Papst Franziskus: „Wir dürfen Weihnachten nicht verweltlichen“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
„In wenigen Tagen ist Weihnachten. Die Bäume, die Gestecke, die Lichter überall weisen uns auf das Fest hin; die Werbe-Industrie verlockt uns zu immer neuen Geschenken, mit denen wir anderen eine Überraschung bereiten sollen. Aber ich frage mich: Ist das das Fest, wie es Gott gefällt? Welches Weihnachten, welche Geschenke, welche Überraschungen würde er denn wollen?“
Weihnachten bringt das Unerwartete...
Um seine Frage zu beantworten, erinnerte der Papst an das „erste Weihnachten der Geschichte“, also an die Umstände der Geburt Jesu in Betlehem. „Voller Überraschungen“ seien diese Tage damals gewesen: Engel seien erschienen, Joseph habe alle seine Pläne ändern müssen, in Betlehem seien die Herbergen ausgebucht gewesen usw. „Kurz gesagt: Weihnachten bringt plötzliche Umschwünge im Leben mit sich. Und wenn wir Weihnachten leben wollen, dann müssen wir das Herz öffnen und offen werden für Überraschungen, das heißt für einen unerwarteten Wandel im Leben.“
[ Gott dreht unsere Logik um ]
Die größte Überraschung von allen sei das Faktum von Weihnachten selbst: Der Allerhöchste mache sich ganz klein, werde zu einem Baby, das noch nicht sprechen könne. „Das göttliche Wort wird also unfähig zu sprechen… Und den Erlöser empfangen keine Behördenvertreter oder Botschafter, nein – einfache Hirten, die von Engeln überrascht werden, als sie nachts arbeiten, und die sofort herbeistürzen. Wer hätte das gedacht? Weihnachten bedeutet, das Unerwartete an Gott zu feiern. Er dreht unsere Logik und unsere Erwartungen um.“
Weihnachten: Für Papst Franziskus die „Aufnahme der Überraschungen des Himmels auf Erden“. „Man kann nicht nur an die Erde geheftet leben, wenn der Himmel seine Neuigkeit in die Welt bringt! Weihnachten leitet eine neue Epoche ein, wo das Leben nicht mehr geplant, sondern geschenkt wird; wo man nicht mehr für sich selbst lebt, sondern für Gott – und mit Gott. Denn seit Weihnachten ist Gott der Gott-mit-uns, der mit uns lebt und mit uns geht.“
Demut, Stille, Einfachheit
Der Papst ermunterte seine Zuhörer in der vatikanischen Audienzhalle dazu, sich von Gottes Überraschungen „durcheinanderwirbeln“ zu lassen. Der göttliche Hauch von Weihnachten bringe Neues in die Geschichte: „Weihnachten ist der Sieg der Demut über die Arroganz, der Einfachheit über den Reichtum, der Stille über den Lärm, Gottes über mein Ich.“
Apropos Stille: Etwas unvermittelt machte Franziskus darauf aufmerksam, dass vom heiligen Joseph in der ganzen Bibel nicht ein einziges Wort überliefert wird. „Und der Herr spricht zu ihm im Schweigen – im Schlaf nämlich. Weihnachten bedeutet, die stille Stimme Gottes dem Lärm des Konsums vorzuziehen. Wenn wir in Stille vor der Krippe zu verharren wissen, dann wird Weihnachten auch für uns zur Überraschung werden, zu etwas noch nie Gesehenem. In Stille vor der Krippe verharren: Das ist die Einladung an Weihnachten. Nimm dir ein bisschen Zeit, guck auf die Krippe, und schweige – und du wird die Überraschung spüren und sehen!“
Weihnachten dürfe „nicht nur ein schönes, traditionelles Fest“ sein, bei dem wir selbst im Mittelpunkt stehen, sonst bedeute es „eine verpasste Gelegenheit“. „Bitte, verweltlichen wir Weihnachten nicht! Schieben wir den, dem das Fest hauptsächlich gilt, nicht beiseite! In diesen Tagen rennen wir herum, intensiver vielleicht als im Rest des Jahres. Aber damit tun wir das Gegenteil von dem, was Jesus will. Wir schieben die Schuld auf die vielen Dinge, die unseren Tag ausfüllen, und auf die Schnelligkeit, mit der sich die Welt dreht. Aber Jesus hat niemals die Schuld auf die Welt geschoben – er hat uns gebeten, uns nicht hinreißen zu lassen, sondern allzeit zu wachen und zu beten.“
„Die Überraschungen können auch mal unangenehm sein“
Wenn wir nur auf die „blinkenden Lichter der Welt“ schauen und „uns gegenseitig mit Geschenken und gutem Essen füllen“, dann werde es für uns „gar nicht richtig Weihnachten“, insistierte der Papst. Wir sollten in den Tagen rund um das Fest „wenigstens einem armen Menschen helfen“, denn die Armen ähnelten Gott, der schließlich „an Weihnachten arm geworden“ sei.
„Liebe Brüder und Schwestern, ich wünsche euch frohe Weihnachten – Weihnachten, die reich sind an den Überraschungen Jesu! Die Überraschungen mögen auch mal unangenehm sein, aber sie sind nach dem Willen Gottes. Wenn wir uns auf sie einlassen, bereiten wir uns selbst eine schöne Überraschung. Jeder von uns hat, im Herzen verborgen, die Fähigkeit, sich überraschen zu lassen. Lassen wir uns an diesem Weihnachtsfest von Jesus überraschen!“
(vatican news)
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