Messe in der Casa Santa Marta Messe in der Casa Santa Marta  (Vatican Media)

Frühmesse: Papst warnt vor Diffamierung als Mittel der Politik

Papst Franziskus warnt vor Gerede und Geschwätz: zwischen Kollegen, in der Familie, in der Pfarrei, im Bistum und vor allem auch in der Politik. Die Logik des Evangeliums stehe im Widerspruch zur Logik der Welt, so der Papst bei seiner Frühmesse in der Casa Santa Marta am Donnerstag.

Das Zeugnis, das Gerede und die Frage. Das sind die drei Worte, über die Papst Franziskus in seiner Predigt nachdachte. Er ging vom Tagesevangelium aus (Lk 15,1-10), das mit dem Zeugnis von Jesus beginnt: Zöllner und Sünder nähern sich ihm, um auf ihn zu hören, und er isst mit ihnen, was die Schriftgelehrten und Pharisäer mit Gerede quittieren.

Das Zeugnis lässt die Gemeinde wachsen

Vor allem anderen steht das Zeugnis Jesu: „Etwas Neues für diese Zeit“, stellt Papst Franziskus fest, „denn das Gehen zu Sündern machte dich unrein wie das Berühren eines Aussätzigen“. Deshalb mieden die Pharisäer sie. Franziskus erinnerte daran, dass „das Zeugnis ablegen noch nie in der Geschichte etwas Bequemes war, weder für die Zeugen - oft zahlen sie mit ihrem Märtyrertod - noch für die Mächtigen."

„Zeugnis abzulegen bedeutet, eine Gewohnheit, eine Wesensart aufzugeben - zum Besseren hin aufzugeben, zur Veränderung hin. Aus diesem Grund geht die Kirche mit ihrem Beispiel voran. Was anzieht, ist das Zeugnis, es sind nicht die Worte, die helfen, sondern das Beispiel, das die Kirche anziehend macht und wachsen lässt. Und Jesus legt Zeugnis ab. Das ist etwas Neues, aber dann auch wieder nicht so neu, denn die Barmherzigkeit Gottes war auch im Alten Testament gegenwärtig. Sie haben nie verstanden - diese Juristen und Schriftgelehrten -, was es eigentlich bedeutete: ,Barmherzigkeit will ich und keine Opfer´. Sie lasen es, aber sie verstanden nicht, was diese Barmherzigkeit ist. Und Jesus verkündet mit seinen Handlungsweisen eben diese Barmherzigkeit durch sein Zeugnis.“ Das Zeugnis, so bekräftigte der Papst, „bricht immer mit einer Gewohnheit“ und „setzt dich auch einem Risiko aus“.

„Wenn eine Regierung nicht ehrlich ist, versucht sie, ihre Gegner mit Gerede zu beschmutzen. Mit Diffamierung, mit Verleumdung“

Das Zeugnis Jesu provoziert in der Tat ein Gerede, ein Murren. Die Pharisäer, die Schriftgelehrten und die Doktoren des Gesetzes sagen: „Er empfängt Sünder und isst mit ihnen". Sie sagen nicht: „Schau mal, dieser Mann tut etwas Gutes, er versucht, Sünder zu bekehren," führte Franziskus aus. Das Murren ist eine Haltung, die darin besteht, immer „eine negative Bemerkung zu machen, um das Zeugnis zu zerstören“, so Franziskus. Diese „Sünde des Geredes" findet Tag für Tag im Kleinen und im Großen statt, indem wir in unserem eigenen Leben, „weil wir dieses oder jenes nicht mögen“, murren, statt miteinander zu reden. Statt zu versuchen, „eine Konfliktsituation zu lösen, murren wir heimlich, immer mit leiser Stimme, weil der Mut fehlt, klar zu sprechen“.

Dies gelte auch für kleine Gemeinden und Pfarren. „Wie viel wird in Pfarren geschwätzt? Über so viele Dinge“, sagte der Papst. Sowie es „eine Meinung oder eine Person gibt, die ich nicht mag, entfesselt sich das Gerede sofort“. Ähnlich sei es in Bistümern oder zwischen einzelnen Bistümern - und in der Politik. An der Frühmesse nahmen an diesem Donnerstag Bischöfe aus Rumänien und Moldawien teil, die sich zum Ad Limina-Besuch in Rom aufhalten. „Wenn eine Regierung nicht ehrlich ist, versucht sie, ihre Gegner mit Gerede zu beschmutzen. Mit Diffamierung, mit Verleumdung - so probiert sie es. Und ihr, die ihr diktatorische Regierungen gut kennt, weil ihr sie erlebt habt, was macht eine diktatorische Regierung? Sie übernimmt zunächst die Medien mit einem Gesetz und beginnt von dort aus zu murren und all jene herabzuwürdigen, die für die Regierung eine Gefahr darstellen. Murren ist unser tägliches Brot sowohl auf persönlicher, familiärer, Gemeinde-, Bistums- als auch auf sozialer Ebene.....“

Jesus stellt Fragen

Es handle sich, wie der Papst noch einmal betont, um „eine Ausflucht, um die Realität nicht zu betrachten, und um zu verhindern, dass die Menschen denken“. Jesus weiß das, aber er ist gut und „anstatt sie für das Gemurre zu verurteilen“, stellt er eine Frage. „Er benützt die gleiche Methode, die sie benutzen“, nämlich Fragen zu stellen. Sie tun es, um Jesus zu testen, „mit böser Absicht“, „um ihn fallen zu lassen“: zum Beispiel mit Fragen nach den Steuern, die an das Reich zu zahlen sind, oder nach dem Verstoßen einer Ehefrau. Jesus verwendet die gleiche Methode, aber, merkt Franziskus an, „ wir sehen dann den Unterschied“. Jesus sagt zu ihnen: „Wenn ihr hundert Schafe habt und eines verliert, wer von euch lässt die neunundneunzig nicht in der Wüste zurück und geht auf die Suche nach dem einen verlorenen, bis er es findet", wie uns das Evangelium von heute erinnert.

„Schreiben wir es ab und retten wir die anderen“, so sehe die Logik der Pharisäer aus. Das sei die Logik der Rechtsgelehrten, fuhr Franziskus fort. Die Pharisäer gingen nicht zu Sündern und nicht zu Zöllnern, weil sie dachten: „Besser, sich nicht mit diesen Leuten schmutzig zu machen, es ist ein Risiko. Wir bleiben unter uns“. Jesus sei klug in seiner Art, Fragen zu stellen, sagte der Papst: „Er geht auf ihren Fangfrage ein,  aber er bringt die Pharisäer in eine andere Position. ,Wer von euch?´ Und niemand sagt: ,Ja, es ist wahr´, sondern alle sagen: ,Nein, nein, das würde ich nicht tun.´ Und deshalb sind sie nicht in der Lage zu vergeben, barmherzig zu sein und zu empfangen.

Die Logik des Evangeliums im Gegensatz zur Logik der Welt

Zum Schluss seiner Predigt erinnert der Papst nochmals an die drei Worte, von denen seine Überlegungen ausgingen: Das Zeugnis, das die Kirche wachsen lässt, das Gerede, das „wie ein Wächter in meinem Inneren ist, damit das Zeugnis mir nichts anhaben kann", und das Fragen durch Jesus. Franziskus erinnert auch an ein anderes Wort: An die Freude, und an das Feiern, das die Pharisäer nicht kennen: „Alle, die dem Weg der Schriftgelehrten folgen, kennen die Freude am Evangelium nicht“, betont der Papst. „Möge der Herr uns diese Logik des Evangeliums im Gegensatz zur Logik der Welt verstehen lassen.“

(vatican news – hoe)
 

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08. November 2018, 12:47
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