Myanmar: Armut, Auswanderung und viel Gebet für den Frieden
Bischof Francis Daw Tang spricht nicht ohne Stolz von seinen 40 Diözesan- und 130 Ordenspriestern und den 500 Katecheten in seinem Bistum. Doch die Alltagsprobleme der Menschen, katholisch oder buddhistisch, sind erdrückend: als Folgen des Bürgerkriegs sind Vertreibung, Armut, Auswanderung die Lebensrealität vieler Menschen in Nord-Myanmar.
„Der Bürgerkrieg von sechs Jahren war verheerend für das Leben und die Ausbildung der Leute. Dörfer wurden verbrannt, Leute wurden ermordet, wer überlebte, hatte kein Einkommen. Und wegen der Armut gingen und gehen die jungen Leute weg: nach China, Thailand, Malaysia, von da aus nach Europa, USA und Australien. Aber viele sind ehrlich gesagt nicht vorbereitet, sprachlich und kulturell, und so geraten sie an Menschenhändler.“
In Kachin stehen nach wie vor Flüchtlingslager für die Vertriebenen. NGOs kümmern sich um sie, auch katholische, „aber die Leute sind vergleichsweise wirklich sehr arm“, erzählt der Bischof. „Irgendwie schaffen sie es zu überleben, aber sie haben einen erschreckend niedrigen Lebensstandard.“
Die Kirche versucht in dieser Lage, für und mit den Menschen in den Lagern in die Zukunft zu schauen.
„Mein Traum ist, sie auf Bauernhöfe zu bringen, wo sie bäuerliche Arbeit machen können. Das ergäbe auch mehr Nahrungsmittelsicherheit. Wir haben uns um ein Stück Land bemüht, und seit zwei, drei Jahren leben dort auch schon einige Menschen aus den Lagern. So etwas möchte ich gerne in Zukunft verstärken.“
Die seelischen Verletzungen der Menschen in Myanmar liegen offen zutage, erzählt der Bischof. Es sei nicht leicht, wirklichen Frieden zu schaffen, der ja mehr ist als bloß die Abwesenheit von Gewalt.
„Von klein auf bin ich und sind die Menschen meiner Generation in dieser Atmosphäre aufgewachsen, Kämpfe, endlos. Ich denke: warum ändern wir nicht das System? Politik an die Verhandlungstische bringen – debattieren. Und sehen, was sich entwickelt. Wenn ein freundschaftliches Klima wächst, dann kann man besser und offener reden.“
Die derzeit laufenden Verhandlungen, an der Spitze Aung San Suu Kyi sind dem Bischof zufolge „an einem toten Punkt. Sie reden nicht. Wir versuchen, sie zusammenzubringen an den Verhandlungstisch.“ Und auch wenn ein guter Christ niemals die Hoffnung verliert, spricht es der Bischof offen aus:
„Es gibt wenig Hoffnung jetzt. Die Kirche betet für den Frieden, jede Pfarrei und jede Diözese. Vielleicht kommt der Papst ja deshalb zu uns, weil wir so viel für den Frieden beten! Vom Papstbesuch erwarten wir uns eine bessere Beziehung zu den anderen, mehr gegenseitiges Verständnis und eine bessere Zukunft.“
Natürlich, räumt der Bischof ein, muss auf allen Seiten der Willen zur Veränderung da sein: Veränderung nicht nur von den anderen verlangen, sondern selber vorleben. Und: reden, reden, reden.
„Letzten April hatten wir eine große nationale Friedenskonferenz in Rangun. Dabei waren auch Militärs und buddhistische Mönche und Religionsführer des Islam, des Hinduismus, des Christentums. Das war das erste Mal. Und jetzt wollen wir das fortführen, dass wir uns treffen und einander zuhören und versuchen, gemeinsam weiterzugehen. Und das wollen wir im Kleinen auch in unseren Diözesen tun.“
(rv/gs)
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