Papst in Tallinn: „Kirche muss sich bekehren und ändern“

Die Kirche muss sich „bekehren“ und „viele Situationen ändern“: Das sagte Papst Franziskus bei einem ökumenischen Treffen mit Jugendlichen in der estnischen Hauptstadt Tallin.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

In der Karlskirche der Stadt wurde der Papst am letzten Tag seiner Reise durch die baltischen Staaten mit unbequemen Fragen junger Leute konfrontiert. In seiner Antwort räumte er ein, dass viele Jugendliche „die Kirche nicht als einen für ihr Leben bedeutsamen Gesprächspartner wahrnehmen“.

Kirche will transparent, offen, ehrlich werden

„Manche wollen ausdrücklich in Ruhe gelassen werden, denn sie empfinden die Präsenz der Kirche als lästig, ja unangenehm. Sie sind empört über die Skandale sexueller und finanzieller Art, denen gegenüber sie keine klare Verurteilung sehen; über das fehlende angemessene Gespür für das Leben und die Sensibilität der Jugendlichen... Dies sind einige eurer Anliegen. Wir wollen ihnen entsprechen, wir wollen als Gemeinschaft transparent, offen, ehrlich, einladend, kommunikativ, zugänglich, freudig und interaktiv sein.“

„Den Kirchen fällt es leichter, zu reden, als zuzuhören“

Franziskus machte sich damit ein Zitat aus einem Vorbereitungspapier der nächsten Bischofssynode zu eigen. Es wurde von Jugendlichen bei einer Vorsynode im Frühling in Rom erstellt. Die Synode beschäftigt sich den Oktober hindurch im Vatikan mit dem Thema Jugend und Glauben.

Zum Nachhören

„Euch Jugendlichen passiert es oft, dass die Erwachsenen um euch herum nicht wissen, was sie von euch wollen oder von euch erwarten; oder manchmal, wenn sie euch ganz fröhlich sehen, sind sie argwöhnisch; und wenn sie euch traurig sehen, relativieren sie einfach, was euch geschieht… Unsere christlichen Kirchen … legen in ihrem Tun zuweilen Haltungen an den Tag, denen zufolge es leichter fiel zu reden, zu raten, unsere Erfahrung anzubieten, als zuzuhören und sich von dem, was ihr erlebt, anfragen und erleuchten zu lassen.“

Trotz aller Mängel der Kirche: Jesus ist weiter in ihr präsent

Angesichts all der Mängel der Kirche, die ihm nur zu bewusst seien, staune er doch darüber, „weil ihr trotz unseres mangelnden Zeugnisses Jesus weiter inmitten unserer Gemeinden entdeckt“, sagte der Papst. Und er betonte, dass es genau auf diese Präsenz Jesu ankomme. „Denn wir wissen: Wo Jesus ist, da gibt es immer Erneuerung, da gibt es immer Gelegenheit umzukehren, all das hinter sich zu lassen, was uns von ihm und von unseren Brüdern und Schwestern trennt.“

Trotz aller „Grenzen und Spaltungen“ bei den Christen: Jesus sei weiterhin „der Grund, warum wir hier sind“. „Wir wissen, nichts erleichtert so sehr als zuzulassen, dass Jesus trägt, was uns niederdrückt.“ Franziskus versuchte auch noch den Dreh ins Missionarische, das ihm so am Herzen liegt: In Estland sei ja Religion die Ausnahme, darum sei es eine wichtige Aufgabe der Christen, dass sie ihren Glauben weitersagen und weitertragen.

„Gottes Neuheit zu den Menschen bringen, die nach dem Sinn des Lebens suchen“

„Uns eint der Glaube an Jesus, und er wartet darauf, dass wir ihn zu allen Jugendlichen bringen, die den Sinn ihres Lebens verloren haben. Nehmen wir gemeinsam diese Neuheit auf, die Gott in unser Leben trägt, jene Neuheit, die uns antreibt, immer wieder neu aufzubrechen, um dorthin zu gehen, wo die Menschheit am meisten verletzt ist. Dorthin, wo die Menschen jenseits des Anscheins der Oberflächlichkeit und des Konformismus weiter eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn ihres Lebens suchen.“

(vatican news)
 

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Jugendtreffen mit dem Papst in Tallinn
25. September 2018, 11:15