Papst besorgt über Christenschwund im Nahen Osten
Christine Seuss - Vatikanstadt
Der Nahe Osten heute leide unter schwierigen Situationen, so der Papst, der seinen vorbereiteten Redetext beiseitelegte, um spontan seine Sorgen über die Lage der kriegsgemarterten Region zu teilen. „Im Nahen Osten besteht das Risiko – ich will nicht sagen, der Wille von jemanden – das Risiko, die Christen auszulöschen. Und ein Naher Osten ohne Christen wäre kein Naher Osten,“ meinte Franziskus gegenüber den Vertretern der ROACO, die vor allem im Nahen Osten und Osteuropa aktiv ist.
Während der Nahe Osten leide, so die schonungslose Analyse des Papstes, ginge es den Weltmächten nicht um seine Kultur, den Glauben oder das Leben der Menschen dort, sondern allein darum, „ein Stück abzubekommen und mehr Macht zu haben.“ Es bleibe bei Lippenbekenntnissen, wenn es darum gehe, die Bedeutung der Christen für diese Region zu unterstreichen. Denn es werde nichts getan, um dem Schwund der Glaubensgeschwister entgegenzuwirken, die nach und nach ihre angestammte Heimat verließen.
„Sie lieben das Land, sie lieben den Glauben, aber das Leid ist sehr sehr groß gewesen“, so der Papst. Die Arbeit der ROACO für die Ostkirchen am Ort der Wiege des Christentums sei sehr wichtig, unterstrich Franziskus. „Im Nahen Osten sind die großen Kirchen, die großen antiken Kirchen, mit ihrer Theologie, ihren Liturgien. Ihre Heiligen Väter, ihre spirituellen Lehrer… Wir müssen diese große Tradition des Nahen Ostens beschützen. Dafür müssen wir kämpfen,“ schwor der Papst seine Besucher ein.
Vor allem leide die Region unter den erzwungenen Migrationen, sagte der Papst mit Blick auf Länder wie den Libanon und Jordanien, die zahlreiche Flüchtlinge vor allem aus Syrien beherbergen. All diese Not sei die Folge einer „großen Sünde“, an der vor allem die einfachen Menschen litten, legte Franziskus den Finger in die Wunde: „Die Sünde des Machthungers, die Sünde des Krieges, jedes Mal stärker… Auch mit ausgefeilten Waffen. Und die Menschen, die Kinder leiden.“
Die Bombardierungen hätten dafür gesorgt, dass es nur noch wenige funktionstüchtige Schulen und Krankenhäuser gebe, lenkte Franziskus den Blick auf die humanitäre und gesellschaftliche Krise in der Region. Es gebe jedoch auch in den eigenen Reihen verurteilungswürdiges Verhalten, folgte die Mahnung des Papstes: „Es gibt, vielleicht nicht viele, aber einige, Priester, ein paar Bischöfe, manch eine religiöse Kongregation, die Armut predigen, aber als Reiche leben.“
Diese „Schwelger“, so die strenge Zurechtweisung des Papstes, müssten sich noch mehr zugunsten ihrer Geschwister in Not „entblößen“: „Der Herr lässt uns nicht allein. Und deshalb sage ich, dass der Nahe Osten eine Hoffnung ist. Eine Hoffnung, die wir pflegen müssen. Eine mystische Hoffnung, hinter der wir arbeiten müssen, so wie ihr arbeitet. Ich danke euch sehr für all das. Von Herzen.“
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