Franziskus verlässt am letzten Sonntag nach dem Ostersegen den Petersdom Franziskus verlässt am letzten Sonntag nach dem Ostersegen den Petersdom  Leitartikel

Papst Franziskus und die Eurobonds

Bei seinem „Urbi et Orbi“ am letzten Sonntag ist Karlspreisträger Papst Franziskus ganz schön explizit geworden, was die EU betrifft. Ohne „einen weiteren Beweis der Solidarität“ in der Corona-Krise – „auch wenn wir dazu neue Wege einschlagen müssen“ – verspiele die Union ihre Zukunft.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Eine Formulierung, die hellhörig macht. Denn die „neuen Wege“ sind fast ein Zitat aus einer Erklärung der EU-Finanzminister. Die hatten ein paar Tage zuvor, zum Abschluss einer zähen Brüsseler Nachtsitzung, zum Nachdenken über „innovative Finanzinstrumente“ aufgerufen… und damit auf Eurobonds gezielt.

Steht der ‚Diese-Wirtschaft-tötet‘-Papst also auf der Seite Italiens und anderer EU-Staaten, die den Deutschen und Niederländern eine Vergemeinschaftung der Schulden im Euroraum abtrotzen wollen?

Solidarität, die Geld kostet

Antwort: Jein. Papst Franz geht es nicht um dieses oder jenes Finanzierungsmodell für Corona-Hilfen. Aber ihm geht’s um mehr Solidarität der EU-Partner mit Italien. Solidarität, die auch richtig Geld kosten darf. Obwohl die Regierung Conte das Land (und damit auch die Wirtschaft) zum völligen Stillstand gebracht hat, sind über 20.000 Italiener dem Virus erlegen. Und das Sterben geht weiter, täglich. Hundertfach.

Schon jetzt sind die Folgen der Pandemie für Italien, eines der schwächsten Glieder in der EU-Kette, dramatisch. Eine eher optimistische Schätzung sagt der italienischen Wirtschaft nach Corona einen Rückgang um 9 Prozent voraus. Das ist ein Absturz – mit schwerwiegenden sozialen Begleiterscheinungen.

Fatal, wie kaltschnäuzig Berliner Politiker auf Italiens Hilferufe reagieren

Doch die meisten EU-Partner, vor allem Deutschland, scheinen gar nicht zu bemerken, wie apokalyptisch Lage und Stimmung im Belpaese sind. Noch nie haben die Italiener so sehnsüchtig auf konkrete Solidarität ihrer Partner gehofft. Da ist es fatal, wie kaltschnäuzig in Brüssel und auch in Berlin Politiker auf die Gefühlslage in Italien reagieren.

Ob man nun Eurobonds einführt oder sich auf andere Hilfsmodelle einigt, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass Italien aus dem Rest der EU das klare Signal bekommt: Wir lassen euch nicht im Stich. Bleibt dieses Signal aus, werden (um das vorauszusagen, braucht man kein Prophet zu sein) in Rom in absehbarer Zeit Populisten das Ruder übernehmen.

Darum also dieses „whatever it takes“ des Papstes. Der Zusammenhalt in der EU – so kann man seine Worte vom „Urbi et Orbi“ deuten – muss aus seiner Sicht unbedingt bewahrt werden. Es geht um viel mehr als Geld, denn es steht alles auf dem Spiel.

(vatican news)

Kempis ist Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan und Vatican News.
 

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17. April 2020, 08:00