Frühmesse: „Die Atemluft eines Christen ist die Hoffnung“
Den Anker zum anderen Ufer hin auswerfen: mit diesem Bild beschreibt Papst Franziskus in seiner Frühmesse die Hoffnung, um dazu zu ermuntern, „in Spannung“ auf die Begegnung mit dem Herrn zuzustreben. Andernfalls falle man der Verderbtheit anheim und das christliche Leben riskiere, zu einer „philosophischen Doktrin“ zu verkommen. Bei seinen Überlegungen ging der Papst wie gewöhnlich von der Tagesliturgie aus. In der Lesung aus dem Römerbrief singe der Apostel Paulus ein „Loblied auf die Hoffnung,“ erläutert Franziskus. Sicherlich hätten sich „einige der Römer“ beschwert, aber Paulus ruft dazu auf, nach vorne zu schauen.
„Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“, so der Apostel, der auch von der Schöpfung spricht, die sehnsüchtig auf das „Offenbarwerden der Söhne Gottes“ harrt. „Das ist die Hoffnung: sehsüchtig auf die Offenbarwerdung des Herren, auf die Begegnung mit dem Herrn warten,“ unterstreicht in diesem Zusammenhang Franziskus. Zwar müsse man sich mit Problemen herumschlagen, aber der Heilige Geist warte auf uns und „arbeitet“ schon im Heute für uns. Die Hoffnung sei in der Tat so etwas wie ein Anker, den man in Richtung des anderen Ufers auswerfe und an dessen Leine man sich festklammere, erläutert Franziskus, der darauf hinweist, dass nicht nur wir Menschen, sondern die gesamte Schöpfung „in der Hoffnung befreit“ würden.
„Hoffnung bedeutet ein Leben in immerwährender Spannung; wissen, dass wir unser Nest nicht hier bauen können. Das Leben des Christen ist ,in Spannung‘ ausgerichtet. Wenn ein Christ diese Perspektive verliert, wird sein Leben statisch und die Dinge bewegen sich nicht, verderben. Denken wir an das Wasser: wenn das Wasser still steht, sich nicht bewegt, dann verdirbt es,“ mahnte Franziskus. Und ähnliches gelte auch für die Christen: „Einem Christ, der nicht in der Lage ist, auf das andere Ufer hin ausgestreckt und in Spannung zu sein, fehlt etwas. Für ihn wird das christliche Leben eine philosophische Doktrin sein, er wird es so leben und sagen, dass das der Glaube ist, aber ohne Hoffnung ist es das nicht.“
Es sei schwierig, die Hoffnung zu verstehen, räumt Franziskus weiter ein. Wenn wir vom Glauben sprächen, dann meinten wir den Glauben an Gott, der uns geschaffen und an Jesus, der uns erlöst habe, aber auch das Glaubensbekenntnis: wir könnten also auf konkrete Dinge zählen. Die Nächstenliebe wiederum handele davon, dem Nächsten und den anderen Gutes zu tun, mit vielen Liebeswerken. Anders sehe das mit der Hoffnung aus, sie sei „die demütigste Tugend“, die nur die Armen wirklich hätten, so die Überlegung des Papstes:
„Wenn wir Männer und Frauen der Hoffnung sein wollen, müssen wir arm sein, nicht an irgendwelchen Dingen hängen. Arm. Und offen auf das andere Ufer hin. Die Hoffnung ist demütig, und es ist eine Tugend, die man jeden Tag erwerben muss: jeden Tag muss man sie wieder einfangen, das Seil einholen und sehen, dass der Anker fix daran hängt und ich ihn in der Hand halte. Jeden Tag müssen wir uns daran erinnern, dass wir das Pfand dafür haben, dass es der Heilige Geist ist, der in uns mit kleinen Dingen wirkt.“
Um zu erläutern, wie die Hoffnung zu leben sei, greift Franziskus auf das Tagesevangelium nach Lukas (Lk 13, 18-21) zurück, in dem Jesus das Reich Gottes mit einem Senfkorn vergleicht, das in der Erde des Gartens zu einem mächtigen Baum wächst: „Warten wir darauf, dass es wächst“, so der Ratschlag des Papstes. Es helfe nichts, jeden Tag hinzugehen und nachzuschauen, ob es schon gewachsen sei, denn dann werde es „nie“ wachsen, betont Franziskus mit Blick auf die „Geduld“, denn, wie Paulus sagte, die Hoffnung braucht „Geduld“, nämlich „die Geduld zu wissen, dass wir säen, aber dass es Gott ist, der wachsen lässt.“ Jesus verwendet im Evangelium auch das Bild des „Sauerteiges”, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischt. Ein Sauerteig also, den man nicht „im Kühlschrank“ liegen lässt, sondern der „unter das Leben gemischt“ wurde, so wie das Senfkorn, das in der Erde begraben wird:
„Deshalb ist die Hoffnung eine Tugend, die man nicht sieht: sie arbeitet von unten, sie lässt uns die Dinge von unten sehen. Es ist nicht einfach, in Hoffnung zu leben, aber ich würde sagen, dass das die Luft sein müsste, die ein Christ atmet, die Luft der Hoffnung; im gegenteiligen Fall wird er nicht laufen können, er wird nicht vorwärts gehen können, weil er nicht weiß, in welche Richtung er gehen soll. Die Hoffnung, ja, das ist sicher, die Hoffnung gibt uns eine Sicherheit: Die Hoffnung enttäuscht nicht.“ Wer hofft, so der Papst weiter, wird niemals enttäuscht werden. Doch dafür sei es nötig, sich diesem Versprechen des Herrn zu öffnen, ausgestreckt in Richtung dieses Versprechens, aber in dem Wissen, dass es der Geist sei, der in uns wirke. „Möge der Herr uns allen diese Gnade geben, in Spannung zu leben. In Spannung, aber nicht wegen der Nerven, wegen der Probleme, nein: In Spannung für den Heiligen Geist, der uns in Richtung des anderen Ufers wirft und uns in Hoffnung erhält.“
(vatican news - cs)
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