Papst an Journalisten: Mit Demut im Dienste der Wahrheit berichten
Mario Galgano – Vatikanstadt
Das Stichwort Fake News, das der US-Präsident gerne in den Mund nimmt, wenn er über Medien und Berichterstattung spricht, kam auch in der Ansprache des Papstes vor. Jedoch prügelte der Papst nicht auf die Journalisten ein, sondern bot eine Vertiefung zur heutigen Bedeutung von Kommunikation. In einer Zeit, in der das Risiko von falschen Nachrichten hoch sei, bedürfe es der Demut der Journalisten, damit sie in der Lage seien, „das gute Brot der Wahrheit anzubieten, Hoffnung zu geben und auf der Seite der Opfer zu bleiben“. So hätte es wohl Trump nicht gesagt.
Franziskus ermahnte sie, an die „vergessenen Kriege“ zu erinnern oder über die Ereignisse im Mittelmeer zu berichten, das zu einem Friedhof geworden sei, so der Papst in der Sala Clementina.
Auf die unangenehmen Wahrheiten hinweisen
Weitere grundlegende Merkmale des Journalistenberufs seien Kompetenz, Schreibfähigkeiten, Zusammenfassen-Können und die Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen. Der Papst erinnerte in seiner dichten Rede daran, dass Kommunikation zum Aufbau einer besser Gesellschaft und nicht zum Zerstören der Menschheit da sei. Es gehe um die Suche nach Wahrheit. Journalismus bedeute, sich nicht mit der Oberfläche zufrieden zu geben. Auch müsse man sich vor Stereotypen oder Slogans hüten, warnte Franziskus. Er sprach von „Brot der Wahrheit“, das gut sei und gut tue, wogegen die Desinformation das Übel sei.
Die Suche nach der Wahrheit erfordere aber nicht nur Demut, fuhr Franziskus fort. Zwar wäre es einfacher, „nicht zu viele Fragen zu stellen“ oder „mit den ersten Antworten zufrieden zu sein“, stattdessen bedürfe es vielmehr eines „offenen und freien Journalismus“, der sich nicht scheut, auch auf unangenehme Wahrheiten hinzuweisen. Die Vermutung, bereits alles zu wissen, blockiere, so der Papst. Offenbar ist ihm guter Journalismus ein großes Anliegen.
„Demütige Journalisten bedeuten nicht mittelmäßige Journalisten“, hob Franziskus hervor. Er wisse, dass man ohne gewissenhafte Arbeit mit Tweets, Zeitungsartikeln, Live-Shows im Fernsehen oder Radio schnell anderen und ganzen Gemeinschaften Schaden zufügen könne - und zwar sehr schweren Schaden.
Gewisse Schlagzeilen könnten die Realität falsch darstellen. Das sei besonders dann nicht hinnehmbar, wenn sie bewusst geschrieben würden. Darum müsse man auch die Demut haben, Berichtigungen oder gar Entschuldigungen zu veröffentlichen. Er warnte davor, dass „über das Internet eine falsche Information solange verbreitet wird, bis sie als wahr aufgenommen wird“.
„Der demütige Journalist versucht, die Fakten richtig und vollständig zu kennen, bevor er sie erzählt und kommentiert. Er nährt nicht 'den Überfluss an Slogans', die, anstatt den Gedanken in Bewegung zu setzen, die Meinungen des Publikums auslöschen. Es sollen keine Vorurteile gebildet werden. Der Journalist ist nicht zufrieden mit den bequemen Darstellungen, die Individuen so darstellen, als ob sie in der Lage wären, alle Probleme zu lösen, oder im Gegenteil als Sündenböcke, die alle Verantwortung übernehmen können.“
Der heilige Franz von Sales, Schutzpatron der Journalisten, lade alle Gläubigen ein, das Wort genauso korrekt zu verwenden wie der Chirurg das Skalpell. Also müssten Journalisten die richtige Sprache wählen, „insbesondere bei Social Media, aber nicht nur, wo viele Benutzer eine gewalttätige und abwertende Sprache verwenden“. „In einer Zeit zu vieler feindseliger Worte“, in der Menschen eher klassifiziert werden, müssten alle daran erinnert werden, dass jeder Mensch eine „immaterielle Würde“ besitze, bekräftigte der Papst.
Der demütige Journalist sei auch ein freier Journalist und zwar frei von Beeinflussungen, so der Papst. Frei auch von Vorurteilen und deshalb mutig. Denn Freiheit erfordere Mut. Franziskus ist diese innere Freiheit der Journalisten wichtig, aber auch die äußere.
Dikataturen greifen zuerst die Pressefreiheit an
So bekannte der Papst, die Zahl der getöteten Journalisten weltweit mache ihn traurig. „Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein wichtiger Hinweis auf den Gesundheitszustand eines Landes“, sagte er. Deshalb sei eine der ersten Maßnahmen, die Diktaturen ergreifen, „der Presse die Freiheit wegzunehmen“ oder sie zu verschleiern. Darum sollen sich Journalisten an die Seite der Opfer und der Verfolgten stellen.
Nochmals betonte er die Wichtigkeit des Journalismus: „Wir brauchen euch und eure Arbeit, damit uns geholfen wird, nicht so viele Leidenssituationen zu vergessen, die oft nicht das Scheinwerferlicht der Bühne haben, oder es für einen Moment haben und dann in die Dunkelheit der Gleichgültigkeit zurückkehren.“
Wie schon sein Vorgänger Johannes Paul II, der damals sogar bei einem persönlichen Besuch die Wertschätzung der Kirche für journalistische Arbeit bekundete, sei er dankbar, dass es Journalisten gäbe, die, „um das Leben nicht zu vergessen“, auch an jene denken, die vor ihrer Geburt getötet werden oder an das Leben „der Neugeborenen, die durch Hunger oder Krieg ausgelöscht“ werden, „das Leben der Kindersoldaten, das Leben der verletzten Kinder“, die wegen ihres Glaubens oder ihrer Ethnie verfolgt werden. Und er frage sich, wer heute noch über die Rohingya oder die Jesiden spreche, die weiterhin leiden.
„Helft uns, nicht zu vergessen, dass diejenigen, die durch Katastrophen, Kriege, Terrorismus, Hunger und Durst gezwungen sind, ihr Land zu verlassen, keine Zahl sind, sondern ein Gesicht, eine Geschichte, einen Wunsch nach Glück haben und ermahnt uns in diesem Zusammenhang, daran zu erinnern, dass das Mittelmeer zu einem Friedhof geworden ist.“
Auch wenn das Böse mehr Nachrichten mache, sollten die Medienschaffenden die andere Seite auch beleuchten:
„Bitte erzählen Sie weiterhin den Teil der guten Realität, der Gott sei Dank immer noch am weitesten verbreitet ist: Aber auch die Realität derer, die sich der Gleichgültigkeit nicht beugen, derjenigen, die nicht vor Ungerechtigkeit fliehen, sondern geduldig in Stille aufbauen. Es gibt einen Ozean des Guten, der es verdient, bekannt zu werden, und der unserer Hoffnung Kraft gibt. Frauen sind in dieser Lebensgeschichte sehr aufmerksam, und ich sehe mit Freude, dass in Ihrer Vereinigung der Beitrag der Frauen voll anerkannt wird. Frauen blicken besser und verstehen besser, was los ist.“
Wir und die anderen
In seiner Rede vor dem Verband der ausländischen Presse knüpfte Papst Franziskus auch bei seinem Vorgänger Benedikt XVI. an. Dieser kritisierte den Effekt von Massenmedien, „dass wir uns wie Zuschauer fühlen, als ob das Böse nur andere betrifft, während wir alle Akteure des Guten und des Bösen sind“. Franziskus schloss daraus:
„Deshalb fordere ich euch auf, nach dem Prinzip der Wahrheitsfindung und Gerechtigkeit zu arbeiten, damit die Kommunikation wirklich ein Instrument zum Aufbauen ist, nicht zum Zerstören wird; zum Treffen, nicht zum Zusammenstoßen; zum Dialog, nicht zum Monologisieren; zum Orientieren, nicht zum Desorientieren; zum Verstehen, nicht zum Missverstehen; zum Gehen in Frieden, nicht zum Säen von Hass; zum Geben einer Stimme an diejenigen, die keine Stimme haben, zum Handeln als Megaphon für diejenigen, die lauter rufen.“
Sein Dank galt abschließend den Journalisten, die für ihre Arbeit weit weg von ihrer Heimat leben. Das sei eine Mission, die sie im Geiste des Dienstes lebten. Ihm sei auf den apostolischen Reisen klar geworden, wie anstrengend der Beruf sei. Dennoch könnten sie als freie Menschen „eine gute Spur in der Geschichte hinterlassen“.
Die Vertreter der ausländischen Presse verließen den Papst nicht ohne Geschenk. Am Ende des Treffens überreichte ihnen Papst Franziskus ein Buch mit dem Titel „Das Gute kommunizieren“, das im vatikanischen Verlag LEV erschienen ist. Darin sind seine Reden und Botschaften für die Welttage der sozialen Kommunikation und ähnliche Beiträge aus seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires. Im Vorwort betont Paolo Ruffini, Kommunikationschef des Papstes, diese Texte seien „ein starkes Zeugnis für die Bedeutung“, die die Kommunikation für Franziskus „als Mittel zur Suche nach dem Wahren, dem Guten und dem Schönen“ habe.
(vatican news)
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