Hier blühe ich so richtig auf. Was ist das? Das, glaube ich, ist im Letzten die Erfahrung: Ich werde ohne jegliches Vorurteil angenommen, letztlich geliebt."
Was aber nicht heißt, dass die Gäste verhätschelt werden. Mit jedem von ihnen setzt Emmaus einen sogenannten Gästevertrag mit sehr klaren Regeln auf, erklärt Rottenschlager „Dann wird als Ziel festgelegt, was wir innerhalb von Emmaus, aber über Emmaus hinaus erreichen wollen. Mit Unterstützung externer Kräfte. Und man kann sagen, 2 von 3 schaffen das, auch am Arbeitsmarkt. Wenn Vermittlungshemmnisse wegfallen wie Alkohol und Sucht, ist das fast ein neuer Mensch.“
Die Emmausjünger im Neuen Testament: Sie gingen traurig nach Hause, weil Jesus hingerichtet worden war. Sie wussten noch nichts von der Auferstehung. Ein Fremder gesellte sich zu ihnen, und sie erkannten ihn erst zu Hause, bei Tisch, als er das Brot brach. Warum Emmaus-Gemeinschaft?
Rottenschlager: „Bei einem Gottesdienst in Herzogenburg im Kloster, wo ich mich oft zurückgezogen habe, wurde mir an einem Ostermontag klar: Das ist es. Diese Weggemeinschaft mit Menschen, die verzweifelt sind und am Ende. Sie glauben ja auch nicht mehr an sich selbst.“ Wenn es aber stimmt, dass Gott auch heute am Werk ist so wie damals am Weg nach Emmaus, dann stellt sich – so Karl Rottenschlager - die Frage, was diese Verzweifelten und Ausgestoßenen für alle anderen sind.
„Und jetzt bin ich bei dem Traum von Emmaus, der eigentlich der Traum Gottes mit uns ist: Wenn jeder unendlich kostbar ist, und Ebenbild und Abbild Gottes, dann hat das ungeheure Konsequenzen. Dann ist plötzlich dieser Mensch Tempel Gottes – unendlich kostbar. Und immer eine Chance, Gott zu begegnen.“
Ein Geschenk. Ein Geschenk im großen, umfassenden Sinn. „Und so komme ich eigentlich bis jetzt nach 40, 42 Jahren Emmaus nicht aus dem Staunen heraus, was Gott heute unter uns wirkt.“
Gudrun Sailer im Gespräch mit Karl Rottenschlager über die Emmausgemeinschaft in St. Pölten - Teil 2. Wenn Sie alle vier Teile unserer Radioakademie gesammelt nachhören möchten, schicken wir Ihnen gerne eine CD zu, Ihre Spende kommt dem kirchlichen Dienst von Radio Vatikan zugute. Bestellen können Sie die CD per Mail an: cd@vaticannews.de – unser Freundeskreis versendet aus Deutschland.
(vatican news – gs)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.