Pater Zollner zum Papstbrief an Chiles Bischöfe: „Bemerkenswert“
Der Kinderschutzexperte ist der Leiter des Centre for Child Protection an der Päpstlichen Universität Gregoriana und Mitglied der Kommission für Kinderschutz, die auf Wunsch des Papstes im Vatikan eingerichtet wurde. Die Frage, die angesichts der jüngsten Ereignisse im Raum steht: Wie konnte es überhaupt soweit kommen, dass der Papst einen umstrittenen Priester zum Bischof ernannt und auch in der Folge immer wieder gegen Kritik verteidigt hatte? Pater Zollner:
„Er hat sicherlich Leute um sich herum gehabt und gefragt, wenn es um die Situation in Chile ging, die ihn offensichtlich – wie er sagt – nicht genügend gut informiert haben und nicht faktengemäß. Interessant ist, dass das auch dem Tenor eines Tweets von drei Opfern dieses Karadima-Kreises entspricht, die auch die schweren Fehler der chilenischen Bischöfe dafür verantwortlich machen, wie die Situation in Chile ist. Die Opfer haben die Entschuldigung des Papstes anerkannt und überlegen, ein Gesprächsangebot von ihm zu bedenken.“
Für ihn sei festzuhalten, dass sich der Papst in einer „sehr demütigen, ernsthaften und offenen Weise“ persönlich entschuldige, betont der Experte für den Umgang mit Missbrauchsfällen. „Das sieht man nicht so oft von Leuten in solchen Positionen. Er sagt: Ich habe mich geirrt und ich bitte um Entschuldigung. Das finde ich schon sehr bemerkenswert und ich bin sehr froh darum.“
Doch es gehe dem Papst keineswegs nur um eine schnelle Entschuldigung, stellt der Jesuitenpater klar. Vielmehr geht aus dem Brief des Papstes hervor, dass er den Vorgängen in Chile „bewusst auf den Grund gehen“ wolle.
„Deshalb lädt er 32 Bischöfe nach Rom ein. Er zeigt: Ich möchte ernsthaft informiert werden. Ich möchte mit Euch diskutieren. Ich möchte mit Euch darüber nachdenken, was da eigentlich alles in den letzten 30 bis 40 Jahren schief gelaufen ist. Und ich möchte dann mit Euch Entscheidungen treffen, wie es heute und morgen weitergehen soll. Auch das finde ich äußerst gut und nachvollziehenswert, weil es nicht darum geht, jetzt irgendeinen Schnellschuss zu setzen, sondern er erkennt an, dass die Wahrheit breiter ist und anders ist, als er bisher gedacht hat. Er möchte sich mit den Bischöfen ernsthaft darüber unterhalten, welche Konsequenzen zu ziehen sind.“
Im Zug dieses Aufarbeitungsprozesses werde sich auch das Gesicht der chilenischen Kirche selbst verändern, zeigt sich Pater Zollner überzeugt.
„Die Hierarchie und die Zusammensetzung der chilenischen Bischofskonferenz wird sich sowieso ändern, weil etwa der Erzbischof von Santiago de Chile an die Altersgrenze gekommen ist und auch schon seinen Rücktritt eingereicht hat. In den nächsten Jahren wird sich da Dramatisches ändern, weil eine ganze Reihe von Bischöfen an die Altersgrenze kommt und da Neue nachrücken werden.“
(domradio - cs)
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