Vorbild „Straßenbischof“: Franziskus trifft Bischöfe Perus
Bernd Hagenkord SJ - Vatikanstadt
Ein Mann, der sich aufmachte; ein Bischof, der als Heiliger Patron aller Bischöfe Lateinamerikas ist; ein „Neuer Moses“, der auch heute als „Stifter kirchlicher Einheit“ wirkt: Papst Franziskus stellte in seiner Ansprache an die Bischöfe einen der Vorgänger des Erzbischofs von Lima ins Zentrum seiner Gedanken. Turibio von Mongrovejo (1538-1606) war der zweite Bischof der Stadt, „der Mann, der es verstand, das andere Ufer zu erreichen“, so der Papst.
Das sichere Terrain verlassen
„Er verließ sicheres Terrain, um sich auf ein völlig neues, unbekanntes und herausforderndes Universum einzulassen“, und zwar um die „Entfernten und Verstreuten“ zu suchen, begann der Papst seine Vorstellung des Heiligen. „Er ging den Menschen auf Wegen entgegen, die laut seines Sekretärs eher für Ziegen als für Menschen gemacht waren.“ Von 22 Jahren als Bischof habe er 18 Jahre außerhalb seiner Stadt Lima verbracht. „Er wusste, dass dies die einzig mögliche Form der Pastoral war: nahe sein und die Gaben Gottes austeilen.“ Nicht Worte seien seine Verkündigung gewesen, sondern sein Zeugnis, „heute würden wir ihn als ‚Straßenbischof‘ bezeichnen“, ein Mann mit abgenutzten Schuhsohlen.
Kilometer waren aber nicht das einzige Trennende, was Bischof Turibio überwand, sondern auch die Trennung der Kulturen, er förderte die „Evangelisierung in der Muttersprache mit allen Mitteln.“
„Wie dringend ist diese Vision für uns Hirten des 21. Jahrhunderts, dass wir völlig neue Sprachen, wie z.B. die digitale, lernen müssen. Die heutige Sprache unserer Jugendlichen, unserer Familien, der Kinder lernen ... Das hat der heilige Turibio sehr richtig gesehen, dass es nicht ausreicht, irgendwo hin zu kommen und ein Gebiet zu besetzen, sondern dass es notwendig ist, Prozesse im Leben der Menschen anzuregen, damit der Glaube Wurzeln schlagen und sinnstiftend sein kann. Und dafür müssen wir ihre Sprache sprechen.“
Für Bischof Turibio galt das auch für die Ausbildung des Klerus, er bezog aktiv die einheimische Bevölkerung ein, als das noch sehr umstritten war.
Verkündigung, Nächstenliebe, Gerechtigkeit
Und warum? Um Nächstenliebe zu üben, denn Verkündigung ginge nicht ohne die Nächstenliebe. „Wer keine Gerechtigkeit übt und wer seinen Bruder nicht liebt, ist nicht von Gott“, wie es im ersten Johannesbrief heißt. Als Bischof wurde er Zeuge der Ausschreitungen der Spanier, unter denen die einheimische Bevölkerung zu leiden hatte, und 1585 exkommunizierte er deswegen den Gouverneur Cajatambo, womit er sich unter den Machthabern keine Freunde machte. „Diese prophetische Ausübung des Bischofsamtes scheut sich nicht, die Missbräuche und Exzesse, die am Volk begangen wurden, anzuprangern“, so der Papst. Nächstenliebe müsse immer von Gerechtigkeit begleitet werden, Evangelisierung könne es nicht geben, ohne dass die Schuld am Leben der Nächsten, besonders der Schwächsten, nicht benannt und verurteilt wird.
Gemeinschaft und Teilhabe aller
Das Ziel von Bischof Turibio sei das „Ufer der Einheit“ gewesen. Räume der Gemeinschaft und Teilhabe, übersetze das der Papst. Spannungen und Unterschiede seien nicht zu leugnen, ein Leben ohne Konflikte sei auch gar nicht möglich, so der Papst. „Als Menschen und als Christen müssen wir uns ihnen stellen und sie akzeptieren. Aber wir müssen sie gemeinsam im ehrlichen und aufrichtigen Dialog annehmen, indem wir einander ins Gesicht zu schauen und uns vor der Versuchung hüten, das Geschehene zu ignorieren oder darin gefangen zu bleiben, ohne Horizonte, die uns erlauben, Wege der Einheit und des Lebens zu finden.“
Ein guter Anfang dafür sei immer die Erinnerung, dass die Einheit den Vorrang vor dem Konflikt haben müsse. „Liebe Brüder, arbeitet auf die Einheit hin, bleibt nicht gefangen in Spaltungen, die unsere Berufung – Sakrament der Einheit zu sein – verdunkeln und einschränken. …Das war und wird immer die beste Art der Evangelisierung sein.“
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