Generalaudienz mit Franziskus: wegen der Hitze heute in der Audienzhalle im Vatikan Generalaudienz mit Franziskus: wegen der Hitze heute in der Audienzhalle im Vatikan 

Generalaudienz: Papst Franziskus zieht Götzen die Maske ab

Nach einem Monat Pause hat Papst Franziskus an diesem Mittwoch mit einer weiteren Katechese über die Zehn Gebote seine wöchentlichen Generalaudienzen fulminant wieder aufgenommen. Dabei interpretierte er das Gebot „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben“ mit Blick auf Tendenzen in der modernen Gesellschaft.

Anne Preckel – Vatikanstadt

Menschen seien in der Antike falschen Göttern geopfert worden, so Franziskus. Das sei heute mitnichten vorbei, merkte der Papst an. Auch die Götterbilder der Moderne „lechzten nach Blut“, und die Menschen seien dafür bereit, sehr viel zu opfern.

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Sie versprechen Leben, doch sie versklaven


„Für die Karriere werden Kinder geopfert, vernachlässigt oder gar nicht erst gezeugt. Auch der Schönheitswahn verlangt menschliche Opfer. Wie viele Stunden vor dem Spiegel! Sich zu schminken ist ja in Ordnung, aber nicht, um eine Göttin zu werden... Die Ruhmsucht verlangt eine Aufopferung des Selbst, der eigenen Unschuld und Authentizität. Das Geld raubt das Leben, die Vergnügungssucht führt in die Einsamkeit.“

Der Profitgier, wie sie heute teilweise in der Wirtschaftswelt zu finden sei, fielen Menschen zum Opfer, kritiserte der Papst weiter. 

„Die Wirtschaft opfert Menschenleben für den Mehrgewinn. Wie viele Menschen gibt es ohne Arbeit. Warum? Weil Unternehmer entscheiden, sie zu entlassen, um mehr Geld zu verdienen. Der Gott des Geldes… Man lebt als Heuchler, tut und sagt das, was die anderen sich erwarten, weil der Gott der Selbstbestätigung das verlangt. Und man zerstört dabei Leben, Familien und stößt Jugendliche in zerstörerische Muster, bloß um den Profit zu steigern.“

Auch Drogen seien Götzenbilder, fuhr der Papst fort: „Wie viele junge Leute ruinieren sich ihre Gesundheit, verlieren ihr Leben, vergöttern diesen Gott…“

Diese Götzenbilder versprächen Glück, Menschen lebten für diese Ziele und Visionen, doch sie würden - in Erwartung einer Erfüllung, die niemals einträte - letztlich in einen „selbstzerstörerischen Strudel“ gerissen, formulierte der Papst. Und er resümierte: „Solche Götterbilder versklaven, sie versprechen Leben, doch sie töten es.“

Von Bildern besessen


In seiner Katechese zeichnete der Papst nach, wie Götzenbilder entstehen. Das Wort leite sich vom griechischen Begriff für „sehen“ ab, ein Götzenbild sei letztlich eine Vision, die zu einer Einbildung und Obsession würde: „Es ist in Wirklichkeit eine Projektion unserer selbst auf Objekte oder Projekte“, erklärte der Papst. Diese Dynamik mache sich etwa die Werbung zu eigen, die Wünsche und Sehnsüchte erzeuge und Wege zum vermeintlichen Glück aufzeige: Ein Auto, ein Smartphone, ein Rollenbild würden so als Vehikel der Selbstverwirklichung inszeniert.

Ein ganzer „Supermarkt an Götzenbildern“


Die Welt biete einen ganzen „Supermarkt an Götzenbildern“ an, fuhr er fort. Letztlich könne „alles als Götterbild benutzt werden“, „Objekte, Bilder, Ideen und Rollen“. Auch weissagende Praktiken, Kartenlegen und Ähnliches zählten dazu, so Franziskus.

Götzendienst ist ständige Versuchung des Glaubens


Der Götzendienst meine dabei nicht nur „falsche heidnische Kulte“, sondern sei „eine ständige Versuchung des Glaubens“: „Er besteht darin, das zu vergöttern, was Gott nicht ist“, und betreffe Atheisten wie Christen. Man könne zum Beispiel in einer namentlich christlichen Familie aufwachsen, die sich aber in Wirklichkeit auf Bezugspunkte außerhalb des Evangeliums stützt, führte der Papst an. Christen sollten sich deshalb fragen: „Was ist wirklich mein Gott? Ist es der dreifaltige Gott der Liebe oder ist es mein eigenes Bild, mein persönlicher Erfolg, auch innerhalb der Kirche…“

Auch Realitätsflucht ist Götzendienst


Gott nehme kein Leben weg, sondern schenke es, hielt Franziskus fest. „Der wahre Gott bietet keine Projektion unseres Erfolges, sondern lehrt uns zu lieben, er verlangt keine Kinderopfer, sondern schenkt uns seinen Sohn. Und während die Götzenbilder Fiktionen der Zukunft entwerfen und die Gegenwart verachten, lehrt uns der wahre Gott jeden Tag in der Realität zu leben, im Konkreten. Gottes Konkretheit gegen die Liquidität der Götterbilder. Fragt euch heute: Welche Götterbilder habe ich? Denn den eigenen Götzendienst zu erkennen ist eine Gnade und bringt uns auf den Weg der Liebe.“

Liebe sei mit Götzenbilder unvereinbar, erinnerte Franziskus. Manche Menschen klammerten sich an Dinge oder Ideen und seien sogar dazu bereit, deshalb ihre Eltern, Kinder, Ehepartner zu verleugnen. Wirklich zu lieben bedeute hingegen frei zu sein von solchen falschen Verhaftungen: „Was ist mein Götzenbild? Reiße es nieder und schmeiß es aus dem Fenster!“ appellierte der Papst.

(vatican news)


 

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01. August 2018, 11:38