Papst Franziskus in Albano Papst Franziskus in Albano 

Papst in Albano: Die Kirche ist das Haus der Barmherzigkeit

Nicht über andere richten, sondern ihre Brüder und Schwestern sein: In seiner Predigt zum Jahrestag der Weihe der Kathedrale des südöstlich von Rom gelegenen Städtchens Albano erinnerte Papst Franziskus daran, dass die lebendige Begegnung mit der Barmherzigkeit Gottes das ist, was zuerst kommt.

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Ausgehend vom Evangeliumstext über die Begegnung Jesu mit dem Zöllner Zachäus beschrieb Papst Franziskus die Barmherzigkeit Gottes, die keine Grenzen kennt.

Zachäus war der oberste Zollpächter, und als Freund der römischen Besatzer beim ganzen Volk verhasst. „Reich“ sei er gewesen, habe auf Kosten seiner Landsleute ein beträchtliches Vermögen angehäuft, führte Franziskus aus. „In ihren Augen war er ein Betrüger, einer, für den es keine Rettung gab.“ Als Jesus durch Jericho ging, war Zachäus auf einen Maulbeerfeigenbaum geklettert, um ihn besser sehen zu können. Und Jesus blickte auf und lud ihn ein, herunterzukommen, weil er in seinem Haus bleiben wollte.

Gott verliert uns nie aus dem Blick

Gott verliere uns nie aus dem Blick, egal, welche Hindernisse uns auch von ihm fernhalten mögen, so Franziskus: „Und Hindernisse gab es für Zachäus mehr als genug: er war ein kleiner Mann – und nicht nur was seine Statur, sondern auch seine Moral anging. Und er schämte sich, weshalb er sich zwischen den Zweigen des Maulbeerfeigenbaum versteckte, nicht gesehen werden wollte. Und dann erst die Kritik von außen: In der Stadt ‚empörten sich alle‘ über diese Begegnung, heißt es im Evangelium. Sünden, Scham, Geplapper und Vorurteile: Kein Hindernis lässt Jesus das Wesentliche vergessen: den Menschen, den er liebt und rettet.“

Zu denen gehen, die sich hinter den Zweigen der Scham, Angst und Einsamkeit verstecken

Jede Kirche existiere, um in den Herzen der Menschen die Erinnerung daran wachzuhalten, dass Gott sie liebe. Wie Jesus dürften auch wir keine Angst haben, zu denen zu gehen, die von allen vergessen sind, sich hinter Zweigen der Scham, Angst und Einsamkeit verstecken, um ihnen zu sagen: „Gott erinnert sich an euch“, betonte Franziskus.

Und Jesus käme uns zuvor. Das sehe man bei Zachäus. Er habe nicht nur versucht, Jesus zu sehen, er habe verstehen wollen, wer Jesus war. „Aber das erkennt er nicht, als er Jesus ansieht, sondern als er von Jesus angesehen wird“ unterstrich der Papst. Jesus sei also derjenige, der uns zuerst sieht, uns zuerst liebt. „Wenn wir entdecken, dass Seine Liebe uns zuvorkommt, dass sie uns zuerst erreicht, wird dies unser ganzes Leben verändern. Wer wie Zachäus nach dem Sinn des Lebens sucht, ihn aber nicht findet, wer seine Energien damit vergeudet, nach einem „Liebesersatz" zu suchen – Reichtum, Karriere, Vergnügen –, der lasse sich von Jesus anschauen. Nur mit Jesus können wir entdecken, dass wir schon immer geliebt worden sind.“

Was ist in der Kirche wichtiger: Jesus oder unsere Agenda?

Auch die Kirche müsse sich fragen, was zuerst komme: Jesus oder unsere Agenda; Jesus oder unsere Strukturen, warnte Franziskus. Jede Bekehrung erwachse einem „Vorschuss“ an Barmherzigkeit, komme aus der Zärtlichkeit Gottes, der das Herz erobere. „Wenn das, was wir tun, nicht vom Blick der Barmherzigkeit Jesu ausgeht, laufen wir Gefahr, den Glauben zu verweltlichen, ihn kompliziert zu machen. Und dann vergisst man das Wesentliche, die Einfachheit des Glaubens, das, was zuerst kommt: die lebendige Begegnung mit der Barmherzigkeit Gottes.“ Wenn dies nicht am Anfang und am Ende all unserer Aktivitäten stünde, riskierten wir, dass Gott „außerhalb der Kirche“ bleibe, die sein Zuhause ist.

Dank Jesus können wir uns zuhause fühlen

Und dank Jesus könnten wir uns auch zuhause fühlen. „Ich muss heute in deinem Haus bleiben,“ habe Jesus zu dem Zöllner gesagt. Und da habe sich der von allen gehasste Zachäus zum ersten Mal selbst zuhause gefühlt, nun endlich auch seinem Nächsten die Tür geöffnet: „Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache.“

„Wir sind keine Richter über das Leben der anderen, sondern Förderer des Gemeinwohls“

„Wie schön wäre es, wenn unsere Nachbarn und Bekannten die Kirche als ihre Heimat empfinden würden! Leider kommt es vor, dass unsere Gemeinschaften für viele fremd und unattraktiv werden,“ gab Franziskus zu bedenken. Manchmal seien wir versucht, geschlossene Kreise zu schaffen, Orte, die nur wenigen Auserwählten vorbehalten sind. Dabei sei es doch der Wunsch des Herrn, dass seine Kirche ein Ort sei, an dem jeder Jesus begegnen kann, der gekommen ist, um unter uns zu wohnen. „Möge die Kirche der Ort sein, an dem niemand auf andere herabsieht, an dem wir die anderen – wie es Jesus mit Zachäus getan hat – von unten nach oben ansehen; nie als Richter, immer als Brüder! Wir sind keine Richter über das Leben der anderen, sondern Förderer des Gemeinwohls.“

„Bitten wir um die Gnade, hinauszugehen, um unseren Nächsten wie einem Bruder zu begegnen und in niemandem einen Feind zu sehen,“ schloss Papst Franziskus seine Predigt in der Kathedrale von Albano. „Und wer uns verletzt hat, dem lasst uns Gutes zurückgeben. Jünger Jesu tun es Zachäus gleich: Sie denken nur an das Gute, das sie tun können. Lasst uns die Armen und diejenigen lieben, die uns nichts zurückgeben können: So werden wir reich sein vor Gott.“

Hintergrund

Der 21. September, Fest des Evangelisten Matthäus, ist für Papst Franziskus ein sehr wichtiges Datum: er bringt damit seine Berufung zum Priesteramt in Verbindung.
Am 21. September vor elf Jahren hat Benedikt XVI. den Altar der Kathedrale von Albano geweiht. Patron der Kathedrale ist der heilige Märtyrer Pankratius.

(vatican news)
 

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21. September 2019, 20:08