Papst dankt in Skopje für Flüchtlingshilfe auf der Balkanroute
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Und er ist der erste Papst überhaupt, der in das Land reist. Das mag damit zusammenhängen, dass nur ein Bruchteil der Einwohner (weniger als ein Prozent) katholisch ist. Jedenfalls freue er sich, so sagte Franziskus in seiner ersten Rede im Präsidentenpalast von Skopje, dass sein Kommen mit dem 25-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Nordmazedonien zusammenfalle.
„Ihr Land, das Brücke zwischen Ost und West und Ort des Zusammenflusses zahlreicher kultureller Strömungen ist, konzentriert viele besondere Eigenschaften dieser Region. Mit den vornehmen Zeugnissen seiner byzantinischen und ottomanischen Geschichte, mit den kühnen Burgen in den Bergen und den herrlichen Ikonostasen seiner alten Kirchen, die auf eine christliche Präsenz seit den apostolischen Zeiten hinweisen, offenbart es die Dichte und den Reichtum der tausendjährigen Kultur, die ihm innewohnt.“
Seitenblick auf eine reiche „und – warum nicht – auch vielschichtige Geschichte“
Doch dieser kulturelle Reichtum“ sei genau besehen „nur Spiegelbild“ des eigentlich wertvollen Erbes – damit meinte der Papst das „multiethnische und multireligiöse Gesicht Ihres Volkes“. Es sei die Frucht einer reichen „und – warum nicht – auch vielschichtigen Geschichte“.
„Dieser Schmelztiegel von Kulturen und ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten hat einem friedlichen und dauerhaften Zusammenleben Raum gegeben, in dem es den einzelnen Identitäten gelungen ist, sich auszudrücken und zu entwickeln, ohne die anderen abzulehnen, zu unterdrücken oder zu diskriminieren.“ Das sei auf dem Weg einer stärkeren europäischen Integration wichtig, so Franziskus. „Ich hoffe, dass sich diese Integration für die ganze westliche Balkanregion positiv entwickelt und dass diese stets in der Achtung der Verschiedenheit und der Grundrechte erfolge.“
Das ethnisch-religiöse Mosaik bewahren
Viel Lob goss der Gast aus Rom auch über das ethnische und religiöse Mosaik in Nordmazedonien: Jeder Mosaikstein sei dabei „für die Originalität und Schönheit des Gesamtbildes notwendig“. Sinnigerweise war auch hinter dem redenden Papst ein Wandmosaik mit stilisierten Rosen zu sehen.
„Alle Bemühungen, die angestellt werden, damit die verschiedenen Religionen und die unterschiedlichen Ethnien einen Boden für eine gemeinsame Verständigung in der Achtung der Würde jeder menschlichen Person und in der daraus folgenden Gewährleistung der Grundfreiheiten vorfinden, werden niemals umsonst sein, vielmehr werden sie die notwendige Saat für eine Zukunft des Friedens und der Fruchtbarkeit sein.“
Franziskus lobte ausdrücklich, was Skopje, aber auch Rotes Kreuz, Caritas oder NGOs an der Balkanroute in den letzten Jahren für Migranten und Flüchtlinge getan haben.
„Auf ihrer Flucht vor dem Krieg oder vor extremen Armutsbedingungen, die oftmals eben von schweren kriegerischen Vorfällen hervorgerufen wurden, haben sie in den Jahren 2015 und 2016 Ihre Grenzen überschritten, als sie zum größten Teil auf dem Weg in den Norden und Westen Europas waren, und fanden bei Ihnen wirkungsvollen Schutz. Die einsatzbereite Solidarität gegenüber denen, die sich damals in dringender Not befanden, weil sie neben Haus, Arbeit und Heimatland viele geliebte Menschen verloren hatten, ehrt Sie und spricht von der Seele dieses Volkes.“
Und natürlich sprach der Papst auch über die große Tochter Skopjes: die heilige Mutter Teresa, die 1910 in der Stadt (die damals noch anders hieß und zum Osmanischen Reich gehörte) geboren wurde. Sie sei eine Frau gewesen, „die, von der Liebe Gottes angetrieben, die Nächstenliebe zum obersten Gesetz ihres Lebens gemacht hat und dadurch auf der ganzen Welt Bewunderung hervorgerufen hat und eine spezifische und radikale Art eröffnet hat, sich in den Dienst der Verlassenen, Ausgegrenzten und Ärmsten zu stellen“. ´
„Ihr seid zurecht stolz auf diese große Frau. Ich ermutige euch, weiterhin voll Einsatz, Hingabe und Hoffnung daran zu arbeiten, damit die Söhne und Töchter dieses Landes nach ihrem Beispiel die Berufung, die Gott für sie erträumt hat, entdecken, erreichen und reifen lassen können.“
Nachdenkliche Rede des Präsidenten
Zur Begrüßung des Papstes hatte Staatspräsident Gjorge Ivanov eine überraschend nachdenkliche Rede gehalten. „Wir sind dankbar für die kontinuierliche Unterstützung unserer europäischen Integration… Ihr Besuch ist voller Symbolkraft, Sie sind ein Symbol der Einheit.“ Leider hätten Worte wie Freiheit in heutiger Zeit ihre Strahlkraft eingebüßt, beklagte der Präsident. „In unserer Ära des Kapitalismus erinnern Sie daran, dass es Dinge gibt, die einen Wert haben, aber keinen Preis.“ Weil bei Franziskus „Taten und Worte zusammenstimmen“, glaube er, dass der Einsatz des Papstes für eine „Wiederherstellung der Welt“ nicht ohne Früchte bleiben werde.
„Sie stehen für den Weg der Liebe, Barmherzigkeit und des Dienstes – ein Weg, den auch wir hier in Nordmazedonien gehen sollten, ungeachtet unserer religiösen Überzeugungen.“ Der Präsident rief alle seine Landsleute auf, „die Botschaft dieser Reise zu hören und umzusetzen, bevor es zu spät ist“.
Er habe zwar die Versuchung gespürt, dem Papst vor allem die Schokoladenseite des Landes vorzustellen. Doch sei es wohl besser, die Wahrheit zu sagen: „Die Wahrheit ist, dass Sie in einer Zeit kommen, in der unsere Gesellschaft tief gespalten und das Vertrauen stark erschüttert ist. Die jahrzehntelangen Blockaden auf unserem europäischen Weg haben uns beeinträchtigt; Kreuz und Halbmond, Kirche und Moschee werden als Gegensätze wahrgenommen.“
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.