Die neuen Kardinäle in Kurzporträts
Miguel Ayuso Guixot (67) erhielt vom Papst erst Ende Mai die Leitung des Rats für den interreligiösen Dialog, nachdem er dort seit 2012 den Posten des Sekretärs bekleidete. Für den aus dem spanischen Sevilla stammenden Ordensmann der Comboni-Missionare ein ideales Betätigungsfeld: Nach seiner Priesterweihe spezialisierte sich Ayuso in Arabistik und Islamwissenschaften und lehrte diese Fächer etliche Jahre in Khartum und Kairo. Der offizielle Dialog zwischen dem Vatikan und dem sunnitischen Islam kam 2017 wieder in Gang; Ausdruck der neuen Kooperation ist ein im Februar in Abu Dhabi unterzeichnetes gemeinsames Dokument. Dass Ayuso die Kardinalswürde erhält wie sein im Juli 2018 verstorbener Vorgänger Jean-Louis Tauran, unterstreicht die Bedeutung, die der Papst dem Dialog beimisst.
Jose Tolentino Calaca de Mendonca (53) ist ein Mann des Wortes: Geboren auf der portugiesischen Insel Madeira, spezialisierte er sich als Priester in Bibelwissenschaften und biblischer Theologie, übte sich aber auch als Dichter. Seine Publikationsliste verzeichnet ähnlich viele poetische wie fachtheologische Werke. Dozent, Leiter der Kultur-Fachstelle der portugiesischen Bischöfe, Zeitschriftenherausgeber und seit 2011 Berater im Päpstlichen Kulturrat, musste sich Mendonca von 2012 an als Vizerektor der Katholischen Universität Portugals mehr mit Verwaltung herumschlagen, bis ihn Franziskus 2018 zum Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche ernannte. Seitdem ist er Herr über die einzigartige, geschichtsträchtige Vatikanische Bibliothek - passend für einen Mann, der eine „Kleine Theologie der Langsamkeit“ verfasste.
Ignatius Suharyo Hardjoatmodjo (69) leitet seit 2010 die indonesische Hauptstadt-Erzdiözese Jakarta mit gut 510.000 Katholiken unter einer Bevölkerung von 20 Millionen; zudem amtiert er als Vorsitzender der nationalen Bischofskonferenz. Die Kirche des Inselstaats befindet sich in einer einzigartigen Situation: Mit 227 Millionen Muslimen unter 262 Millionen Indonesiern weist das Land die größte muslimische Gemeinschaft weltweit auf. Katholiken stellen nach Vatikan-Angaben 3,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Franziskus rief sie unlängst auf, als „Sauerteig“ in der Gesellschaft zu wirken. Dabei setzt er offenbar auf Hardjoatmodjo, Bibelwissenschaftler und bereits Mitglied der Missionskongregation im Vatikan.
Juan Garcia Rodriguez (71) ist Erzbischof von Havanna auf Kuba. „Sie werden verstehen, dass ich erschrocken bin“, sagte er bei seinem Amtsantritt 2016 angesichts der Verantwortung, die er zu tragen habe. Tatsächlich trat er in große Fußstapfen: Sein Vorgänger, Kardinal Jaime Ortega, stand der Ortskirche von Havanna fast 35 Jahre lang vor und war eine wichtige Figur im politischen Reformprozess Kubas und Ansprechpartner für die Regierung wie für oppositionelle Kreise. Der neue Erzbischof versucht, diesen Kurs fortzusetzen und mehr Freiraum für die Kirche innerhalb des kommunistischen Systems zu erlangen.
Fridolin Ambongo Besungu (59) ist seit November Erzbischof von Kinshasa. Der Kongolese gilt als engagierter Seelsorger und Kommunikator mit einer hohen Sensibilität für Menschenrechte. Als stellvertretender Vorsitzender der Kongolesischen Bischofskonferenz war Ambongo einer der Väter des sogenannten Silvesterabkommens von 2016, das einen friedlichen Übergang der Macht im Land einläuten sollte. Im selben Jahr sagte er vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag über die Aktivitäten lokaler Warlords aus. Herausforderungen benannte er zudem auf pastoraler Ebene - so müsse die Kirche junge Menschen stärker ansprechen, etwa über soziale Medien.
Jean-Claude Hollerich (61) wurde am 9. August 1958 im luxemburgischen Differdange geboren. Seit 2011 ist er Erzbischof im traditionell katholisch geprägten Luxemburg. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt trat der Jesuit als Krisenmanager auf, als die 2013 gewählte Regierung um den liberalen Premierminister Xavier Bettel auf eine stärkere Trennung des Staat-Kirche-Verhältnisses abzielte. 2018 übernahm Hollerich das Amt des Vorsitzenden der EU-Bischofskommission ComECE. In dieser Funktion setzt er sich als Vermittler zwischen unterschiedlichen Sichtweisen für eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage ein.
Alvaro Ramazzini (72), Bischof von Huehuetenango in Guatemala, ist ein engagierter Streiter für die Menschenrechte in seinem Land und schreckt auch angesichts von Morddrohungen nicht zurück. Er wendet sich gegen Drogenkriminalität und Gewalt, Ausbeutung und Umweltzerstörung durch Bergbau-Großprojekte und setzt sich für die Rechte der Landarbeiter sowie für eine humane Lösung der aktuellen Migrationskrise ein. 2005 erhielt er für sein Engagement den österreichischen Konrad-Lorenz-Preis, 2011 folgte der US-amerikanische Friedenspreis „Pacem in Terris Peace and Freedom Award“. Zudem machte Ramazzini bereits vor Jahren als wichtiger Mahner im Kampf gegen den Klimawandel auf sich aufmerksam. Mit der Erhebung in den Kardinalsstand wird seine Stimme noch mehr Gewicht bekommen.
Matteo Maria Zuppi (63), Erzbischof von Bologna, soll wie jeder Kardinal besonders mit der Stadt Rom verbunden sein; er ist es von Kindesbeinen an: Am 11. Oktober 1955 dort geboren, absolvierte er seine Kaplanszeit in der Kirche Santa Maria in Trastevere und wurde dort Pfarrer, insgesamt für 29 Jahre. Die Basilika ist zugleich Sitz der Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich für humanitäre Belange und Randgruppen einsetzt. Zuppi war von 2000 bis 2012 ihr Geistlicher Assistent, und das Profil von Sant'Egidio nahm er mit nach Bologna, wo er, nach drei Jahren als Weihbischof in Rom, 2015 die Leitung des Erzbistums übernahm. Seither machte Zuppi immer wieder mit seinem Eintreten für eine humanere Migrationspolitik und für Roma landesweit von sich reden.
Cristobal Lopez Romero (67), spanischer Salesianerpater und studierter Journalist, war nach ersten Priesterjahren in einem Sozialprojekt in Barcelona lange Jahre in der Jugendseelsorge in Paraguays Hauptstadt Asuncion, dann in der Ordensleitung tätig - in Paraguay, Bolivien und Spanien, von 2003 bis 2011 aber auch in Marokko. Erfahrung genug, dass ihn Papst Franziskus am Jahresende 2017 zum Erzbischof von Rabat ernennen konnte. Der Kirchenbezirk der marokkanischen Hauptstadt zählt laut Vatikan 20.000 Katholiken unter 29,5 Millionen Einwohnern. Im März war Lopez Gastgeber für Franziskus während dessen Marokko-Besuchs, bei dem er erneut den Dialog mit dem Islam beschwor. Auf dem Mann vor Ort liegen hohe Erwartungen.
Michael Czerny (73), geboren 1946 in der damaligen Tschechoslowakei, ist kanadischer Jesuit und seit 2017 Untersekretär des „Dikasteriums für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen“. Bekanntheit erlangte er als Migrationsexperte des Vatikan. Er forderte wiederholt eine offenere Migrationspolitik der EU sowie mehr Einsatz gegen Menschenhandel und Ausbeutung weltweit. Im Mai ernannte der Papst ihn zu einem der Sondersekretäre der Amazonien-Synode, die im Oktober im Vatikan stattfindet. Czerny ist als einziger der vom Papst neu ernannten Kardinäle bisher kein Bischof. Noch ist unklar, ob der Jesuit vor seiner Kardinalskreierung zum Bischof geweiht wird. Theoretisch könnte der Papst auf Wunsch Czernys davon dispensieren. Im Kardinalskollegium gibt es derzeit mit Albert Vanhoye (96) und Ernest Simoni (90) bereits zwei Jesuiten, die auf die Bischofsweihe vor ihrer Erhebung zum Kardinal verzichtet haben. Beiden waren schon bei ihrer Aufnahme in das Kardinalskollegium jedoch deutlich älter als Czerny heute.
Michael Louis Fitzgerald (82) zählte zu den wichtigen Kontaktmännern des Vatikan zur islamischen Welt. Der gebürtige Brite trat jung in die Missionsgesellschaft der Weißen Väter ein, absolvierte einen Teil seiner theologischen Ausbildung in Tunesien und lernte dort Arabisch. Bereits mit 35 Berater für den interreligiösen Dialog im Vatikan, wurde er 1987 Sekretär und 2002 Leiter der zentralen Dialogeinrichtung der katholischen Kirche. In einer ungewöhnlichen Personalentscheidung ernannte Benedikt XVI. ihn Anfang 2006 zum Botschafter in Kairo und zum Gesandten bei der Arabischen Liga. Im Herbst hielt der Papst seine „Regensburger Rede“, die das Verhältnis zu Muslimen erschütterte; Fitzgerald musste die Wogen glätten. Er blieb auf dem Posten - bis zu seiner Pensionierung 2012.
Sigitas Tamkevicius (80) gilt als eine Symbolfigur für die litauische Kirche und den litauischen Widerstand im Sowjetregime. Als Jesuit wurde er vom Regime verfolgt, mehrere Jahre verbrachte Tamkevicius in Gulags „wegen antisowjetischer Agitation und Taten“. Er war Begründer und Chefredakteur der „Chronik der katholischen Kirche in Litauen“, einer Zeitschrift, die zwischen 1972 und 1989 die Verfolgung der Kirche durch die Sowjetmacht dokumentierte. 1996 übernahm er die Leitung der Erzdiözese Kaunas. Für zwei Amtszeiten führte er den Vorsitz in der Litauischen Bischofskonferenz. Bei seiner Pensionierung 2015 würdigte der Generalsekretär der Bischofskonferenz Tamkevicius als „Legende des kirchlichen Widerstands“. Als solche spielte er noch einmal eine Rolle beim Papstbesuch 2018: Franziskus ließ sich bei seinem Besuch des ehemaligen KGB-Foltergefängnisses von Tamkevicius begleiten.
Eugenio Dal Corso (80), italienischstämmiger emeritierter Bischof von Benguela in Angola, ist Mitglied der Ordensgemeinschaft der Armen Diener der Göttlichen Vorsehung. Seit den 80er-Jahren ist er in verschiedenen Funktionen für die katholische Kirche in Angola tätig. 2005 war er in einen schwerwiegenden Zwischenfall in der Diözese Cabinda verwickelt: Im Verlauf einer Revolte wurde er, damals Apostolischer Administrator der Diözese, schwer verletzt. Hintergrund der Tat war der anhaltende Kampf von Separatisten für die Unabhängigkeit der erdölreichen Provinz.
Stichwort: Kardinal
Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort „Kardinal“ leitet sich vom lateinischen Wort „cardo“ (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei.
Kreiert werden die neuen Kardinäle durch ein Dekret des Papstes, das er bei einem Konsistorium verkündet. Dabei erhalten die neuen Würdenträger zu ihrem hellroten Gewand das Kardinalsbirett aus der Hand des Papstes. In der Vergangenheit bestand das Kardinalskollegium mehrheitlich aus Europäern, mit einem sehr großen Anteil an Italienern. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) vollzieht sich eine Internationalisierung.
(kna/kap - cs)
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