Papst beim Angelus: Gott entspricht nicht den Vorurteilen
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Ausgangspunkt seiner Überlegungen war das Sonntagsevangelium (Mk 6,1b.2-6), das Jesus beim Wirken in seiner Heimatstadt Nazareth schildert. Die vielen Menschen, die ihm in der Synagoge zuhörten, staunten über seine Weisheit und die Wunder, die er wirkte. Da sie Jesus aber als Zimmermann und Sohn ihrer Stadt zu kennen meinten, konnten sie sein Auftreten als Messias nicht akzeptieren, wie es im Evangelium heißt: „Sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab“.
Hinter dieser feindseligen Haltung der Menschen in Nazareth steht „der Skandal der Inkarnation“, erklärte Franziskus. Das Auftreten eines „fleischgewordenen Gottes“ sei für sie, die Jesus kannten, eine beunruhigende Vorstellung gewesen: ein Gott, „der mit dem Verstand des Menschen denkt, mit den Händen des Menschen arbeitet und handelt, mit dem Herzen des Menschen liebt, ein Gott, der kämpft, isst und schläft wie einer von uns.“
Jesus kehre aber jeden menschlichen Plan um, fuhr Franziskus fort: Nicht die Jünger seien es, die die Füße des Herrn waschen, sondern umgekehrt wäscht der Herr den Jüngern die Füße. „Das ist ein Grund für Skandal und Unglauben, in jedem Alter, auch heute noch“, sagte der Papst.
Der Richtungswechsel, den Jesus vornahm, verpflichte seine Nachfolger zu einer „persönlichen und gemeinschaftlichen Überprüfung“. Auch heute noch könnten Vorurteile daran hindern, die Wirklichkeit zu erfassen. Um die Abwehr Gottes in uns aufzubrechen, empfahl Franziskus „eine Haltung des demütigen Zuhörens und der gefügigen Erwartung“. Gottes Gnade zeige sich oft auf unerwartete Weise: „Gott entspricht nicht den Vorurteilen.”
Ein Hindernis für Gottes Gnade sei der „Mangel an Glauben“, sagte Franziskus. „Viele Getaufte leben, als ob es Christus nicht gäbe: sie wiederholen die Gesten und Zeichen des Glaubens, aber das entspricht keiner echten Bindung an die Person Jesu und an sein Evangelium. Jeder Christ ist aber aufgerufen, diese grundlegende Zugehörigkeit zu vertiefen, indem er versucht, sie mit einer schlüssigen Lebensführung zu bezeugen, deren Leitfaden die Liebe ist.”
(Vatican News – gs)
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