Papst begrüßt einzigen Überlebenden der Trappisten von Tibhirine

Papst Franziskus hat Priester und Ordensleute in Rabat zum Dialog mit der muslimischen Mehrheitsbevölkerung ermuntert. „Die Behauptung, dass die Kirche in Dialog treten muss, ist nicht eine Modeerscheinung oder gar eine Strategie, um die Mitgliedszahlen zu erhöhen.“

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Das sagte der Papst am zweiten und letzten Tag seines Besuchs in Marokko bei einem Treffen mit Priestern und Ordensleuten. Auch die Spitzenvertreter von Marokkos Ökumenischem Kirchenrat waren bei dem Termin in der Peterskathedrale der Hauptstadt mit dabei.

„Bitte greifen Sie nicht zu Proselytismus! Erinnern wir uns an das Wort von Benedikt XVI., dass die Kirche nicht durch Proselytismus wächst, sondern durch Anziehung“, mahnte der Papst in einer Stegreif-Bemerkung. Dass die Katholiken in Marokko nur wenige seien, sei „kein Problem“: „Jesus hat uns nämlich nicht erwählt und ausgesandt, damit wir die Mehrheit werden! Er hat uns zu einer Sendung berufen.“

Bruder Schumachers frühere Mitbrüder sind jetzt Selige der Weltkirche

Die Priester und Ordensleute – in der Regel Ausländer aus Europa und Afrika – bereiteten dem Papst in der Art-Déco-Kathedrale mit ihren zwei charakteristischen Türmen (die ein bisschen an islamische Minarette erinnern) einen ausgesprochen herzlichen Empfang.

Emotional wurde es, als Franziskus Bruder Jean-Pierre Schumacher die Hand schüttelte: Der 95-Jährige ist der letzte Überlebende der Trappistengemeinschaft von Tibhirine, er lebt heute in einem kleinen Trappistenkloster in Nordmarokko.

Sieben Mitbrüder Schumachers sind im März 1996 von Islamisten aus ihrem Kloster in Tibhirine/Algerien entführt und kurz darauf getötet worden; im Dezember letzten Jahres wurden sie feierlich zu Seligen erklärt. Schumacher überlebte den Angriff der Islamisten, weil er sich im Gästetrakt des Klosters aufhielt.

Franziskus: Die lebensspendende Kraft des Geistes am Strömen halten

In seiner Ansprache in der Kathedrale ermutigte Franziskus die kleine Ortskirche Marokkos dazu, „Sauerteig der Seligpreisungen und der brüderlichen Liebe“ in der Gesellschaft zu sein. „Das Problem ist also nicht, wenige zu sein, sondern unbedeutend, so wie das Salz, das den Geschmack des Evangeliums verloren hat, oder ein Licht, das nichts mehr erhellt (vgl. Mt 5,13-15).“

Vom Redetext abweichend erinnerte der Papst an eine Anweisung des hl. Franz von Assisi an Mitbrüder im Orient, sie sollten den Glauben bezeugen, „wenn nötig auch mit Worten“ – aber eben nicht in erster Linie mit Worten. Er sprach von einem „fürbittenden Gebet des Missionars“ für das ganze Volk, in dem er wirkt: „Damit hält er wie durch eine kleine Einflugschneise in diesem Land die lebensspendende Kraft des Geistes am Strömen.“

Papst bezieht sich auf das Dokument von Abu Dhabi

Ausdrücklich bezog sich Franziskus auf das Dokument über die Geschwisterlichkeit aller Menschen, das er im Februar zusammen mit dem ägyptischen Großscheich Ahmed al-Tayyeb in Abu Dhabi unterzeichnet hat. Viele Beobachter werten den Text als bahnbrechend für die christlich-islamischen Beziehungen. Hass und Angst erteilte der Papst unter dem Beifall der Zuhörer eine Absage: Dort, „wo sie genährt und bewusst eingesetzt werden“, führten sie lediglich zur Destabilisierung der Gemeinschaften.

„Eure Liebe sei immer eine tätige Liebe, und damit ein Weg der Gemeinschaft der Christen aller in Marokko vertretenen Konfessionen: eine Ökumene der Nächstenliebe. Möge sie auch ein Weg des Dialogs und der Zusammenarbeit mit unseren muslimischen Brüdern und Schwestern und mit allen Menschen guten Willens sein!“

(vatican news)

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Ein paar Bilder von dem Treffen in der Kathedrale
31. März 2019, 12:12