Radio-Akademie (3): Krisen, Hoffnung, Utopien
In der dritten Folge unserer Sendereihe geht es um das Thema Kommunikation – und wie sie von Tech-Oligarchen mit Algorithmen zur Spaltung genutzt wird. Eine Art „Atombombe“ sei da in unserem Informations-Ökosystem explodiert, formuliert Maria Ressa in dieser Hinsicht. Die 61-jährige Friedensnobelpreisträgerin von den Philippinen ist Journalistin und Gründerin der unabhängigen Newsseite „Rappler“; sie geriet ins Fadenkreuz des Regimes Duterte, als sie in ihrem Heimatland mutig für Pressefreiheit eintrat und über Korruption und Verstöße der Mächtigen gegen die Rechtsstaatlichkeit berichtete.
Ressa kritisiert die Macht sozialer Medien. „Das Problem ist, dass Social-Media-Plattformen das schlimmste menschliche Verhalten belohnen“, sagt sie in unserem Interview. „Eine Studie des MIT aus dem Jahr 2018 zeigt, dass sich Lügen sechsmal schneller verbreiten als die Wahrheit. Diese Dynamik hat sich nur noch verschlimmert, insbesondere nachdem Elon Musk Twitter gekauft und in X umgewandelt hat.“
Lügen verbreiten sich sechsmal schneller als die Wahrheit
Der Einfluss von Algorithmen habe tiefgreifende Konsequenzen, meint die mutige Journalistin. „Dies verändert die Art und Weise, wie die Menschen über die Welt denken, wie sie sie betrachten, wie sie handeln und letztlich auch, wie sie wählen.“ Darum warnt sie vor dem Einfluss der Tech-Bosse: „Die Männer, die diese Plattformen kontrollieren, haben gottähnliche Macht, ohne aber die Weisheit oder die Güte eines Gottes zu besitzen. Ihre Motivation sind Macht und Geld. Das macht sie fast zu falschen Göttern, die einen Kult-ähnlichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.“
Die größte „Herausforderung“ ist nach Maria Ressas Dafürhalten die Straffreiheit – egal, ob es sich um Putin, Mark Zuckerberg oder Rodrigo Duterte handle. „Sowohl Diktatoren als auch Tech-Führer nutzen Taktiken wie die Vereinnahmung der Medien, der NGOs, der Wissenschaft und des Staates.“ Unser Interview mit der Philippinin wurde vor der Festnahme und Überstellung Dutertes an den Internationalen Strafgerichtshof von Den Haag geführt.
„In neununddreißig Jahren als Journalistin habe ich noch nie erlebt, dass ein Jahr so düster beginnt“, sagt uns Maria Ressa des Weiteren. „Die Welt steht in Flammen, und die jüngeren Generationen sind mit der erneuten Gefahr eines Atomkriegs konfrontiert.“ Was die Menschheit jetzt tue, werde „darüber entscheiden, ob Demokratie und individuelle Handlungsfähigkeit überleben“. Die Friedensnobelpreisträgerin ruft zum Engagement auf. „Wir brauchen einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz. Wir müssen das Vertrauen zwischen den Menschen wiederherstellen und auch gegen die schlimmsten Seiten von uns selbst kämpfen. In meiner Nobelpreisrede 2021 habe ich mich auf ein T-Shirt bezogen, das wir bei Rappler schon vor der Duterte-Ära hatten. Darauf stand: ‚Um das Gute zu leben, musst du daran glauben, dass es das Gute gibt‘.“
Sie rät eindringlich dazu, sich nicht nur in den sozialen Medien aufzuhalten. „Sonst wird man den Glauben an das Gute im Menschen verlieren. Aber die Kirche, Bewegungen für soziale Gerechtigkeit und Gemeinschaften, die sich um die Schwachen kümmern, erinnern uns an dieses Gute. Wir müssen uns das zu eigen machen!“ Ressa träumt von alternativen öffentlichen Technologieplattformen – und von der Hilfe der Kirche: „Sie muss an die Gläubigen appellieren und sie darauf aufmerksam machen, wie sie manipuliert werden. Die katholische Kirche ist in der einmaligen Lage, Menschen für das Gute zu mobilisieren.“
Bestellen Sie unsere CD
Wenn Sie die ganze Sendereihe in Ruhe nachhören möchten, schicken wir Ihnen gerne eine CD zu; Ihre Spende kommt dem kirchlichen Dienst von Radio Vatikan zugute. Bestellungen richten Sie bitte per Mail an: cd@vaticannews.de – unser Freundeskreis versendet aus Deutschland.
(vatican news – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.