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Im Wortlaut: Angelus zum Hochfest der Muttergottes

Wir dokumentieren hier in einer Arbeitsübersetzung von Silvia Kritzenberger die Worte von Papst Franziskus beim Angelus am Hochfest der Muttergottes an diesem Mittwoch. Der 1. Januar ist zugleich katholischer Weltfriedenstag.

Liebe Brüder und Schwestern!

Gestern Abend haben wir das Jahr 2019 beendet und Gott für das Geschenk der Zeit und für all seine Wohltaten gedankt. Und heute beginnen wir das Jahr 2020 mit derselben Haltung der Dankbarkeit und des Lobpreises. Es ist nicht selbstverständlich, dass unser Planet einen neuen Lauf um die Sonne begonnen hat und wir Menschen ihn weiterhin bewohnen. Es ist nicht selbstverständlich, im Gegenteil, es ist stets ein „Wunder“, über das wir staunen und für das wir dankbar sein müssen.

Am ersten Tag des Jahres feiert die Liturgie die heilige Mutter Gottes, Maria, die Jungfrau von Nazareth, die Jesus, den Retter, geboren hat. Dieses Kind ist der Segen Gottes für jeden Mann und jede Frau, für die große Menschheitsfamilie und für die ganze Welt. Jesus hat das Böse nicht aus der Welt genommen, er hat es an der Wurzel besiegt. Sein Heilswerk ist keine Magie, sondern „geduldig“, d.h. es bringt die Geduld der Liebe mit sich, die alle Ungerechtigkeit auf sich nimmt und ihr die Macht nimmt. Und so sehen wir, wenn wir die Krippe mit den Augen des Glaubens betrachten, die Welt erneuert, von der Herrschaft des Bösen befreit und unter die königliche Herrschaft Christi – des Kindes, das in der Krippe liegt – gestellt.

Deshalb segnet uns heute die Mutter Gottes, indem sie uns ihren Sohn zeigt. Sie nimmt ihn in die Arme und zeigt ihn uns, und so segnet sie uns. Sie segnet die ganze Kirche, sie segnet die ganze Welt. Jesus ist – wie die Engel in Bethlehem gesungen haben – die „Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll“, er ist die Ehre Gottes und der Friede für die Menschen (vgl. Lk 2,14). Deshalb wollte der heilige Papst Paul VI. den ersten Tag des Jahres auch dem Frieden weihen: dem Gebet, dem Bewusstsein und der Verantwortung für den Frieden. Für das Jahr 2020 lautet die Botschaft: Der Frieden als Weg der Hoffnung: Dialog, Versöhnung und ökologische Umkehr. 

Halten wir unseren Blick also auf die Mutter und den Sohn gerichtet, den sie uns zeigt. Lassen wir uns zum Beginn des neuen Jahres segnen!

Jesus ist der Segen für diejenigen, die vom Joch der moralischen und materiellen Formen der Sklaverei erdrückt werden. Er befreit durch Liebe. Allen, die ihr Selbstwertgefühl verloren haben, weil sie in unglückseligen Verstrickungen gefangen sind, sagt Jesus: Der Vater liebt dich, er lässt dich nicht im Stich, er wartet mit unerschütterlicher Geduld auf deine Rückkehr (vgl. Lk 15,20). Jenen, die Opfer von Ungerechtigkeit und Ausbeutung sind und keinen Ausweg sehen, öffnet Jesus die Tür der Geschwisterlichkeit, wo sie einladende Gesichter, Herzen und Hände erwarten, wo Bitterkeit und Verzweiflung geteilt werden und sie etwas Würde zurückgewinnen können. Denjenigen, die schwer krank sind, sich verlassen und mutlos fühlen, kommt Jesus nahe; er berührt ihre Wunden voll Zärtlichkeit, gießt Öl des Trostes aus und verwandelt die Schwäche in Kraft des Guten, die auch die verworrensten Knoten zu lösen versteht. Denen, die im Gefängnis sitzen und versucht sind, sich in sich selbst zu verschließen, tut Jesus – von einem kleinen Lichtschimmer ausgehend – wieder einen Horizont der Hoffnung auf.

Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns vom Podest unseres Stolzes herabsteigen und um den Segen der heiligen Mutter Gottes bitten. Sie zeigt uns Jesus: lassen wir uns segnen, öffnen wir unser Herz für ihre Güte. So wird das beginnende Jahr ein Weg der Hoffnung und des Friedens sein, nicht durch Worte, sondern durch tägliche Gesten des Dialogs, der Versöhnung und der Sorge um die Schöpfung.

(vatican news)

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01. Januar 2020, 10:31