Warum der Papst am Samstag nach Bari reist

Franziskus reist am Samstag in die Hafenstadt Bari an der Adria, die Stadt des heiligen Nikolaus. Dort will er zusammen mit Patriarchen und Kirchenführern um den Frieden im Nahen Osten beten. Aber warum eigentlich Bari?

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Eigentlich ist Assisi der klassische Ort für Friedensgebete; diese Tradition hat der heilige Johannes Paul II. in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts begründet. Mit der Wahl Baris macht Franziskus einen großen Schritt auf orthodoxe Christen, vor allem Russen, zu. Denn vor allem sie strömen als Pilger zu den Reliquien des hl. Nikolaus von Myra, die im Dom von Bari ruhen. Franziskus unterstreicht also den ökumenischen Charakter des Gebets.

Auf die Blickrichtung kommt es an

 

„Papst Franziskus insistiert sehr auf diesem Punkt“, referiert Pater Alfredo Gabrielli vom Ökumenebüro des Bistums Bari: „Wir sollen nicht nur auf unsere Beziehungen von Konfession zu Konfession sehen, sondern schärfer ins Auge fassen, welche Rolle die christliche Präsenz heute für die Welt spielt. Wenn wir um Frieden in Nahost beten, können wir das nur ökumenisch tun und nur, wenn wir gegen unsere Spaltungen kämpfen… Der heilige Nikolaus ist ein Modell für ein Leben der Versöhnung; aus seinen wenigen biographischen Angaben wissen wir, dass er auch auf Nichtchristen zuging. Nach Bari zum hl. Nikolaus gehen bedeutet also, sich als katholische und orthodoxe Christen auf eine Stufe zu stellen, um hoffentlich einen gemeinsamen Schub nach vorne zu bekommen.“

Zum Nachhören

In der Ökumene komme es auf die Blickrichtung an, betont der Geistliche – und das habe Papst Franziskus sehr genau erkannt. „Wir stellen uns nicht gegenüber, sondern wir stehen Seite an Seite und sehen in dieselbe Richtung! Das scheint mir sehr wichtig – diese gemeinsame Blickrichtung, in die wir alle sehen, Christen der verschiedenen Konfessionen. So soll das Gebet am Samstagmorgen ablaufen. Es geht um ein anderes Klima – damit wir dasselbe Ziel, dieselben Sehnsüchte spüren, die einheitlichsten Lösungen finden.“

Ein Mikrokosmos des ökumenischen Gebets

 

Bari habe am Samstag die Chance, der ganzen Welt zu zeigen, wie hier Tag für Tag, abseits der Scheinwerfer, Ökumene gelebt wird. „Schauen wir nur auf den Mikrokosmos der Nikolausbasilika – seit 1966 gibt es in ihrer Krypta auch eine orthodoxe Kapelle. Sie reicht bei weitem nicht für die große Zahl der Orthodoxen, die nach Bari kommen, und darum zelebrieren auch sie am Altar direkt über dem Grab des heiligen Nikolaus. Wenn also jemand aus Bari in die Krypta hinuntergeht, hat er praktisch immer einen Orthodoxen neben sich – den erkennt man an seiner Kleidung, an der Art des Betens, des Kreuzzeichens… Und sie beten gemeinsam. Das schafft wirklich einen Mikrokosmos des ökumenischen Gebets.“

Unter den Teilnehmern des Gebets von Bari wird am Samstag auch ein weiterer Papst sein: Tawadros II., der Patriarch der koptisch-orthodoxen Christen, Nachfolger des heiligen Markus in Kairo. Für ihn zeigt die Bari-Initiative, „dass das Gebet die größte Kraft ist, die uns aus Problemen herausziehen und die Konflikte lösen kann“. Das sagte er jetzt im Interview eines italienischen Medienorgans. „Zu wissen, dass wir Kirchenführer in Bari beten, wird sicher viele Christen im Nahen Osten trösten, die gerade in Schwierigkeiten sind.“

„Bitte, greift nicht von außen in die inneren Angelegenheiten unserer Länder ein!“

Tawadros nutzte das Interview auch für einen Appell an Interessierte aus dem Westen. „Das Christentum ist tief verwurzelt im Nahen Osten; wir bitten darum, dass unsere Traditionen und Prinzipien respektiert werden. Bitte, greift nicht von außen in die inneren Angelegenheiten unserer Länder ein! Wir können unsere Probleme selbst lösen – in einem Geist des Dialogs und der Verständigung.“

(vatican news/sir)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

05. Juli 2018, 10:31