Papst in Loreto: „Wir brauchen einfache und weise Menschen“
Mario Galgano – Vatikanstadt
Loreto ist eine der größten Pilgerstätten Europas, doch im Zentrum steht ein „kleines Haus“, das der Tradition gemäß das Wohnhaus der Muttergottes gewesen sein soll. Dorthin pilgerte an diesem Montag auch Papst Franziskus; hinter den dunklen Mauern, die das Haus der Maria in Nazareth umschlossen, begleiteten ihn unter anderem Fabio dal Cin, Erzbischof und Prälat von Loreto sowie der deutsche Erzbischof Georg Gänswein, Präfekt des Päpstlichen Hauses. Als Vertreter der römischen Kurie war Edgar Peña Parra, Substitut des Staatssekretariats, anwesend, auch Kardinal Gualterio Bassetti, Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz, begleitete den Papstbesuch.
In der Basilika, die das „Heilige Haus“ umschließt, feierte Franziskus dann eine Messe ohne Predigt. Draußen vor dem Heiligtum begleiten sie andere Gläubige, darunter viele Kranke, die der Papst danach begrüßt hat. Außerhalb der Basilika befanden sich gemäß den Veranstaltern etwa 10.000 Menschen. Mit einigen Worten leitete der Papst die Fürbitten ein:
„Maria ist die Lade des neuen und ewigen Bundes: In ihr wird das Geheimnis des Sohnes Gottes durch das Werk des Heiligen Geistes erfüllt. Beten wir zum Herrn mit Glauben und Demut. Lasst uns gemeinsam sagen: Möge dein Wort in uns erfüllt werden, o Herr.“
Nach der Messe bedankte sich der Gastgeber, Erzbischof Dal Cin, beim Papst für den Besuch und die Geste der Unterzeichnung der Apostolischen Exhortation im Nachgang zur Jugendsynode von 2018. Der Papst sprach dann vor den tausenden Pilgern und Besuchern vor der Kirche und ging auf die Worte des Erzengels Gabriel ein, der der Jungfrau in dem „Heiligen Haus“ erschienen sein soll. Franziskus setzte den Akzent auf das „Ja“, das sie damals dem Erzengel und somit Gott gesagt hatte. Dies solle auch für die heutigen Gläubigen ein Ansporn sein, Gott „Ja zu sagen“. An diesem Montag feiert die Kirche unter anderem das Fest Mariä Verkündigung.
Den Kapuzinern, denen das Heiligtum anvertraut ist, dankte der Papst für „den wertvollen Dienst des Beichtehörens“. Loreto sei weltweit als „Oase der Stille und der Frömmigkeit“ bekannt. Viele kämen, „um Kraft und Hoffnung zu schöpfen“. „Und damit meine ich vor allem die jungen Menschen, die Familien und die Kranken“, so der Papst.
Zuhause für junge Menschen
Das Heilige Haus sei das Zuhause der jungen Menschen, denn hier spreche die Jungfrau Maria, die „auch heute noch die jungen Generationen begleitet, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind“. Deshalb wollte er gerade im Heiligtum von Loreto das Nachsynodale Schreiben unterzeichnen, „das die Frucht der Jugendsynode“ sei. Es heiße „Christus vivit - Christus lebt“, verkündete der Papst offiziell den Titel, der aber bereits vor ein paar Tagen vom vatikanischen Presseamt bekannt gegeben wurde.
In seiner kurzen Ansprache ging er auch auf drei Schlüsselmomente der Jugendsynode ein: Hören auf das Wort und den Plan Gottes; die Unterscheidung sowie die Entscheidung.
„Der erste Moment, der des Zuhörens, verdeutlicht sich durch die Worte des Engels: ,Fürchte dich nicht, Maria, … du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben´ (Vers 30-31). Es ist immer Gott, der die Initiative ergreift, uns ruft, ihm zu folgen. Der Ruf zum Glauben und zu einem wahrhaft christlichen Leben oder einer besonderen Weihe ist ein diskreter, aber starker Einbruch Gottes in das Leben eines jungen Menschen, dem er das Geschenk seiner Liebe anbietet.“
Deshalb müsse man bereit und willens sein, die Stimme Gottes zu hören und anzunehmen, die man aber „im Lärm und in der Hektik des Lebens“ oft nicht erkenne, so der Papst. Gottes Plan für das persönliche und soziale Leben werde nicht an der Oberfläche wahrgenommen, „sondern indem wir uns auf eine tiefere Ebene begeben“.
Der zweite Moment der Berufung sei die Unterscheidung, die in den Worten Mariens zum Ausdruck komme: „Wie soll das geschehen?“ (Vers 34). Maria habe nicht gezweifelt; ihre Frage sei kein Mangel an Glauben. Im Gegenteil, so der Papst weiter, sie habe damit den Wunsch geäußert, die „Überraschungen Gottes“ entdecken zu dürfen. Jede menschliche Mitarbeit an der unentgeltlichen Initiative Gottes müsse von einer „Vertiefung der eigenen Fähigkeiten und Haltungen“ inspiriert sein, wie auch von dem Bewusstsein, dass es immer Gott sei, „der gibt und handelt“.
Dann ging Franziskus auf die Entscheidung ein, als der dritte Schritt, der jede christliche Berufung kennzeichne. Dieser Schritt komme durch die Antwort Mariens an den Engel zum Ausdruck: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (Vers 38). Ihr „Ja“ zum Heilsplan Gottes, der durch die Fleischwerdung umgesetzt werde, sei das Geschenk ihres Lebens an Gott. Ihr „Ja“ sei ein vollkommenes Vertrauen und eine bedingungslose Hingabe an den Willen Gottes. Deshalb sei Maria „das Vorbild jeder Berufung“.
„Wenn ich an Loreto denke, denke ich an einen privilegierten Ort, an dem junge Menschen auf der Suche nach ihrer Berufung in die Schule Mariens gehen können, einen geistlichen Ruhepol im Dienst der Berufungspastoral“, so der Papst weiter. Er hoffe deshalb, dass dieser Ort im Dienst der Kirche in Italien und der ganzen Welt wieder neuen Aufschwung durch neue Berufungen im kirchlichen Dienst erfahre.
Haus der Familien
Dann ging er auf die Bedeutung des Hauses Mariens ein. Dies sei zum Sinnbild für ein „Haus der Familie“ geworden:
„In der heiklen Situation, in der sich unsere heutige Welt befindet, kommt der Familie, die auf der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau beruht, eine wesentliche Bedeutung zu. Es ist notwendig, den Plan Gottes für die Familie wiederzuentdecken, damit ihre Unersetzlichkeit im Dienste des Lebens und der Gesellschaft wieder neu bekräftigt werden kann.“
In diesem „Haus in Nazareth“ habe Maria „die Vielfalt familiärer Beziehungen erfahren“. Dort sei sie „Tochter, Verlobte, Braut und Mutter“ gewesen.
Das „Haus Mariens“ sei aber auch das Haus der Kranken. „Hier sind all jene willkommen, die an Leib und Seele leiden. Die Mutter trägt die Barmherzigkeit des Herrn von Generation zu Generation“, so der Papst. Krankheit verletze die Familie, doch gleichzeitig müssten die Kranken „in die Familien aufgenommen werden“.
Sendungsauftrag aller Gläubigen
Im Schlussteil seiner Ansprache ging er auf die Sendung ein, die Gott uns anvertraue: „Das Evangelium des Friedens und des Lebens unseren Mitmenschen zu bringen, die sich oft von irdischen Interessen vereinnahmen lassen, in einem Klima der geistlichen Dürre leben“.
„Wir brauchen einfache und weise Menschen, bescheidene und mutige, arme und großzügige Menschen: Menschen, die das Evangelium in der Schule Mariens vorbehaltlos auf ihr eigenes Leben übertragen. So werden sich durch die Heiligkeit des Volkes Gottes von diesem Ort aus in Italien, in Europa und in der ganzen Welt Zeugnisse der Heiligkeit jedes Lebensstandes verbreiten: Zeugnisse, die die Kirche erneuern und die Gesellschaft mit dem Sauerteig des Reiches Gottes beleben.“
Im Anschluss betete der Papst mit den anwesenden das Mittagsgebet. Am Nachmittag ist der Rückflug nach Rom geplant.
(vatican news)
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