Franziskus bei der Frühmesse an diesem Dienstag Franziskus bei der Frühmesse an diesem Dienstag  (Vatican Media)

Frühmesse: Für die Feinde beten

„Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“, hat uns Jesus aufgetragen. Bei der Frühmesse an diesem Dienstagmorgen erinnerte Franziskus an das, was den wahren Christen ausmacht: Er betet um die Kraft, „Böses mit Gutem zu vergelten.“

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

In seiner Predigt im vatikanischen Gästehaus Santa Marta ging der Papst von der Passage aus dem Matthäusevangelium (Mt 5,43-48) aus, in der Jesus an das Gebot der Feindesliebe erinnert. Ein Gebot, dem wir folgen müssten, um „vollkommen zu sein wie der Vater“, auch wenn es uns noch so schwerfalle.

Verzeihen, damit uns verziehen wird

 

Der Christ wisse, dass die Feindesliebe für ihn oberstes Gebot sei, gab Franziskus zu bedenken. Genau darum würden wir ja auch jeden Tag im Vaterunser beten.

„Für Hitler beten?“

„Wir sollen also auch für unsere Feinde beten; den Segen Gottes für den erflehen, der uns Böses will. Das ist nicht leicht zu verstehen. Denken wir nur an das vergangene Jahrhundert: an die armen russischen Christen. Menschen, die nur, weil sie Christen waren, nach Sibirien deportiert wurden, die dort erfroren sind… Und diese geschundenen Menschen hätten auch noch für die beten sollen, die ihnen das angetan haben? Wieso? Aber viele haben es tatsächlich getan: sie haben gebetet! .Denken wir an Auschwitz, an die vielen anderen Konzentrationslager: Für einen Diktator zu beten, der eine ‚reine Rasse‘ wollte und seine Mitmenschen ohne Skrupel in den Tod geschickt hat. … Für sie alle müssen wir beten, damit Gott sie segnet!“

Von der Logik Jesu und der Märtyrer lernen

 

Eine nicht leicht zu verstehende Logik sei das. Sie komme in dem Gebet zum Ausdruck, mit dem Jesus am Kreuz seine Henker gerechtfertigt hat: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. Jesus habe im Moment seines Todes für seine Peiniger gebetet, und das hätten auch viele Märtyrer getan.

„Wie groß ist die Distanz zwischen uns – die wir oft nicht einmal kleinste Vergehen verzeihen – und dem, was der Herr von uns möchte; was er uns selbst vorgelebt hat: jenen zu vergeben, die unseren Untergang wollen,“ beklagte der Papst. „Das fängt schon in der Familie an: Wie schwer tun sich Ehepartner oft, nach einem Streit Frieden zu schließen, der Schwiegermutter zu verzeihen; wie sehr muss der Sohn mit sich kämpfen, bevor er den Vater um Verzeihung bittet! Und wenn uns schon das schwerfällt, wie viel schwerer ist es dann, jenen zu verzeihen, die unseren Untergang, unseren Tod wollen!“ gab der Papst zu bedenken.

„Mit dem Verzeihen allein ist es nicht getan…“

„Und mit dem Verzeihen allein ist es noch nicht getan: wir sollen auch für unsere Feinde beten; dafür, dass Gott sie beschützt! Ja, wir sollen sie sogar lieben! Die Erklärung dafür kann nur das Wort Jesu geben...“

Um die Gnade bitten, vollkommen zu sein wie der Vater

 

Wir sollten also um die Gnade bitten, „vollkommen zu sein wie unser himmlischer Vater, der seine Sonne aufgehen lässt über Guten und Bösen“, meinte der Papst.

„Lasst uns heute an jemanden denken, der unser Feind ist – so jemanden hat wohl jeder von uns – jemanden, der uns etwas angetan hat oder uns etwas antun will. Das Gebet der Mafia lautet: ‚Das wirst du mir büßen!‘ – der Christ dagegen betet: ‚Herr, schenke ihnen deinen Segen und lehre mich, sie zu lieben‘. Lasst uns also an so jemanden denken: jemanden, der uns Böses tut. Jeder hat so jemanden! Denken wir an diesen Menschen, und bitten wir Gott um die Gnade, ihn zu lieben!“

Hier zum Nachhören

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

19. Juni 2018, 12:40
Alles lesen >