Papst bei Migrantentreffen: Im Fremden Jesus begegnen
Silvia Kritzenberger – Vatikanstadt
„Frei von Angst“: so lautet das Motto des Treffens, das bis Sonntag dauert und von der kirchlichen Stiftung Migrantes, der italienischen Caritas und dem Jesuiten-Flüchtlingszentrum Astalli organisiert wird. Es bringt Familien, Verbände, Pfarreien und Einzelpersonen zusammen, die Migranten aufnehmen oder ihnen helfen. Schon am Freitagvormittag sind viele Migranten, die in römischen Pfarreien untergebracht sind, ins ca. 30km entfernte Sacrofano gepilgert.
Zum Auftakt der Begegnung hat Papst Franziskus in der Kirche des „Fraterna-Domus“-Zentrums mit mehr als 500 Gläubigen die Eröffnungsmesse gefeiert. Die Begegnung mit dem Papst hatte privaten Charakter, Medien waren bei der Papstmesse nicht zugelassen. Vatican News hat die Messfeier allerdings live auf der Homepage übertragen.
Anhaltende Aufmerksamkeit für die Aufnahme von Migranten
Wie Vatikansprecher Alessandro Gisotti mitteilte, wollte Papst Franziskus damit seine „anhaltende Aufmerksamkeit für die Aufnahme von Migranten“ herausstellen. So hatte ihn seine erste Reise als Papst ja auch auf die Flüchtlingsinsel Lampedusa vor Sizilien geführt. Dort warf er einen Kranz ins Mittelmeer, zum Gedenken an alle während der Überfahrt nach Europa Verstorbenen.
Schon mit dieser ersten Reise im Juli 2013 hatte Franziskus also klargemacht, dass das Eintreten für Flüchtlinge und Menschen in Not zu den Prioritäten seines Pontifikats gehören würde. In seiner Predigt bei der Messe auf Lampedusa bat er um Verzeihung für die Gleichgültigkeit vieler Menschen angesichts der Dramen unserer Zeit.
Und ein Drama unserer Zeit stand auch im Mittelpunkt seiner Predigt an diesem Freitagnachmittag: die Angst vor dem Unbekannten, vor dem, was uns fremd ist.
Ausgehend von der Passage aus dem Buch Exodus, in der der Auszug aus Ägypten geschildert wird, erläuterte Franziskus, wie sich die Menschen oft von ihrer Angst lähmen lassen. So seien auch wir – wie das Volk Israel – angesichts der Bosheit unserer Zeit oft versucht, unseren Traum von Freiheit aufzugeben. „Situationen, die wir nicht einschätzen können, machen uns Angst. Wenn wir die Gegenwart Gottes nicht spüren, nicht auf seine Vorsehung vertrauen, nützt auch der Zuspruch eines Führers, eines Propheten nichts. Dann verschanzen wir uns lieber hinter unseren zerbrechlichen menschlichen Sicherheiten, hinter unserer beruhigenden Routine. Und verzichten am Ende auf die Reise ins verheißene Land, um in die Sklaverei Ägyptens zurückzukehren.“
Angst ist die Ursache jeder Diktatur
Doch die Angst sei auch die Ursache jeder Sklaverei, jeder Diktatur, warnte Franziskus. Und der „Rückzug in uns selbst“, ein Zeichen der Niederlage, mache unsere Angst vor „dem anderen“, dem „Fremden“ nur noch größer. Das sehe man heute ganz besonders im Fall der Migranten und Flüchtlinge, die auf der Suche nach Schutz, Sicherheit und einer besseren Zukunft an unsere Tür klopfen. Aus Angst würden wir auf die Begegnung verzichten und stattdessen Barrieren errichten. Dabei seien wir gerufen, diese Angst vor dem Unbekannten zu überwinden. Doch dazu bräuchte es mehr als vernünftige Argumente.
„Wenn Mose zum Volk sagen konnte, ‘habt keine Angstʼ, obwohl ihnen die Verfolger dicht auf den Fersen waren, so weil er wusste, dass Gott sein Volk nicht verlässt, weil er Gottvertrauen hatte,“ stellte Franziskus fest.
Und schließlich sei die Begegnung mit dem anderen auch die Begegnung mit Christus. Nicht umsonst habe Jesus gesagt: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).
Es ist nicht immer einfach, Jesus im „anderen“zu erkennen
Auch Jesus habe die Jünger aufgerufen, keine Angst zu haben, wie das Matthäusevangelium berichtet, führte der Papst weiter aus. Als sie ihn über den See kommen sahen und erschraken, habe er gesagt: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ (Mt 14,27). Es sei nicht immer einfach, ihn in den anderen zu erkennen: im Bettler in zerschlissener Kleidung, mit schmutzigen Füßen, geschundenem Leib, in dem „anderen“, der nicht unsere Sprache spricht, so Franziskus.
Jesus streckt uns Kleingläubigen die Hand entgegen
Wie Petrus könnten auch wir versucht sein, Jesus um ein Zeichen zu bitten, ein paar zögerliche Schritte auf ihn zugehen, nur um uns dann doch wieder hinter unserer Angst zu verstecken. Jesus aber lasse uns nicht im Stich: „Er streckt uns Kleingläubigen die Hand entgegen, um die Begegnung mit ihm zu ermöglichen, die uns rettet.“
Und dies zeige uns, dass wir denen, die uns diese Begegnung ermöglichen, eigentlich dankbar sein müssten, gab Franziskus abschließend zu bedenken: „den ‘anderen’, die an unsere Tür klopfen und uns helfen, unsere Angst zu überwinden und uns die Möglichkeit geben, Jesus persönlich zu begegnen, ihn aufzunehmen und ihm zu helfen.“
(vatican news)
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