Im Wortlaut: Papst Franziskus beim Angelus am Sonntag
Den offiziellen Text finden Sie in Kürze auf der Homepage des Vatikans.
„Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen!
Im Mittelpunkt der Liturgie dieses vierten Fastensonntags steht das Thema Licht. Das Evangelium (vgl. Joh 9,1-41) erzählt die Geschichte des Mannes, der von Geburt an blind war und dem Jesus das Augenlicht schenkt. Dieses wunderbare Zeichen bestätigt das Selbstbekenntnis Jesu: ‚Ich bin das Licht der Welt‘ (V. 5), das Licht, das unsere Dunkelheit erhellt. Er bewirkt die Erleuchtung auf zwei Ebenen: auf der physischen und auf der geistlichen Ebene. Der Blinde erhält zuerst das Augenlicht und wird dann zum Glauben an den „Menschensohn“ (V. 35), also an Jesus, geführt... Die Wunder, die er vollbringt, sind keine spektakulären Gesten, sondern haben die Absicht, über den Weg der inneren Wandlung zum Glauben zu führen.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten beharren darauf, das Wunder nicht anzuerkennen und stellen dem Geheilten heimtückische Fragen. Aber er verblüfft sie mit der Kraft der Wahrheit: „Eines weiß ich: Ich war blind und jetzt sehe ich“ (V. 25). Inmitten des Misstrauens und der Feindseligkeit derer, die ihn umgeben und ihn ungläubig befragen, nimmt er nach und nach einen Weg, der ihn dazu führt, die Identität dessen, der ihm die Augen geöffnet hat, zu entdecken und seinen Glauben an ihn zu bekennen. Zuerst hält er ihn für einen Propheten (vgl. V. 17); dann erkennt er ihn als einen, der von Gott kommt (vgl. V. 33); schließlich nimmt er ihn als den Messias an und wirft sich vor ihm nieder (vgl. V. 36-38). Er verstand also, dass Jesus, indem er ihm das Augenlicht schenkte, „die Werke Gottes offenbarte“ (vgl. V. 3).
Ach dass doch auch wir diese Erfahrung machten! Mit dem Licht des Glaubens entdeckt der Blinde seine neue Identität. Er ist jetzt ein „neues Geschöpf“, das sein Leben und die Welt um ihn herum in einem neuen Licht sehen kann, weil er in die Gemeinschaft mit Christus eingetreten ist. Er ist kein Bettler mehr, der von der Gemeinschaft ausgegrenzt wird; er ist nicht mehr Sklave von Blindheit und Vorurteilen.
Sein Weg der Erkenntnis ist eine Metapher für den Weg der Befreiung von der Sünde, zu dem wir berufen sind. Die Sünde ist wie ein dunkler Schleier, der unser Gesicht bedeckt und uns daran hindert, uns selbst und die Welt klar zu sehen; die Vergebung des Herrn nimmt diese Decke aus Schatten und Dunkelheit weg und gibt uns neues Licht. Die Fastenzeit, die wir jetzt erleben, ist eine willkommene und wertvolle Zeit, um sich dem Herrn zu nähern und ihn um seine Barmherzigkeit zu bitten – in den verschiedenen Formen, die uns die Mutter Kirche vorschlägt.
Der geheilte Blinde, der jetzt sowohl mit den Augen des Körpers als auch mit denen der Seele sieht, ist das Bild jedes getauften Menschen, der in die Gnade eingetaucht, aus der Finsternis gerissen und in das Licht des Glaubens gestellt wurde. Aber es reicht nicht aus, das Licht zu empfangen, man muss auch Licht werden. Jeder von uns ist aufgerufen, das göttliche Licht zu empfangen, um es mit unserem ganzen Leben zu zeigen! ... Der heilige Paulus erinnert uns heute daran: „Lebt als Kinder des Lichts! Denn das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor.“ (Eph 5,8-9) Der Same des neuen Lebens, der in der Taufe in uns gelegt wird, ist wie der Funke eines Feuers, der uns zuallererst reinigt, indem er das Böse in unseren Herzen verbrennt, und uns leuchten und erleuchten lässt.
Möge die heilige Maria uns helfen, den blinden Mann des Evangeliums nachzuahmen, damit wir vom Licht Christi durchflutet werden und uns mit ihm auf den Weg des Heils begeben können.
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Nach dem Angelusgebet: Ankündigung eines besonderen Urbi et Orbi
Liebe Brüder und Schwestern,
in diesen Tagen der Prüfung, während die Menschheit vor der Bedrohung durch die Pandemie zittert, möchte ich allen Christen vorschlagen, gemeinsam ihre Stimme zum Himmel zu erheben. Ich lade alle Oberhäupter der Kirchen und die Führer aller christlichen Gemeinschaften sowie alle Christen der verschiedenen Konfessionen ein, den Allerhöchsten, den allmächtigen Gott anzurufen und gleichzeitig das Gebet zu sprechen, das Jesus, unser Herr, uns gelehrt hat.
Ich lade daher alle ein..., am kommenden Mittwoch, dem 25. März, mittags das Vaterunser zu beten - alle zusammen. An dem Tag, an dem viele Christen der Verkündigung der Geburt Jesu an die Jungfrau Maria gedenken, möge der Herr das einmütige Gebet aller seiner Jünger hören, die sich darauf vorbereiten, den Sieg des auferstandenen Christus zu feiern.
Mit derselben Absicht werde ich am kommenden Freitag, dem 27. März, um 18 Uhr ein Gebet auf dem Vorplatz des Petersdoms leiten - auf dem leeren Petersplatz. Hiermit lade ich alle ein, sich über die Medien geistlich daran zu beteiligen. Wir werden auf das Wort Gottes hören, wir werden unsere Bittgebete erheben. Und wir werden das Allerheiligste Sakrament anbeten, mit dem ich am Ende den Segen Urbi et Orbi erteile, der mit der Möglichkeit verbunden ist, einen vollkommenen Ablass zu empfangen.
Wir wollen auf die Pandemie des Virus mit der Universalität des Gebets, des Mitgefühls und der Zärtlichkeit antworten! Lasst uns vereint bleiben. Lassen wir die einsamsten Menschen und diejenigen, die besonders geprüft sind, unsere Nähe spüren! Auch die Ärzte, die Arbeiter im Gesundheitswesen, auch die Politiker, die zu unserem Wohl schwierige Entscheidungen treffen müssen...
Ich wünsche Ihnen allen einen gesegneten Sonntag. Vergesst nicht, für mich zu beten.“
Anm. Nach seinem Angelusgebet hat Franziskus auch an die Opfer des Erdbebens in Kroatien erinnert und zur Solidarität aufgerufen.
(vatican news – Übersetzung: Claudia Kaminski)
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